Bürokratie und Personalnot erschweren die Ausbildungspraxis
Mit Beginn der generalistischen Pflegeausbildung 2020 musste sich das Caritas Alten- und Pflegeheim Marienheim in Regensburg neuen Herausforderungen stellen. Komplett neu überarbeitet wurde anhand des Pflegeberufegesetzes das Qualitätshandbuch für Ausbildung. Da die neue Pflegeausbildung in allen Settings einheitlich gestaltet werden soll, war es wichtig, die Mustervorlagen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) mit einfließen zu lassen. Neue Inhalte waren die praktischen Rahmenlehrpläne für den Orientierungs-, Vertiefungs- und den stationären Langzeitpflegeeinsatz.
Entsprechend den Kompetenzbereichen und Lernsituationen wurden die Lernaufgaben für das Marien heim erstellt. Im Qualitätszirkel für Ausbildung wurden anhand der Rahmenausbildungspläne Denkaufgaben generiert, die ein(e) Auszubildende(r) theoretisch und praktisch bearbeiten kann. Dazu werden die zehn Prozent Anleitungszeit genutzt, die im neuen Ausbildungssystem je Ausbildungsabschnitt erforderlich sind. Zum Nachweis der Anleitungszeit und der Inhalte mussten auch die Funktionen des EDV-Dienstplans entsprechend neu gestaltet werden. Berufspädagogische Fortbildungen werden für alle Mitarbeitenden, die als Praxisanleitungen fungieren, in einem Achtstundentag gestaltet. Wohnbereichsleitungen, Pflegedienstleitungen und Heimleitungen wurden in hausinternen Konferenzen zu allen Themen ausführlich beraten und geschult.
Kreative Vielfalt bei den Organisationskosten
Mit allen beteiligten Krankenhäusern, Pflegeschulen und ambulanten Diensten mussten die notwendigen Kooperationsverträge neu geschlossen werden. Leider benutzen nicht alle Partner die Mustervorlagen, die das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege in Zusammenarbeit mit den Verbänden der Träger der praktischen Ausbildung und der Pflegeschulen erstellt hatte. So wurden sowohl Einzel- als auch Verbundverträge verhandelt, die teilweise stark von diesen Vorlagen abweichen. Auch die Kosten der Organisation und der Praxisanleitung sind in einer kreativ anmutenden Vielfalt ausgestaltet. Kostenrechnungen, unter anderem für die Praxisanleitungen, hätten ab Oktober erfolgen sollen, doch die Formulare fehlen noch. Auch nicht alle Kooperationsverträge sind bislang abgeschlossen. So herrscht weiterhin viel Unsicherheit und teilweise ist auch keine wirkliche Kooperation erkennbar. Vorerst haben die Pflegeschulen die Federführung für die Vertragsgestaltung übernommen, was im Laufe der Zeit überdacht werden sollte.
Ab 2020 sind alle Mitarbeitenden, die als Praxisanleitungen in den Einrichtungen für die Ausbildungspraxis zuständig sind, verpflichtet, sich bei der Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) zu registrieren. Als berufspädagogische Zusatzqualifikation müssen künftig 200 Weiterbildungsstunden statt wie bisher 120 Stunden nachgewiesen werden. Da viele Pflegedienstleitungen aufgrund ihrer Qualifikation nur 40 Stunden zum/zur Praxisanleiter(in) aufbauen mussten, konnte dies rasch umgesetzt werden. Im März 2020 hat der Träger, die Caritas Wohnen und Pflege gGmbH, die Einrichtungsleitungen mit den Registrierungsformaltäten vertraut gemacht. Praktikabler für alle wäre gewesen, die Registrierungen für die Praxisanleiter(innen) selbst als Träger durchzuführen. Die Praxisanleitungen sind auch verpflichtet, eigenverantwortlich jährlich berufspädagogische Fortbildungen im Umfang von 24 Stunden zu besuchen.
Damit Schulungen und Einsätze reibungslos funktionieren, hat der Träger im Vorfeld der Registrierungen anhand eines Ausbildungstickers folgende Daten erhoben: Anzahl der Auszubildenden Generalistik ab 2020, Anzahl der Auszubildenden nach dem alten System zweites und drittes Lehrjahr, Anzahlder einjährigen Pflegehelfer(innen), Anzahl der Praxisanleitungen nach Genehmigung des Pflegeausbildungsfonds Bayern (PAF), Anzahl benötigter Fortbildungstage der Praxisanleitungen 2020. Doch es zeigten sich erste Schwachstellen. Es gibt immer noch Einrichtungen, die wenig bis keine Praxisanleitungen im gesetzlich geforderten Profil aufweisen und sehr viele Pflegedienstleitungen mit nur 40-stündiger Zusatzqualifikation Praxisanleitung. Die Pflegedienstleitungen sind in ihrem Aufgabengebiet ausgelastet. Dass diese Situation nur eine Übergangslösung darstellen kann, ist klar.
