„Ohne den Dritten Weg würde die tarifliche Einheit der Caritas umgehend zerfleddern“
Bei der Festsetzung des Wertes von Arbeit und der Bedingungen, unter denen sie zu leisten ist, erscheint es da nur folgerichtig und einleuchtend, dass Tarifverträge und Arbeitskampfmaßnahmen nicht so recht zur Idee der Dienstgemeinschaft passen wollen. Stattdessen sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer verpflichtet, sich in paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommissionen (AK) zu einigen. Und das allerletzte Wort hat als Gesetzgeber dann immer noch der Ortsbischof.
Wie kann so etwas funktionieren und hat ein solches System überhaupt noch eine Zukunft? Mit Blick auf die Ergebnisse in Form der derzeit geltenden Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) und die Entwicklungen rund um die Arbeitsrechtliche Kommission (AK) des DCV darf behauptet werden: Ja, es funktioniert. Die Frage nach der Zukunftsfähigkeit lässt sich indes nicht so leicht beantworten. Als die Refinanzierung von Caritas-Einrichtungen noch auskömmlich, Altkanzler Schröders "Agenda 2010" noch fern und der Dienst am Wohle des Menschen noch nicht nach DRGs oder Pflegegraden abgerechnet wurde, war man in der AK schnell durch mit den Themen. Vorbild war der Tarif des Öffentlichen Dienstes, nach dem überall refinanziert wurde. Das alles hat sich mit der rasch voranschreitenden Kommerzialisierung des Gesundheitswesens geändert. Auch Caritas-Einrichtungen können von Insolvenz bedroht sein. Das wirtschaftliche Streben eines katholischen Krankenhauses unterscheidet sich nicht mehr von dem einer gewinnorientierten Klinik in privater Trägerschaft. Dienstgemeinschaft und die Grundsätze der katholischen Soziallehre bleiben dann auch schon mal auf der Strecke, wenn es um die wirtschaftlichen Interessen einer Einrichtung geht.
Das alles hat zwangsläufig auch das Klima in der AK verändert. Was geblieben ist, ist die Orientierung an starken Tarifen und der Rechtsprechung dazu. Das sind immer noch der Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes (TVöD) und mittlerweile für die Ärzte der Tarifvertrag Ärzte/VKA. Dieses strikte Festhalten an Leittarifen ist das Credo der Mitarbeiterseite. Geblieben ist auch die flächendeckende Akzeptanz und Anwendung der AVR in den Einrichtungen. Sie sind, nicht zuletzt wegen ihrer Vergleichbarkeit mit den Tarifverträgen Ärzte/VKA und TVöD als Markenzeichen ein verbindendes Element im Gefüge des Deutschen Caritasverbandes. Ebenfalls geblieben sind die strukturellen Schwächen der AK. Es ist ein dienstgeberfinanziertes System, dem angesichts verhärteter Fronten effiziente Werkzeuge zur Konfliktlösung fehlen, was eine gewerkschaftliche Mitwirkung unmöglich macht. Grundsätzlich ist der Ton in den Kommissionen auf Bundes- und Regionalebene rau[1]er, sind die Spielräume in Verhandlungen immer enger geworden. Nach der öffentlichen Empörung über die Ablehnung eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags Altenpflege ist der Sonderweg der Kirchen wieder in aller Munde und die Forderung nach seiner Abschaffung opportun. Unzeitgemäß, benachteiligend, ungerecht und undemokratisch sei er. Die Mitarbeiterseite ohne Macht und Durchsetzungsvermögen, die Dienstgeber allein schon durch das fehlende Streikrecht immer im Vorteil. In Wirklichkeit, so vor allem der Vorwurf der Gewerkschaften, sei der Dritte nur ein verkappter Erster Weg. Vielen Vorwürfen kann die Mitarbeiterseite in der AK nur zustimmen. Aber den Dritten Weg abschaffen? Mit welchen Folgen? "Die" Caritas ist kein Arbeitgeberverband und der gewerkschaftliche Organisationsgrad bei den Beschäftigten ist sehr gering. Ein Abbiegen in den Zweiten Weg ist also ebenso wenig garantiert wie die Überleitung der AVR in einen "Tarifvertrag Caritas". Stattdessen steht zu befürchten, dass die tarifliche Einheit der Caritas zerfleddern und in vielen Einrichtungen stante pede der Erste Weg Anwendung finden würde. Das Ende des Dritten Weges wird wohl nur durch Rechtsprechung oder durch aktives Tun der Beschäftigten von innen heraus eingeleitet werden können. Aber weder von außen noch in den Kommissionen noch bei den Mitarbeitenden ist die Unzufriedenheit mit dem System derzeit hoch genug, um es ernsthaft zum Scheitern bringen zu wollen. Solange die Beschäftigten in steter Regelmäßigkeit aufgrund von Kommissionsbeschlüssen Lohnerhöhungen erhalten, ohne dass es ein Engagement erfordert, wird es sie weder auf die Straße noch in die Gewerkschaft treiben. Und so lange es den Mandatsträger(inne)n in den Kommissionen möglich ist, vergleichsweise gute Arbeitsbedingungen für die 650.000 Menschen in Caritas-Einrichtungen zu erreichen, werden sie das auch weiterhin tun wollen.
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