„Bis auf das frühe Aufstehen ist alles sehr gut“
Miloud Yassine Boulahriss (31) kommt aus Marokko und lebt seit sieben Jahren in Deutschland. In seiner Heimat absolvierte er ein Jurastudium. Anschließend wollte er hier in Jura ein Masterstudium beginnen, doch sein Abschluss in Marokko wurde nicht anerkannt. Er startete ein Studium der Betriebswirtschaft, kam aber nach kurzer Zeit zu dem Schluss, dass für ihn zunächst eine Ausbildung der bessere Weg sei. Er entschied sich für Pflegefachmann. Er schrieb mehrere Bewerbungen und hatte auch zwei Angebote für seine Praxisausbildung in der Altenpflege. Boulahriss ging ins Caritas-Seniorenheim St. Josef in Nürnberg-Langwasser, "denn von Caritas hatte ich vorher schon einmal gehört".
Miloud Yassine Boulahriss ist einer von 27 jungen Menschen, die derzeit in den 20 Caritas-Seniorenheimen im Bistum Eichstätt die neue dreijährige generalistische Ausbildung zur Pflegefachfrau sowie zum Pflegefachmann absolvieren. Diese Ausbildung ist im September vergangenen Jahres bundesweit eingeführt worden. Allein vier Personen - zwei Frauen und zwei Männer zwischen 22 und 40 Jahren - qualifizieren sich auf diesem Weg zum Großteil im Caritas-Seniorenheim in Nürnberg-Langwasser. Ferner ist dort eine junge Frau tätig, die das im vergangenen Herbst gestartete ebenfalls generalistische siebensemestrige Pflegestudium an der Evangelischen Hochschule Nürnberg absolviert. "Die fünf jungen Menschen werden ihren Weg gehen", ist Caritas-Seniorenheimleiter Philip Hausleider nach einem halben Jahr zuversichtlich. Und er geht davon aus, "dass später auch einige bei uns bleiben werden".
Boulahriss absolvierte in der Einrichtung von September bis März 400 Praxisstunden. Inzwischen macht er ein Praktikum im gleichen Umfang in einem Krankenhaus. Es folgen noch Einsätze in der ambulanten Pflege, der Kinderkrankenpflege sowie im letzten Ausbildungsjahr in Pädiatrie, Psychiatrie und gerontopsychiatrischer Versorgung. Ungefähr die Hälfte seiner Ausbildung verbringt er in den sozialen Einrichtungen, die andere Zeit in der Berufsschule, jeweils im Wechsel von zwei bis vier Wochen hier und dort.
Die Vielfalt der Ausbildung wird geschätzt
Der 31-Jährige schätzt die Vielfalt seiner Ausbildung: "Ich kann mir jetzt erst einmal alles ansehen und ausprobieren." Er ist sich aber schon ziemlich sicher, dass er später einmal in die Altenpflege gehen will. "Mir hat es gefallen, mit älteren Leuten zu arbeiten. Mit ihnen fühle ich mich wie in einer Familie", berichtet er über sein Praktikum in St. Josef und ergänzt: "Ich habe dort viel gelernt: zum Bei[1]spiel, wie man ältere Menschen wäscht, duscht und ihnen Essen eingibt, aber auch, wie man eine Dokumentation macht." Und er hat von den Seniorinnen und Senioren selbst viel erfahren, wenn sie ihre Lebensgeschichten erzählten. Manchmal haben sie ihm zum Dank auch kleine Geschenke gemacht. Anerkannt hat er sich bei ihnen auch dadurch gefühlt, dass sie ihn fragten, woher er kommt und warum er diese Ausbildung macht. Dass sich die alten Menschen in der Coronakrise nicht treffen konnten, wie sie wollten, hat Boulahriss bedauert. "Ich selbst habe mich an die Sicherheitsvorkehrungen schnell gewöhnt. Nur das Online-Lernen für die Schule finde ich schwierig", erzählt der marokkanische Pflege-Azubi.
"Gerade in Coronazeiten braucht die Pflege Unterstützung"
Seniorenheimleiter Philip Hausleider erscheint die neue Pflegeausbildung für junge Menschen "attraktiver als die bisherige, weil sie nun viele Inhalte lernen und sich erst im Nachhinein entscheiden müssen, was ihnen am besten gefällt". Allerdings sieht er für die Ausbildungsstätten auch eine Gefahr darin, dass die vielen Inhalte jetzt pauschalisierter vermittelt werden müssten und dadurch einiges an Wissen zu kurz kommen könne. Weniger Angst hat Hausleider davor, dass bei den Auszubildenden die Altenpflege gegenüber der Krankenpflege oder Kinderkrankenpflege den Kürzeren ziehen könnte. "Ich denke, der große Vorteil der Altenpflege ist, dass hier ein stabiler Aufbau einer Beziehung und dadurch auch eine Biografiearbeit besser möglich sind", erklärt Hausleider. Eine gute Alternative zur Ausbildung sieht der Seniorenheimleiter im Pflegestudium, da dieses eine neue Fachlichkeit in die Pflege bringen könne. Ein solches Studium absolviert seit einigen Monaten die 20-jährige Katharina Epheser aus Nürnberg. Sie hatte nach ihrem Abitur im Jahr 2019 im Internet zum Thema Pflege recherchiert und stieß durch Zufall auf das neue Studienangebot der Evangelischen Hochschule vor Ort.
Im Studium Hintergründe der Pflege erfahren
Nach einem Beratungsgespräch stand ihre Entscheidung fest, den neuen Studiengang zu beginnen. Denn erstens "wollte ich nicht nur einen Bürojob erlernen, sondern einen Beruf, in dem man auch Körperliches tut", zweitens sollte es mit Pflege als sinnvollem Berufsfeld zu tun haben und drittens wollte Katharina Epheser aber auch Hintergründe erfahren: "Die Pflege wurde lange Zeit nur als ein Assistenzberuf der Ärzte gesehen. Hier ist vieles noch unerforscht", beschreibt sie ihre Motivation für ein Studium in diesem Bereich.
Wie Miloud Yassine Boulahriss gefällt es auch ihr, über eine längere Zeit zu denselben Menschen Beziehungen aufzubauen: "Die alten Leute erzählen so viel, da kann man so viel lernen." Von 2100 Praxisstunden in verschiedensten Bereichen verbringt Katharina Epheser den Großteil im Seniorenheim St. Josef. Im ersten Semester lernte sie dort praktische Dinge wie "Menschen heben", aber ebenso einiges über das Dokumentationssystem.
Die Coronazeit habe ihr Praktikum auf jeden Fall geprägt, erzählt sie. Durch die Maskenpflicht sei die Mimik weggefallen, die gerade auch für demenzkranke Menschen enorm wichtig sei. Doch solche Erlebnisse sind für sie kein Grund, ihr Berufsziel infrage zu stellen. Gerade jetzt brauche die Pflege Unterstützung. Anderen jungen Menschen rät die Studentin, nie zu sagen "Das könnte ich nie", bevor sie nicht einmal in einem Praktikum diese Möglichkeit erprobt haben. Sie selbst kann sich vorstellen, später einmal teilweise in der Praxis und teilweise in der Wissenschaft zu arbeiten. Auf jeden Fall hat Katharina Epheser ihre Erfüllung in der Pflege gefunden. "Bis auf das frühe Aufstehen ist alles sehr gut", scherzt die Studentin, die zu den Pionieren des neuen Studiengangs gehört.
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