Ich&Wir: #DasMachenWirGemeinsam
#DasMachenWirGemeinsam – unter diesem Claim steht die Jubiläumskampagne des Deutschen Caritasverbandes in den Jahren 2021 und 2022. Unter der Überschrift "Not sehen & handeln: #DasMachenWirGemeinsam" hat das sozialpolitische Agendapapier für das Jahr 2021 die politischen Schwerpunkte konkretisiert.1 Die Grundbotschaft lautete: Es bedarf zur Überwindung von Armut und Ausgrenzung gerade in und nach den Erfahrungen der Pandemie einer Bündelung der Kräfte und der Bildung von Allianzen zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Wider die Paradoxie sich gegenseitig (scheinbar) ausschließender Anliegen in einer Welt voller komplexer Gleichzeitigkeiten geht es darum, die Verbesserung der Teilhabechancen durch Überwindung von Grenzen durch anwaltschaftliches Reden und solidarisches Handeln, durch Engagement und Empowerment zu ermöglichen. Mit fünf Begriffspaaren, die die Spannung der verbandlichen Aufgabenfelder umschreiben, haben wir für das Jahr 2021 Forderungen und Maßnahmen sortiert, die dringlich auf der #DasMachenWirGemeinsam-Tagesordnung stehen:
◆ sicher&frei: die Bewältigung der Coronapandemie;
◆ Zentrum&Peripherie: die Sicherung der sozialen Daseinsvorsorge zur Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse insbesondere in benachteiligten ländlichen Räumen;
◆ digital&sozial: die soziale Gestaltung der digitalen Transformation;
◆ Heimat&Vielfalt: die Überwindung von Diskriminierung und die Offenheit für Vielfalt;
◆ ökologisch&sozial: der Einsatz für den Erhalt der Schöpfung zur Abwehr sozial verheerender Klimafolgen.
Ich & Wir – so geht es 2022 weiter
Mit dem Agendapapier 2022 werfen wir den Blick auf die Kooperationen, Allianzen, Bündnisse und Partnerschaften, mit denen wir die identifizierten Themen, Forderungen und Maßnahmen gemeinsam umsetzen. Im Jahr des 125. Geburtstags des Deutschen Caritasverbandes (DCV) wollen wir den #DasMachenWirGemeinsam-Faden weiterspinnen: Tradition&Innovation.
Dem Gründungsauftrag des Deutschen Caritasverbandes entsprechend wollen wir die Zusammenarbeit in den Mittelpunkt stellen und daraus eine Botschaft der Kooperationsfähigkeit und Handlungsstärke ableiten. Eingeübte und überraschende, herausfordernde und versöhnende Allianzen machen uns stark: Haupt- & Ehrenamt, Expert(inn)en in eigener Sache & Soziale Arbeit, nationale & internationale Caritas, Wohlfahrtsverbände & Politik, Caritas & andere gesellschaftliche Akteure, Wissenschaft & Praxis, Enttäuschte & Hoffnungsträger(innen), digital Versierte & digitale Anfänger(innen), Jung & Alt. Das sind einige der Allianzen, mit denen wir das Netzwerk der Caritas im Jubiläumsjahr weiterentwickeln wollen. In praktisch allen Kooperationen und Handlungsfeldern werden im Jahr 2022 die Bewältigung der Folgen der Coronapandemie eine wichtige Rolle spielen und unseren Einsatz verlangen.
1. Haupt- & Ehrenamt: #DasMachenWirGemeinsam
Die Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt ist für den Deutschen Caritasverband konstitutiv. Als "hybride Organisation" schafft der Wohlfahrtsverband Engagement-Räume für berufliches und bürgerschaftliches, für bezahltes und unbezahltes Engagement
Die Bedeutung von sozialem Engagement für den Zusammenhalt
In gesellschaftlichen Transformationsphasen und Ausnahmesituationen zeigt sich die Bedeutung sozialen Engagements für den Zusammenhalt besonders deutlich. Selbstorganisation der Ehrenamtlichen und engagementfördernde Infrastruktur wirken als Orte der Vernetzung. Mit den Caritas-Konferenzen (CKD) und der youngcaritas, in den Freiwilligen-Zentren und in den Diensten und Einrichtungen, in denen die Ehrenamtlichen tätig sind, in ehrenamtlichen Aufsichtsgremien auf allen Ebenen gibt es in der verbandlichen Caritas ein gewachsenes Miteinander von Haupt- und Ehrenamt, das Professionalität, seismographische Nähe und Tatkraft verbindet. Durch den Dienst der Gemeindecaritas werden Aktivitäten vonseiten der Kirchengemeinden mit sozialräumlichen Projekten verknüpft und ehrenamtliches Engagement koordiniert, um auf soziale Nöte im Quartier zu antworten.
◆ 2022 werden kollaborative Initiativen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt weitergeführt und ausgebaut, die Sichtbarkeit des Miteinanders von Haupt- und Ehrenamt gestärkt.
Frühe Hilfen in der Caritas
Angestoßen durch ein Projekt zur Entlastung im Familienalltag haben sich an 76 Standorten in 16 Diözesen ehrenamtliche Patenschaften für Familien mit kleinen Kindern etabliert. Was das im Einzelfall bedeutet, ist Teil eines Aushandlungsprozesses zwischen Familie und Pat(inn)en, der von einer hauptamtlichen Ehrenamtskoordination moderiert wird. Es zeigte sich: Je zufriedener Eltern mit der Passung waren, desto größer war ihre Zuversicht hinsichtlich der Alltagsbewältigung. Zum Fazit gehörte die Erkenntnis, dass eine verlässliche und professionelle Begleitung durch die Ehrenamtskoordination ein Qualitätsmerkmal der ehrenamtlichen Tätigkeit der Familienpat(inn)en ist.2
◆ 2022 werden wir mit dem Caritas-Fachverband Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder - Bundesverband (KTK) im "Netzwerk Frühe Hilfen und Kindertageseinrichtungen" eng zusammenarbeiten und Familien mit Kindern "U3" über elternstärkende und -entlastende Angebote Früher Hilfen informieren und sie zur Inanspruchnahme ermutigen. Die professionellen Babylots(inn)en und die ehrenamtlichen Familienpat(inn)en werden wir als integrales Angebotspaket weiterentwickeln.