Mehr Pflegefachkräfte für Pflegeanleitung gewinnen
Ziel ist weiterhin, mehr Pflegefachkräfte für die Weiterbildung zur Praxisanleitung zu motivieren. Leider war in der Vergangenheit die Stelle der Praxisanleitung nicht lukrativ. Sie bedeutete zusätzlich Arbeit, die eher zwischendurch oder nach Dienstende erledigt wurde. Auch die Einstufung in eine bessere Tarifgruppe diente nicht als Ansporn, da einige bereits wegen anderer Zusatzqualifikationen wie etwa der Gerontopsychiatrischen Pflegefachkraft höher eingruppiert werden (Praxisanleitungen sind im Marienheim schon seit Jahresbeginn eine Gehaltsstufe höher eingruppiert). Es ist gut und wichtig, dass die Pflegeausbildung reformiert wurde und damit auch die Position der Praxisanleitung in ein neues Licht gerückt wird. Gemeinsames Ziel ist es, gut ausgebildete Pflegefachkräfte zu bekommen. Das geht nicht mit einer "Zwischendurch-Anleitung". Der Grundstock hierzu wurde jetzt gelegt, indem Auszubildende im ersten Ausbildungsjahr nicht und in den weiteren Ausbildungsabschnitten nur minimal mit 0,08 als Planstelle angerechnet werden. Dies erfordert aber bei allen Pflegekräften ein Umdenken. Für die Praxisanleitung ist gegenwärtig nur ein geringer Stellenanteil verfügbar, da zu wenige Pflegefachkräfte vorhanden sind. Die Praxisanleitungen müssen von ihren Diensten freigestellt werden, um ihrer Anleiterfunktion nachzukommen.
Qualifikationen stärker berücksichtigen
Eine weitere Problematik sind die vielen externen Pflegeschüler(innen) von Krankenhäusern. Durch Kooperationsverträge wurde festgelegt, wie viele Externe pro Einrichtung im stationären Langzeitpflegeeinsatz ausgebildet werden können. Die Anfangszahlen sind niedrig gehalten, da zunächst Erfahrung gesammelt und dann die Anzahl der externen Auszubildenden angepasst werden soll. Bereits jetzt zeichnet sich ein Missverhältnis ab: Optimal wäre ein Eins-zu-eins-Austausch von Schüler(inne)n zwischen Krankenhaus und Pflegeeinrichtung. Tatsächlich stellt das Krankenhaus circa 80 Prozent, die 25 Einrichtungen der Langzeitpflege stellen dagegen nur circa 20 Prozent. Der Aufwand für Fremdeinsätze wird zwar durch den Pflegeausbildungsfonds refinanziert, aber in der Praxis ist der Aufwand kaum leistbar. Alle befinden sich am Beginn eines Entwicklungsprozesses, um eine einheitliche Pflegeausbildung zu gestalten und umzusetzen. Regelmäßige Netzwerktreffen und Schulungen der Mitarbeitenden sind daher unabdingbar. Um den Workflow in den Einrichtungen aufrechtzuerhalten, sind übergeordnete administrative Tätigkeiten zur Planung, Koordination und Kooperation unerlässlich. Auch neue Konzepte wie der Aufbau des dritten Lernortes, wo die Auszubildenden an Lernpuppen üben können, sind in diesem Ausbildungssystem - auch mit Blick auf die Corona-Situation - weitere wichtige Bausteine. Um den Einrichtungen den Übergang ins Zeitalter der Generalistik zu erleichtern, sollten die berufspädagogische Qualifikation langjähriger Pflegefachkräfte sowie eine Hochschulqualifikation stärker berücksichtigt werden.
Das Lob überwiegt
Mehr Verantwortung für Lehrende und Lernende
Nachgefragt
Entgelte in der Altenpflege holen auf
Die Kultur zu ändern ist die wahre Herausforderung
Zusammenarbeit neu denken
Interview
IT-Sicherheit - Managementrisiko
Statement
Der Start hat relativ gut funktioniert
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