Diversifizieren lautet das Gebot der Stunde
",Arme Brüder‘ verlieren wohl 7,2 Millionen Euro" - so meldete es "Die Welt" am 11. Februar 2014.1 Der Hintergrund: Die Ordensgemeinschaft der "Armen Brüdern des heiligen Franziskus" hatte Gelder beim Finanzdienstleister Infinus AG angelegt, der nun Insolvenz angemeldet hat. 25.000 Anleger seien betroffen, unter anderem auch die "Armen Brüder". "Völlig offen ist derzeit noch, ob und in welcher Höhe die Geschädigten Geld zurückerhalten", so "Die Welt".
Sicher bislang ein Einzelfall. Aber er macht deutlich, unter welchem Druck auch gemeinnützige Organisationen bei der Anlage von Finanzmitteln stehen und welchen Risiken sie ausgesetzt sind. Insbesondere Förderstiftungen wie die Caritas-Stiftungen in Deutschland benötigen, um ihren Stiftungszweck zu erfüllen, Kapitalerträge, die sie erwirtschaften. Und diese gehen seit Jahren kontinuierlich zurück.
Was können und müssen Stiftungen tun, um weiterhin leistungsfähig zu bleiben? Wie viel Risiko ist bei der Geldanlage vertretbar? Womit dürfen sie unter ethischen Aspekten Geld verdienen? Und wie schützen sich Stiftungen vor möglichen Vermögensverlusten?
Anlagerichtlinien sind Pflicht
Zunächst einmal ist es unerlässlich, dass sich Stiftungen Anlagerichtlinien geben und diese regelmäßig überprüfen. Anlagerichtlinien sind die "Leitplanken", innerhalb derer sich gemeinnützige Organisationen bewegen dürfen. Sie legen fest, welche Arten von Wertpapieren erlaubt sind und wie hoch deren Anteil am Gesamtvermögen höchstens sein darf. Und natürlich, welches Mindestrating bei einer Anlage vorhanden sein muss.
Hört sich selbstverständlich an? Weit gefehlt! Viele gemeinnützige Organisationen - auch Stiftungen - haben hier noch Nachholbedarf. So ergab beispielsweise eine Befragung des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, dass nur gut die Hälfte der befragten Stiftungen über Anlagerichtlinien verfügen.2 Immerhin: Die Turbulenzen auf den Kapitalmärkten haben in den letzten Jahren zu einem Umdenken geführt. Immer mehr Stiftungen gehen das Thema aktiv an - auch, um sich selber und ihre handelnden Mitarbeiter(innen) haftungsrechtlich zu schützen.
Die Banken einbinden
Hilfreich ist es, die jeweiligen Hausbanken einzubinden, wenn Anlagerichtlinien erstellt und umgesetzt werden. Also: nicht seitenlange Papiere "am grünen Tisch" entwerfen, sondern gemeinsam mit den Bankpartnern besprechen, was tatsächlich umsetzbar und "controllbar" ist. Die Banken sollten in jedem Fall auch auf die Anlagerichtlinien verpflichtet werden. Ihre Anlageempfehlungen sollten also bereits berücksichtigen, welche Anlageform überhaupt zulässig ist und welche nicht. Das erhöht den Schutz vor Falschberatung.
"Ich hatte einmal einen guten Freund - bis ich ihm einen todsicheren Aktientipp gab" - so lautet eine alte Anlageweisheit. Heute wie früher gilt es, in Finanzfragen Vorsicht walten zu lassen. Wer beispielsweise für kurzfristige Geldanlagen derzeit drei Prozent Zinsen oder mehr versprochen bekommt, sollte höchst skeptisch sein. Auch bei Geldanlagen wird nur "mit Wasser gekocht". Und irgendwie müssen die versprochenen Zinsen erwirtschaftet werden.
Was tun? Es bleiben zunächst die "einfachen Wahrheiten": Längerfristige Anlagen bringen meist mehr als "Kurzläufer", dafür bindet man sich entsprechend länger und ist nicht mehr so flexibel bei steigenden Zinsen. Höhere Zinsen sind meist mit höherem Risiko verbunden. Fondsprodukte streuen die Risiken, müssen aber ihre Verwaltungsgebühr erst einmal erwirtschaften. Sachwerte wie Aktien oder Immobilien haben einen "realen" Gegenwert und sind nicht nur "Papiergeld". Und jetzt?