Menschen stärken Menschen
Auch im Bereich der Migrationsarbeit - etwa im Projekt "Menschen stärken Menschen" - engagieren sich Ehrenamtliche zum Beispiel als Pat(inn)en für Geflüchtete. Sie werden von hauptamtlichen Koordinator(inn)en in ihrem Engagement begleitet. Die Koordinator(inn)en "matchen" Pat(inn)en und Mentees und stehen während der Patenschaft als Ansprechpartner(innen) zur Verfügung. Sie organisieren gemeinsame Aktivitäten, unterstützen das Gelingen der Patenschaft und vermitteln im Bedarfsfall an professionelle Beratungsdienste. Verstärkt engagieren sich auch ehemalige Mentees als Pat(inn)en.
◆ 2022 werden wir weiterhin gemeinsam mit ehrenamtlichen Pat(inn)en daran arbeiten, die Teilhabe von Geflüchteten in unserem Land zu verbessern. Die selbstverständliche Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamtlichen in der Migrationsarbeit, wie sie etwa bei den Jugendmigrationsdiensten von Anfang an profilbildend ist, werden wir als Modell verbandlichen Engagements für Menschen mit Migrationsgeschichte stärken.
Koordinierung, Qualifizierung und Förderung der ehrenamtlichen Unterstützung von Flüchtlingen
Im Projekt "Koordinierung, Qualifizierung und Förderung der ehrenamtlichen Unterstützung von Flüchtlingen" wird die Verzahnung von Haupt- und Ehrenamt durch den Aufbau von nachhaltigen Strukturen zur Koordinierung des freiwilligen Engagements für Geflüchtete gefördert. Hauptamtliche Koordinator(inn)en bieten an circa 30 Standorten bundesweit Unterstützungsmaßnahmen an, um Ehrenamtliche in ihrem Engagement für Geflüchtete zu stärken und zu begleiten sowie neue Ehrenamtliche für ein Engagement zu gewinnen.
◆ 2022 werden wir das Potenzial stärken, das dadurch entsteht, dass sich im Zuge der Pandemie verstärkt Menschen mit eigener Flucht- oder Migrationsgeschichte mit dem Wunsch engagieren, ihre Erfahrungen und Kenntnisse weiterzugeben und Menschen aus Risikogruppen zu unterstützen. Ehrenamtliches Engagement beschränkt sich nicht auf Unterstützung für Geflüchtete, sondern umfasst zunehmend auch das Engagement von Geflüchteten, die ihr eigenes Potenzial als "Brückenpersonen" einbringen.
2.Expert(inn)en in eigener Sache & soziale Arbeit: #DasMachenWirGemeinsam
Menschen mit persönlicher Armuts-, Behinderungs- und Belastungserfahrung oder auch Menschen mit Migrationshintergrund sind Expert(inn)en in eigener Sache. Selbsthilfeorganisationen sind - etwa im Kreuzbund - in der verbandlichen Caritas organisiert. Die Zusammenarbeit von Profis sozialer Arbeit mit ihnen in der Entwicklung von passenden Angeboten und in der politischen Arbeit, die Stärkung ihrer Selbstorganisation und die Reflexion ihrer Erfahrungen sind als Grundlage zukunftsfähiger emanzipatorisch-advokatorischer Arbeit der verbandlichen Caritas konstitutiv.
Sozialhelden
Seit Anfang 2021 kooperiert der DCV mit "Sozialhelden", einem Verein von Aktivist(inn)en zur Durchsetzung eines integralen Disability Mainstreaming. Die Sozialheld(inn)en organisieren als Verein von Menschen mit Behinderung Expert(inn)en in eigener Sache, die sich für Gleichberechtigung und Teilhabe sowie den Abbau von Barrieren für Menschen mit Behinderung starkmachen. Die Kooperation spiegelt die Vielfalt an Beeinträchtigungen, aber auch an Fähigkeiten, für die wir uns in einer offenen und toleranten Gesellschaft ein gutes Miteinander wünschen. Die Kooperation zielt darauf ab, gemeinsam für die Rechte von Menschen mit Behinderung und für den Abbau von Barrieren einzutreten, auch für die Rechte derer, die ihre Rechte nicht allein durchsetzen können.
◆ 2022 werden wir uns besonders für den Abbau von Barrieren in der Gesundheitsversorgung, etwa in der medizinischen Basisversorgung in Gestalt barrierefreien Zugangs zu Hausarztpraxen und Apotheken einsetzen.
Interessenvertretung pflegender Angehöriger im Caritasverband
Seit 2008 engagieren sich in der verbandlichen Caritas pflegende Angehörige, helfende Nachbar(inne)n und Freunde sowie ehrenamtlich und hauptamtlich Engagierte bei "IspAn", der Interessenvertretung pflegender Angehöriger im Caritasverband, um das gesellschaftliche Bewusstsein für die Situation pflegender Angehöriger zu schärfen und als Expert(inn)en in eigener Sache wahrgenommen und (an)gehört zu werden.
◆ 2022 werden wir in den Pflegereform-Debatten die Situation der häuslichen Pflege priorisieren und dabei die Erfahrungen von "IspAn" nutzen, um Lösungen zur wirksamen Entlastung der Familien pflegebedürftiger Menschen durchzusetzen. Dazu gehört die Förderung von gesetzlichen Anreizen legaler Angebote von Live-in-Care ebenso wie die Gestaltung von lebenspraxisgerechten Angeboten im Kontext sorgender Gemeinschaften.
