„Der Zweite Weg strebt dorthin, wo wir im Dritten Weg bereits sind!“
Insbesondere in Wahljahren ist die geforderte Abschaffung des Dritten Weges hin zu einer arbeitsrechtlichen Normalität äußerst populär, so auch in diesem Jahr der Bundestagswahl. Die Dienstgeber in der Arbeitsrechtlichen Kommission sehen jedoch nach wie vor keine Alternative(n) zum Dritten Weg. Dieser ist zukunftsfähig, seine Weiterentwicklung notwendig, aber machbar. Im Dritten Weg wurden nicht nur die Arbeitskampfmittel von Streik und Aussperrung aufgrund des Auftrages unserer Einrichtungen und Dienste bewusst von den (Erz-)Bischöfen ausgeschlossen. Es werden auch keine Tarifverträge geschlossen, sondern die für das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Regelungen (festgehalten in den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes, den AVR) durch paritätisch besetzte Kommissionen beschlossen. Jahrzehntelang oder zumindest solange das Vollkostendeckungsprinzip in der Sozialwirtschaft Grundlage der Refinanzierung war, konnte problemlos der "alte BAT" übernommen beziehungsweise beschlossen werden - von kleineren Abweichungen abgesehen. Tarif war eigentlich kein Thema, auch die Arbeit der AK nicht. Doch plötzlich mussten sich die Träger und Einrichtungen der Caritas "dem Markt aussetzen". Den BAT gab es in dieser Form nicht mehr, es musste um Marktanteile gerungen und die Refinanzierung gesichert werden. Und damit wurde Tarif in der Caritas und damit auch die AK zum Thema
Die Caritas ist einer der großen Anbieter sozialer Dienstleistungen und das ist auch gut so. Es sollte endlich auch in Tariffragen der Mut bestehen, selbst Leittarife zu entwickeln und diese zur Blaupause für andere zu machen. Insbesondere in der Alten-, Jugend- oder Behindertenhilfe müssen eigene Verhandlungsergebnisse im Fokus stehen. Hier muss der Dritte Weg sich eindeutig weiterentwickeln: Wir können ruhig mutiger sein, mehr Eigenständigkeit und passgenaue Tariflösungen für unsere Einrichtungen und Dienste zu schaffen.
Doch nun ein kritischer Blick zur oft genannten Alternative: Am Zweiten Weg wird häufig kritisiert, dass Flächentarife zu wenig auf einzelne Betriebe eingehen. Kritisch bewerten die an einen Flächentarifvertrag gebundenen Unternehmen vor allem die Höhe der Entgelte - darunter vor allem die Entgelthöhe für einfache Tätigkeiten -, die Privilegien für ältere Beschäftigte und die Regelungen zur Arbeitszeit. Für Unternehmen ohne Tarifbindung stellen die Entgelt- und Arbeitszeitregelungen zentrale Gründe dar, warum sie keine Tarifbindung wählen. Dennoch orientieren sich viele Unternehmen ohne Tarifbindung an einzelnen Regelungen des Flächentarifvertrags. Wenn die Tarifbindung gestärkt werden soll, müssen die Tarifparteien an den kritischen Regelungen des Flächentarifvertrags ansetzen und dessen Flexibilität unterstreichen (Quelle: iw Trends 1/2019, S. 61).
Kommt Ihnen diese Kritik bekannt vor? Mir jedenfalls! Wir kämen also vom Regen in die Traufe. Weshalb also sollte aus Sicht der Dienstgeber in der Arbeitsrechtlichen Kommission ein funktionierendes System, das auf dem Konsens- und Güteprinzip im Arbeitsrecht beruht, verlassen werden und nach Alternativen Ausschau gehalten werden - vor allem, wenn die naheliegendste Alternative des Tarifvertragssystems die gleichen kritischen Fragestellungen offenlässt?
Uns fällt kein Argument ein, diese moderne Form der Verhandlung infrage zu stellen. Wir sehen vielmehr die Überlegenheit des Konsensprinzips in Tarifverhandlungen. Auch gesellschaftlich wird dies weit überwiegend als erstrebenswert angesehen und vieles daran ausgerichtet. Hinzu kommt, dass die Sozialpartner den Arbeitskampf durch Schlichtungsabkommen weitgehend auszuschließen versuchen. Dies wurde grundsätzlich bereits 1954 in dem Musterabkommen von Margarethenhof zwischen BDA und DGB angelegt. Der Zweite Weg strebt also dorthin, wo wir im Dritten Weg der Kirchen bereits sind! Schlichtungsverfahren sind mehr als den herkömmlichen Tarifverhandlungen nachgeschaltet, sind stärker durchstrukturiert und relativ langfristig angelegt.
Wenn überhaupt Kritik zu üben ist, dann am Gesetzgeber. Dieser erkennt den Dritten Weg weder national noch auf europäischer Ebene ausreichend als gleichwertig an. Ein Gegenbeispiel ist die aktuelle Pflegereform: Bei der Zulassung von Pflegebetrieben werden zukünftig beide kollektivrechtlichen Wege der Tariffindung gleichwertig im Gesetz genannt. Wagen wir es, den Dritten Weg weiter zu stabilisieren und voranzubringen.
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