Das Gebot der Stunde lautet: diversifizieren! Festverzinsliche Wertpapiere unterschiedlicher Emittenten und Laufzeiten, Aktien(-fonds), Immobilien(-fonds), Fremdwährungen, Mikrofinanzprodukte und weitere Produkte sollten eine ausgewogene Mischung bilden. Das bringt zwar keine "Traumrenditen", aber so lassen sich Chancen und Risiken einigermaßen gleichmäßig verteilen. "Klumpenrisiken" sollten auf jeden Fall vermieden werden. Das konkrete Mischungsverhältnis hängt dann davon ab, wie risikofreudig oder
-scheu man ist. Den Rahmen setzen die Anlagerichtlinien. Es bleibt stets oberstes Gebot, dass das Stiftungskapital zu erhalten ist! Aber ohne ein gewisses Risiko ist dies kaum mehr zu realisieren.
Ethik und Nachhaltigkeit gewinnen an Bedeutung
Neben den Fragen der Rendite und des Risikos gewinnt das Thema "Ethik/Nachhaltigkeit" von Geldanlagen zunehmend an Bedeutung. Zu Recht erwarten Stifter(innen) und Spender(innen) der Caritas, dass sich die Verantwortlichen hierüber Gedanken machen. Ethisches und nachhaltiges Investment sollte eigentlich im gemeinnützigen Sektor selbstverständlich sein. Aber auch hier erweist sich die Praxis als sehr komplex, und die Finanzanlagen lassen sich nicht ohne weiteres in "Schwarz" und "Weiß" einteilen - die verschiedenen Graustufen überwiegen eher. Keine Geldanlagen in Rüstung oder Pornografie - das lässt sich noch relativ leicht herausfiltern. Aber weiß man als Stiftung stets, welches Unternehmen seine Waren mit Kinderarbeit produzieren lässt, welcher Staat Menschenrechte missachtet oder durch "kontroverses Umweltverhalten" auffällt? Und was kann eine Stiftung in welchem Umfang noch tolerieren, was nicht?
Verschiedene Beratungsunternehmen, die sich auf das Rating von Staaten und Unternehmen nach ethischen und nachhaltigen Kriterien spezialisiert haben, sind hier eine mögliche Hilfe. Sie beraten Stiftungen bei ihren Anlagen. Das alles kostet natürlich Zeit und Geld. Aber Stiftungen müssen den Stifter(inne)n und Spender(inne)n eine klare Antwort darauf geben können, womit sie ihre Rendite erwirtschaften.
Anforderungen steigen
Ja, keine Frage: Die Anforderungen an das Stiftungsmanagement sind im Finanzbereich spätestens seit der Finanzkrise 2008 deutlich gestiegen - und nehmen weiter zu. Die Älteren wissen zu berichten, dass man früher Gelder stets in "mündelsichere Papiere" anlegte. Würde man dies heute noch ausschließlich so machen, läge die Rendite derzeit unter einem Prozent und damit niedriger als die durchschnittliche Inflationsrate - keine dauerhaft gute Perspektive. Andererseits sind zu hohe Risiken zu vermeiden und gleichzeitig noch den Kriterien der Ethik und Nachhaltigkeit zu genügen. Keine einfache Aufgabe - aber notwendig und lohnend! Die Caritas genießt in vielerlei Hinsicht ein besonderes Vertrauen. Und in den Caritas-Stiftungen vertrauen Menschen ihr privates Vermögen der Caritas an, für das sie häufig ein Leben lang gearbeitet haben. Dieses Vermögen zu erhalten und aus den Erträgen den Stifterwillen zu verfolgen, ist Aufgabe der Caritas-Stiftungen.
Anmerkungen
1. www.welt.de/regionales/duesseldorf/article124742300/Arme-Brueder-verlieren-wohl-7-2-Millionen-Euro.html vom 11. Februar 2014
2. www.stiftungen.org/fileadmin/bvds/de/
Forschung_und_Statistik/Stiftungsfokus/
Stiftungsfokus_final.pdf (Stiftungsfokus Nr. 1, Stand 11/2013).
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