Nationale Armutskonferenz (nak)
Die Nationale Armutskonferenz (nak) ist ein Bündnis von Organisationen, Verbänden und Initiativen, die sich für eine aktive Politik der Armutsbekämpfung einsetzen. Die "nak" will Menschen mit Armutserfahrung beziehungsweise Selbsthilfeorganisationen als Struktur stärken, um ihre Erfahrungen und Perspektiven in die Debatten einzubringen und ihre Lösungsansätze gegen Armut und soziale Ausgrenzung aufzuzeigen. Beim jährlich stattfindenden Treffen von Menschen mit Armutserfahrung, bei dem sich Betroffene als Expert(inn)en in eigner Sache engagieren, entstehen Vernetzungsstrukturen, mit Hilfe derer sich Menschen mit Armutserfahrung aktiv für eigene Rechte einsetzen können.
◆ 2022 werden wir uns gemeinsam für die nachhaltige Beteiligung von Menschen mit Armutserfahrung in der Umsetzung der Empfehlungen des Sechsten Armuts- und Reichtumsberichts, insbesondere für eine Reform des Sanktionsrechts im SGB II und für die Weiterentwicklung einer geeigneten Governance-Struktur durch eine Satzungsreform der "nak" einsetzen.
Straffälligenhilfe
In der Straffälligenhilfe der Caritas gibt es Erfahrungen, Menschen, die straffällig geworden sind, an öffentlichen Aktionen zu beteiligen, die auf Verbesserungen der Situation von Straffälligen und ihren Angehörigen zielen.
◆ 2022 werden wir im Rahmen eines deutsch-französischen Projekts diese Aktivitäten weiterverfolgen und in Deutschland und Frankreich Veranstaltungen als "Bibliothèque vivante" durchführen. Dabei kommen Personen mit eigenen Erfahrungen aus der Strafverfolgung als "lebende Bücher" mit interessierten Bürger(inne)n ins Gespräch über ihr Leben, ihre Erfahrungen und Perspektiven.
Migranten(selbst)organisationen
Der Deutsche Caritasverband kooperiert in unterschiedlichen Formaten mit Migranten(selbst)organisationen, die eng verbunden mit der verbandlichen Caritas oder unabhängig von ihr entstanden sind.
◆ 2022 wird die Kooperation mit Migrantenorganisationen fortgesetzt und vertieft. Die Stimme von Menschen mit Migrationshintergrund ist dabei nicht nur in Fragen mit unmittelbarem Bezug zu migrationspolitischen Themen von Bedeutung, sondern in allen Bereichen, in denen der Deutsche Caritasverband tätig ist.
3. Nationale & internationale Caritas: #DasMachenWirGemeinsam
Solidarität und Zusammenhalt dürfen nicht an nationalen Grenzen enden. Eine inklusive Form der Solidaritätsstiftung muss daher die Mobilisierung von Hilfe für nationale und internationale Krisen und Konflikte konzeptionell verknüpfen.
Caritas Internationalis
Der Deutsche Caritasverband ist Gründungsmitglied von Caritas Internationalis, dem Dachverband des internationalen Caritasnetzwerkes. Ihm gehören inzwischen über 160 Caritasverbände weltweit an. Bilateral mit einzelnen Caritasverbänden oder koordiniert über das Generalsekretariat in Rom leistet das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, Caritas international, humanitäre Hilfe und engagiert sich auch in der Katastrophenvorsorge und im Wiederaufbau nach Katastrophen. Darüber hinaus engagiert sich der DCV zusammen mit seinen Partnern in vielfältigen Projekten der sozialen Arbeit weltweit. Gemeinsame Anliegen sind darüber hinaus die Überwindung von Fluchtursachen und die Bekämpfung der Klimakrise.
◆ 2022 werden wir uns gemeinsam mit Caritas Europa (CE) und Caritas Internationalis weiter für eine globale Bekämpfung der Covid-19-Pandemie einsetzen. Dazu gehören eine weltweite Impfstrategie, die eine international gerechte Verteilung von Impfstoffen und medizinischen Hilfsmitteln gewährleistet, und eine freie Nutzbarkeit der Impfstoff-Patente. Die verstärkte Kooperation im Bereich des internationalen Klimaschutzes verbindet die internationale Caritas-Bewegung.
Verbindlicher EU-Rahmen für nationale Grundsicherungssysteme
Seit 2018 setzt sich der Deutsche Caritasverband zusammen mit anderen europäischen Caritas-Organisationen für einen verbindlichen EU-Rahmen für nationale Grundsicherungssysteme ein. Der DCV arbeitete dazu an der "CARES!-Studie" 2020 von Caritas Europa mit, die den Zugang zu sozialen Dienstleistungen in Europa unter die Lupe nimmt. Zu den Empfehlungen des Berichts zählt eine EU-Rahmenrichtlinie für nationale Grundsicherungssysteme.
◆ 2022 werden wir uns dafür stark machen, dass die neue Bundesregierung sich auf EU-Ebene weiterhin für einen rechtsverbindlichen EU-Rahmen für nationale Grundsicherungssysteme einsetzt, der nationale Traditionen respektiert und die europäischen Anstrengungen zu einem EU-Rahmen für Mindestlöhne ergänzt. In diesem Sinne werden wir auch die von der EU-Kommission für 2022 angekündigte Empfehlung des Rates zum Mindesteinkommen analysieren, die die Politik der Mitgliedstaaten wirksam unterstützen und ergänzen soll.
Gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik der EU
Die gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik der EU und die gemeinsame Klimapolitik sind aufgrund der europäischen Regelungskompetenz von zentraler Bedeutung für die Politik und Gesetzgebung auf nationaler Ebene. Politik und Rechtsetzung der EU sollen im Rahmen der direkten Einflussnahme auf die Bundesregierung bezüglich ihres Handelns im Rat der EU, auf die EU-Kommission sowie auf die Mitglieder des EU-Parlaments beeinflusst werden. Häufig finden europäische Zusammenschlüsse dabei mehr Gehör. Daher wird die enge Zusammenarbeit mit Caritas Europa weiterverfolgt, um auch in Zukunft zwischen den nationalen Caritas-Organisationen eng abgestimmte Haltungen und Positionen zu den Themen gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik und gemeinsame Klimaschutzpolitik erfolgreich einbringen zu können.
◆ 2022 werden wir uns weiterhin für ein funktionierendes, humanes und menschenrechtsbasiertes gemeinsames Asylsystem einsetzen. Zu diesem Zweck soll neben Caritas Europa auch die Zusammenarbeit mit dem Europäischen Flüchtlingsrat (ECRE), dessen Mitglieder das facettenreiche Engagement der gesamteuropäischen Zivilgesellschaft widerspiegeln, intensiviert werden. Den "Green Deal" der EU-Kommission und die Erreichung der europäischen CO2-Ziele begleiten wir gemeinsam mit CE.
Im Haushalt lebende Betreuungskräfte
Die große Mehrheit der pflegebedürftigen Menschen wird zu Hause gepflegt. Der Pflegebedarf nimmt weiter zu. In großer Zahl werden im Haushalt lebende Betreuungskräfte aus dem mittel- und südosteuropäischen Ausland für die Versorgung der Pflegebedürftigen eingesetzt. Häufig werden dabei jedoch die geltenden Gesetze (wie Mindestlohngesetz, MiLoG oder Arbeitszeitgesetz, ArbZG) nicht beachtet und die Betreuungskräfte ausgebeutet.
◆ 2022 werden wir gemeinsam mit Caritas Europa, der Caritas Österreich und den Schwesterorganisationen in einigen Herkunftsländern (Bulgarien, Rumänien, Slowakei, Moldau, Ukraine) Standards entwickeln zur fairen und sicheren Beschäftigung im Bereich Betreuung von Pflegebedürftigen in der eigenen Häuslichkeit. Um die Lobbyarbeit auf nationaler und EU-Ebene zu stärken, wird auch im Jahr 2022 die Kooperation mit Gewerkschaften beziehungsweise gewerkschaftlichen Beratungsstrukturen fortgeführt.
AG Menschenhandel
Gemeinsam mit der AG Menschenhandel der Deutschen Bischofskonferenz, die eng mit der Santa Marta Group des Vatikans zusammenarbeitet, richtet die verbandliche Caritas in Deutschland ihr Augenmerk auf das Thema Menschenhandel, zu dem sie sich mit weiteren wichtigen katholischen und anderen zivilgesellschaftlichen Akteur(inn)en vernetzt.
◆ 2022 werden wir die Perspektive der Betroffenen und der sogenannten Herkunftsländer insbesondere über eine verstärkte Zusammenarbeit mit "Coatnet", dem globalen Netzwerk christlicher Organisationen gegen Menschenhandel, einbringen. Zu den gemeinsamen Zielen gehört das Lobbying für den weiteren Ausbau der Beratungs- und Unterstützungsstruktur.
4. Wohlfahrtsverbände & Politik: #DasMachenWirGemeinsam
Wohlfahrtsverbände sind als subsidiäre Sozialleistungsverbände eng in die öffentliche soziale Leistungserbringung integriert. Als "Feuerwehr des Sozialen" sind sie Träger sozialer Infrastruktur, die wesentlich über Sozialversicherungen und die öffentliche Hand finanziert wird.
Sozialmonitoring
Im Sozialmonitoring haben Verbandsspitzen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) ein Format entwickelt, um sich mit hochrangigen Vertreter(inne)n der Bundesministerien regelmäßig vertrauensvoll über nicht beabsichtigte negative Auswirkungen von Gesetzen auf vulnerable Zielgruppen auszutauschen. Dabei werden gemeinsam Lösungen entwickelt.
◆ 2022 werden wir die partnerschaftlichen Gespräche, die von beiden Seiten als wichtiges Instrument empfunden werden, mit der neuen Bundesregierung fortsetzen, um im Sinne einer lernenden Gesetzgebung Problemlösungen zu finden.
Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE)
Gemeinsam mit weiteren Trägerverbänden bietet der Deutsche Caritasverband ein umfassendes Beratungsangebot im Rahmen der bundesgeförderten Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE), welche in enger Kooperation mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) erfolgt. Eine ähnliche langfristig angelegte Zusammenarbeit besteht zwischen dem DCV und der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJF) im Bundesprogramm Jugendmigrationsdienste (JMD).
◆ 2022 werden wir uns der konzeptionellen Weiterentwicklung der Zusammenarbeit von Caritas und Politik - auch des Programms JMD im Quartier mit BMFSFJ und BMI - widmen. Fragen nach der Vereinfachung der Programmabwicklung und der ebenenübergreifenden Programmsteuerung stehen ebenso auf der Tagesordnung wie neue Formen der Zusammenarbeit mit den Kommunen.
Resettlement
Im Bereich von Resettlement und humanitärer Aufnahmeprogramme arbeitet der DCV eng mit dem Bundesinnenministerium, anderen Wohlfahrtsverbänden, internationalen Organisationen wie der Flüchtlingshilfsorganisation der Vereinten Nationen UNHCR sowie weiteren öffentlichen Stellen zusammen: Die Chance, über das Resettlement die legale Einreise von vulnerablen Geflüchteten aus Drittstaaten zu organisieren, die im Land ihrer ersten Zuflucht keine Perspektive auf Integration haben, ist weiter zu wenig bekannt und zu wenig genutzt.
◆ 2022 werden wir insbesondere im Rahmen des Pilotprogrammes "Neustart im Team" (NesT) die Chancen dieser Zusammenarbeit sichtbar werden lassen. Durch ihr Engagement ermöglichen Ehrenamtliche in diesem staatlich-zivilgesellschaftlichen Pilotprogramm die zusätzliche Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen nach Deutschland. Die Zivilgesellschaftliche Kontaktstelle (ZKS) und staatliche Stellen sind gemeinsam in die operative Umsetzung des Programmes involviert. Mit einer Verstetigung von "NesT" und dem Ausbau von Resettlement sollen möglichst vielen besonders vulnerablen Flüchtlingen eine sichere Einreise und ein Aufenthalt mit Perspektive in Deutschland ermöglicht werden.
Stromspar-Check (SSC)
Das Projekt Stromspar-Check (SSC) ist nicht nur ein Best-Practice-Beispiel, wie man soziale und ökologische Ziele miteinander verknüpft. Es ist auch ein Beispiel für gelungene Kooperation zwischen der Caritas und anderen - politischen - Akteuren. Das aktuelle Projekt "Stromspar-Check Aktiv" wird vom Deutschen Caritasverband und dem Verband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands durchgeführt und vom Bundesumweltministerium aus Mitteln der Nationalen Klimaschutzinitiative gefördert. Es umfasst eine kostenfreie Energie[1]und Wassersparberatung für Bezieher(innen) von Sozialleistungen oder niedriger Einkommen. Das Besondere an dem Projektangebot: Die Stromsparhelfer(innen) sind selbst langzeitarbeitslose Menschen. Der Erfolg des Bundesprojekts basiert nicht zuletzt auf der intensiven Zusammenarbeit der Standorte mit Kommunen und weiteren lokalen und regionalen Netzwerkpartnern wie zum Beispiel Energieversorgern oder Wohnungsbaugesellschaften.
◆ 2022 werden wir in einem neu eingereichten Projekt die Beratungsformate weiter ausbauen sowie innovative Elemente erproben: In Kommunen oder Landkreisen ohne SSC-Standort wird an Pop-up-Standorten ein zeitlich begrenztes Beratungsangebot präsentiert.
Onlinezugangsgesetz (OZG)
Mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) ist die staatliche Verwaltung verpflichtet, bis zu 575 sogenannte "Verwaltungsleistungen" (Informationen, Antragsverfahren und Ähnliches) bis Ende 2022 digital anzubieten. Dabei entsteht unter anderem eine Sozialplattform in NRW, über die künftig bundesweit Sozialleistungen gefunden und "gebucht" werden sollen.
◆ 2022 werden wir unser Engagement erhöhen, um aus Klient(inn)ensicht eine passgenaue Beratung, einen einfachen Zugang zu Angeboten freier Träger und die Datensouveränität (Stichwort "Bürger(innen)-ID") sicherzustellen. Im Deutschen Caritasverband bündelt dazu das Themennetzwerk OZG Kompetenzen und Aktivitäten, in enger Abstimmung mit der BAGFW und den verschiedenen Ligen.
5. Caritas & andere gesellschaftliche Akteure: #DasMachenWirGemeinsam
Der Deutsche Caritasverband ist Vernetzer gesellschaftlicher Akteure über den Kreis der Mitgliedsverbände hinaus. Er stand an der Wiege der BAGFW und war Mitbegründer des Deutschen Vereins. Diese Vernetzungskompetenz ist unter neuen gesellschaftlichen und kirchlichen Voraussetzungen zu erneuern und weiterzuentwickeln.
Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge
Im Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge erarbeitet der DCV gemeinsam mit Vertreter(inne)n von Kommunen, kommunalen Spitzenverbänden, Ländern, anderen Wohlfahrtsverbänden und der Wissenschaft an guten Lösungen zur Sicherstellung der Daseinsvorsorge für alle Bürger(innen) - ganz gleich in welcher Lebenslage und an welchem Wohnort. Für die Praxis vor Ort werden in den einzelnen Handlungsfeldern Empfehlungen zur Umsetzung gesetzlicher Grundlagen und zur konzeptionellen Weiterentwicklung der sozialen Arbeit erarbeitet, veröffentlicht und in Fachveranstaltungen diskutiert.
◆ 2022 werden wir bei unserer Mitarbeit in den Gremien des Deutschen Vereins die Sozialgesetzgebung der dann neuen Bundesregierung durch unsere Fachexpertise und Sicht auf Hilfebedürftige und Benachteiligte begleiten.
Interkulturelle Öffnung sozialer Dienste und Einrichtungen
Der DCV engagiert sich gemeinsam mit den Verbänden der BAGFW und Migrant(inn)enorganisationen unter Wahrung beziehungsweise Weiterentwicklung des eigenen christlichen Profils für mehr interkulturelle Öffnung sozialer Dienste und Einrichtungen.
◆ 2022 werden wir uns gemeinsam um das Thema Sprachmittlung kümmern. Hier gilt es, sich auf politischer Ebene für bessere gesetzliche Rahmenbedingungen einzusetzen, denn: Gelingende Kommunikation ist ein entscheidender Schlüssel zur Wahrnehmung sozialer Rechte und Pflichten sowie zur Verwirklichung gesellschaftlicher Teilhabe. Sprachmittlung ist ein Schritt auf dem Weg zu mehr interkultureller Öffnung der Angebote aller Institutionen und Dienstleistungen in der Einwanderungsgesellschaft.
Corporate Social Responsibility (CSR)
Die Rolle des Deutschen Caritasverbandes als Vernetzer gesellschaftlicher Akteure reicht über den Raum zivilgesellschaftlicher freigemeinnütziger Partner hinaus. Alte und neue Kooperationen mit privatwirtschaftlichen Akteuren sind unter der Überschrift "Corporate Social Responsibility" (CSR) zu entwickeln. Das CSR-Kompetenzzentrum ist eine Anlaufstelle in der verbandlichen Caritas, um mit unterschiedlichen Kooperationspartnern soziale und nachhaltige Projekte zu initiieren und umzusetzen (www.csr-caritas.de). Vor allem für Unternehmen, die sich gemeinsam mit der Caritas für das Gemeinwohl engagieren wollen, steht es mit Rat und Tat zur Seite.
◆ 2022 werden wir die gemeinsame Initiative mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur Beschaffung nachhaltiger Textilien in den Einrichtungen von Caritas und Diakonie, die vom CSR-Kompetenzzentrum verantwortet wird, fortführen und gemeinsam mit der Diakonie Deutschland und dem Versicherer im Raum der Kirchen Veranstaltungen zur Nachhaltigkeit durchführen.
Sozial gerechter Klimaschutz
Kompetenzaufbau, politische Einmischung und Aktivierung beim sozial gerechten Klimaschutz gelingt dem Deutschen Caritasverband in enger Abstimmung in der BAGFW, aber auch mit anderen NGOs, Forschungsinstituten und Hochschulen.
◆ 2022 werden Beteiligungsmöglichkeiten, die dem Profil der Caritasverbände entsprechen, wo passend, mit anderen Akteuren entwickelt, und die Caritas profitiert von deren technischer Infrastruktur und Campaigning-Möglichkeiten. Auch in Kooperationsformaten des Bundesumweltministeriums (BMU), wie dem aus mehr als 200 Organisationen bestehenden Aktionsbündnis Klimaschutz, bringt sich der DCV aktiv ein und nutzt deren (Mit-) Gestaltungsmöglichkeiten.
Online-Beratungsplattform
Der Austausch von guter Praxis und die Gestaltung kollaborativer Zusammenarbeit hat in der digitalen Welt neue Chancen und Formate. Mit der Online-Beratungsplattform als verbandliche Gemeinschaftsaufgabe und Open-Source-Projekt hat der Deutsche Caritasverband neue Wege der Kooperation eingeschlagen. Die Kooperationsgemeinschaft "Blended Counseling" und die Entscheidung für die Open-Source-Stellung der Software haben Voraussetzungen geschaffen, um vernetzt, kompetent und sicher das innovative Konzept hybrider Beratung umzusetzen.
◆ 2022 werden wir - unterstützt durch eine Projektförderung der Aktion Mensch - unsere Open-Source-Community ausbauen. Damit Lösungen nicht mehrmals unter großem Aufwand unabhängig voneinander geschaffen werden müssen, sondern sich gegenseitig ergänzen, soll der Open-Source-verfügbare "Bauplan" für die Online-Beratungsplattform des Deutschen Caritasverbandes von Partnern genutzt werden. Verbände, aber auch engagier[1]te Privatpersonen können Verbesserungen und Ergänzungen für alle umsetzen. Damit wird eine neue Form der "unabhängigen Kooperation" möglich, aus der eine kontinuierlich verbesserte digitale Lösung und eine "Open-Source-Community" erwächst.
6.Wissenschaft & Praxis: #DasMachenWirGemeinsam
Mit seinem Wahlspruch „Organisieren, Studieren, Publizieren“ gab Lorenz Werthmann den Anstoß nicht nur zur Gründung des Deutschen Caritasverbandes, sondern auch zur Gründung von Caritasforschung, von Hochschulen, Weiterbildungseinrichtungen sowie Publikationsorganen. Die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis bleibt profilgebend für den Deutschen Caritasverband.
Institut für Kinder- und Jugendhilfe (IKJ)
Das Institut für Kinder- und Jugendhilfe (IKJ) ist eine sozialwissenschaftliche Praxisforschungseinrichtung, die seit 1995 für Politik, öffentliche Verwaltung, für freie Träger der Kinder- und Jugendhilfe sowie angrenzende Arbeitsfelder, für Fach- und Wohlfahrtsverbände sowie für Stiftungen eine Leistungspalette aus ineinandergreifenden Arbeitsschwerpunkten bietet. Das Institut, dessen Hauptgesellschafter der BVkE ist, steht exemplarisch für Forschungseinrichtungen, an denen Fachverbände der Caritas und der DCV beteiligt sind.
◆ 2022 werden wir im Bereich der quantitativen Sozialforschung den Datenschatz der Forschungseinrichtungen mit einem konzeptionell weiterzuentwickelnden Datenmanagement der Caritas zusammendenken und die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis als Motor nachhaltiger Skalierung sozialer Innovationen nutzen.
Verzahnung der strategischen Überlegungen der Zentrale mit (theologisch-)ethischen, caritaswissenschaftlichen und sozialpolitikwissenschaftlichen Instituten
Nicht nur für das Selbstverständnis des Deutschen Caritasverbandes, sondern auch für seine fachliche Arbeit ist die Verzahnung der strategischen Überlegungen der Zentrale mit (theologisch-) ethischen, caritaswissenschaftlichen und sozialpolitikwissenschaftlichen Instituten ein Gewinn. Vor diesem Hintergrund wurden Vertretende dieser Fachrichtungen in die Delegiertenversammlung (DV) sowie die Kommissionen der DV gewählt.
◆ 2022 werden wir parallel zu den bereits bestehenden Kooperationen neue (Gesprächs-)Formate etablieren. Ethisch herausfordernde Themenfelder könnten 2022 insbesondere auch Fragen der sogenannten Verschickungskindererfahrungen sowie ein neues Gesetzgebungsverfahren nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum assistierten Suizid sein. Im Deutschen Institut für Sozialpolitikforschung (DIFIS) wird der DCV als Praxispartner unter anderem Fragen einer generationengerechten Sozialpolitik aufgreifen.
Begründungs- und Bewertungsmaßstäbe für Robotik in der Pflege
Der Deutsche Caritasverband ist intensiv an Fragen der Veränderung der Pflege durch die technische/digitale Entwicklung interessiert. Er ist unter anderem Teil des Forschungskonsortiums "Begründungs- und Bewertungsmaßstäbe für Robotik in der Pflege" (BeBeRobot). Bei dem Konsortium handelt es sich um ein wissenschaftliches Begleitprojekt im Rahmen des Forschungsprogramms "Robotische Systeme für die Pflege". Ziel des Programms ist es, innovative Forschungs- und Entwicklungsvorhaben der Mensch-Technik-Interaktion zu fördern, die die Selbstständigkeit und das Wohlbefinden von Pflegebedürftigen stärken, Pflege- und Betreuungskräfte und Angehörige entlasten sowie einen Beitrag zu einer qualitätsvollen Pflege leisten.
◆ 2022 werden wir im Rahmen von "BeBeRobot" als wissenschaftlichem Begleitprojekt einen (pflege-)wissenschaftlich begründeten Kriterienkatalog zur ethischen Bewertung von robotischen Assistenzsystemen für die Pflege beziehungsweise Menschen mit Assistenzbedarf erarbeiten und entwickeln ein entsprechendes praxishandhabbares Bewertungstool.
7. Enttäuschte & Hoffnungsträger(innen): #DasMachenWirGemeinsam
In den letzten Jahren steht der Deutsche Caritasverband mit der Krise der Kirche vor einer neuen Herausforderung: Es gilt, Menschen, die von ihrer Kirche tief enttäuscht und verletzt sind, einen Ort des Engagements und der Hoffnung zu bieten. Es geht auch darum, in den Angeboten und bei den Mitarbeitenden Zeit und Raum für die Auseinandersetzung mit dem Verlust der Glaubwürdigkeit und dem Missbrauch von Macht zu schaffen.
Engagementplattform youngcaritas
Junge Menschen, die bisher keinen Kontakt zur Caritas und zu sozialem Engagement hatten, werden über die Engagementplattform youngcaritas angesprochen. Sie kreiert und fördert neuartige Projekte und Aktionen, vernetzt sich mit zahlreichen Akteuren im Sozialraum und schafft so gelebte Zeichen von Solidarität. Beispiele sind die Aktion "Warm durch die Nacht", bei der junge Menschen Wohnungslosen begegnen, und die Aktion "Platz für Toleranz", bei der bereits über 40 Bänke bundesweit gebaut wurden.
◆ 2022 wird youngcaritas weiterhin mit den Themen Flucht, Armut, Klimaschutz, Gerechtigkeit, Vielfalt nah an den Themen junger Menschen sein und Anknüpfungspunkte für Akteure, die gemeinsam mit der Caritas handeln wollen, bieten.
Die sozial-diakonische Seite von Kirche
In der Gemeindecaritas zeigt sich für viele im kirchlichen Umfeld und darüber hinaus engagierte Menschen die sozial-diakonische Seite von Kirche. Trotz der aktuell schwierigen Situation der katholischen Kirche in Deutschland und der zahlreichen Strukturreformen in den Bistümern zeigt die Gemeindecaritas vor Ort, für was Kirchesein letztlich steht: für den Dienst am Nächsten. Menschen finden dort Unterstützung und können sich für andere engagieren, unabhängig von "Kirchennähe" oder "Kirchenferne", von Konfession oder Religion, von Alter oder Nation. Ein Stück Glaubwürdigkeit von "Kirche" wird erlebbar - nicht die Institution, sondern der Dienst für andere steht hier im Vordergrund.
◆ 2022 werden wir sozial-diakonische Projekte in Kirchengemein[1]den weiter intensivieren. In Konferenzen und Fachtagen können sich Initiator(inn)en auf Orts- wie Bistumsebene vernetzen und Best-Practice-Beispiele austauschen. Gemeindecaritas - als diakonische Kirchenentwicklung verstanden - setzt sich gerade auf der Ebene der Bistümer für eine sozial-diakonische Ausrichtung der geplanten Kirchenstrukturreformen ein.
Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse
Die Diskussion um die Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse ist auch in der verbandlichen Caritas immer wieder ein Thema. Das von der Kommission Caritasprofil im Juni 2021 veranstaltete Symposium "Caritas führen. Identifikation statt arbeitsrechtlicher Vorgaben?" zeigte auf, wie wichtig es ist, dass Identifikationsangebote und -anforderungen für Mitarbeitende überzeugend an die Stelle des Denkens in Kategorien von "Loyalitätsobliegenheiten" treten müssen.
◆ 2022 werden wir darauf hinwirken, die in der Grundordnung vorgesehene Evaluation durchzuführen und für entsprechende orientierende Angebote in den Caritaseinrichtungen eintreten.
8. Digital Versierte & digitale Anfänger(innen): #DasMachenWirGemeinsam
Tätige Nächstenliebe muss sich im 21. Jahrhundert unter den Vorzeichen digitaler Transformation bewähren. Diese schafft neue Zugänge und Chancen, aber auch neue Exklusionsrisiken. Die Stärkung sozialer Teilhabe setzt die Stärkung digitaler Souveränität der Caritas selbst voraus.
Smartphonesprechstunden
Seit mehreren Jahren beraten junge Engagierte der youngcaritas ältere Menschen bei der Nutzung ihres Smartphones. Die sogenannten "Smartphonesprechstunden" wurden während der Coronapandemie in neue Formate übertragen.
◆ 2022 werden wir Beispiele wie die der youngcaritas Dortmund verbreiten, die mit Jung und Alt auf eine Smartphone-Rallye gehen, bei der gemeinsam Aufgaben gelöst werden.
Tandem 4.0
Nicht erst seit den Corona-Abstandsgeboten sind Fähigkeiten zum Umgang mit digitaler Technik, hybride Arbeitsformen und darüber hinaus eine nutzbringende Gestaltung des digitalen Wandels in der Caritas gefordert. Das "Tandem 4.0"-Projekt hat 2018 bis 2021 einen Ansatz aufgezeigt, wie Interesse dafür geweckt und diese Kompetenzen begleitend zu dem oft eng getakteten Arbeitsalltag aufgebaut werden können: Die Ermittlung von Bedarfen und Möglichkeiten stand immer am Anfang, Schulungsangebote wurden entlang der Arbeitssituation entwickelt, Transformationsprojekte auch langfristig vor Ort begleitet. Darüber hinaus entwickelte sich auf diese Weise ein überregionales Kompetenzzentrum, das Expert(inn)en für verschiedene Verbände verfügbar macht.
◆ 2022 werden wir im Kontext der Digital-Strategie des Verbandes die Good-Practice-Beispiele von Tandem 4.0 zur Grundlage eines verbandlichen Kompetenzaufbaus machen: "Vernetzt, Souverän und Responsiv".
Digitale "Coporate Volunteering"-Angebote
Mit verschiedenen Partnern konnten in den letzten Jahren digitale "Coporate Volunteering"-Angebote geschaffen werden. Gemeinsam mit dem CSR-Kompetenzzentrum wurden Konzepte und Ideen entwickelt, um sozial isolierte Menschen und Kin[1]der/Jugendliche im Homeschooling zu unterstützen.
◆ 2022 werden wir weiter mit dem CSR-Kompetenzzentrum "Process Mining"-Verfahren - etwa im Bereich des Fundraisings - durchführen. Die Ergebnisse sollen zu übertragbaren Verbesserungen führen und weitere Entwicklungen anstoßen.
9. Jung & Alt: #DasMachenWirGemeinsam
Die Alterung der Bevölkerung ist nicht nur in Deutschland und Europa einer der gesellschaftlichen Megatrends. Das Miteinander der Generationen wird unter diesen Vorzeichen zu einer besonderen Herausforderung für den Zusammenhalt. Die verbandliche Caritas versteht sich als ein Ort, an dem Alt und Jung gemeinsam für eine gute Zukunft zusammenarbeiten.
Die Folgen der Covid-19-Pandemie treffen Alt und Jung in unterschiedlicher Weise und zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Es besteht eine öffentliche Verantwortung in Krisenzeiten, diese Unterschiede wahrzunehmen und zu verhindern, dass langfristig diejenigen den Hauptteil der Coronafolgen tragen, die heute jung und/oder in weichenstellenden Übergangsphasen im Lebenslauf besonders betroffen sind.
◆ 2022 werden wir unsere Coronafolgenpolitik an den gleichberechtigten Zukunftschancen für Alt und Jung ausrichten. Dazu gehören Programme gegen Einsamkeit älterer Alleinstehender ebenso wie Digitaloffensiven für die Jugendhilfe.
Junge Menschen bei youngcaritas
Youngcaritas steht für ein verbandliches Engagement, das von und für junge Menschen Caritasangebote für alle Generationen entwickelt. Das hat sich gerade unter den Vorzeichen der Pandemie bewährt: Schon während des ersten Lockdowns im März 2020 haben sich viele junge Menschen bei youngcaritas gemeldet, die in der Krise ihre Hilfe angeboten haben. Neben Einkaufsdiensten und Hofkonzerten für Senior(inn)en hat vor allem die Aktion "Briefe gegen Einsamkeit" Aufmerksamkeit erzielt. An 30 Orten wurden Briefe gesammelt und an Senior(inn)en in Einrichtungen, an Klient(inn)en der mobilen Dienste und Menschen mit Behinderung weitergegeben. Insgesamt 12.500 Briefe sind bis zum Frühjahr 2021 schon gesammelt worden.
◆ 2022 werden wir die in der Aktion geknüpften Kontakte unter anderem mit Schulen, Senioren-Einrichtungen und Firmen nutzen, um weitere Begegnungsmöglichkeiten und -räume zu schaffen und auf den Zusammenhalt der Generationen hin weiterzuentwickeln.
Intertemporaler Schutz der Freiheitsrechte
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Beschluss vom 24. März 2021 entschieden, dass beim Klimaschutz der intertemporale Schutz der Freiheitsrechte konsistent zu beachten ist und Lasten nicht unvertretbar in die Zukunft geschoben und auf die Schultern der Kinder geladen werden dürfen. Der Beschluss aus Karlsruhe hat politisch einen Paradigmenwechsel beschrieben, der auch auf andere politische Themen Strahlkraft haben wird, bei denen die Verteilung der Lasten zwischen den Generationen gestaltet werden muss. Das gilt etwa für das Rentensystem oder die Pflegeversicherung.
◆ 2022 werden wir unsere Vorstellungen zur Stabilisierung der umlagefinanzierten solidarischen Sozialversicherungssysteme weiterentwickeln und sie in die Debatten zur Weiterentwicklung der Gesetzlichen Rentenversicherung einbringen.
Freiburg, 26. Juli 2021 - Vorstand des Deutschen Caritasverbandes
Prälat Dr. Peter Neher, Präsident
Kontakt: Eva M. Welskop-Deffaa; Dr. Thomas Becker
Anmerkungen
1. Siehe dazu: Deutscher Caritasverband (Hrsg.): Not sehen & handeln: #DasMachenWirGemeinsam. In: neue caritas Heft 22/2020, S. 27 ff. und Kurzlink: https://bit.ly/3ktyR8Y
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