So geht rechtliche Betreuung
"Ich wüsste nicht, was ich ohne Frau Riedel täte", sagt Frank Weltzer über seine rechtliche Vertreterin Klaudia Riedel von der Caritas. "Wegen meiner Lese-Rechtschreib-Schwäche kann ich das Behördendeutsch nicht gut verstehen. Ich bin sehr froh, dass Frau Riedel mir beim Ausfüllen von Anträgen oder bei Briefen hilft." Hierher, ins Beratungszentrum Potsdam, kommt der 36-Jährige regelmässig mit seiner Partnerin Katrin Obi. Die beiden haben sich auf der Arbeit kennen gelernt. Sie sind in einer Werkstatt für Behinderte angestellt, er in der Druckerei, sie in der Verpackungslogistik. Und sie haben noch eine Gemeinsamkeit: Auch Katrin Obi wird vom Betreuungsverein der Caritas rechtlich vertreten. Nicole Pfitzmann, ihre Vertreterin seit etwa zehn Jahren, erklärt: "Wir kommen erst ins Spiel, nachdem ein Gutachter festgestellt hat, dass eine Person ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann. Rechtlich verbindlich werden wir als Vertretung durch das Amtsgericht bestellt. Wir sind für alle Vorgänge zuständig, die eine Unterschrift erfordern, vom Handyvertrag bis zum Brief an Behörden und Ämter." Dabei ist die Basis für jede rechtliche Betreuung Freiwilligkeit und das Einverständnis der hilfebedürftigen Person oder der Angehörigen. "Die gesundheitlichen Ursachen für eine Betreuung sind vielfältig - dazu zählen psychische Erkrankungen und Formen von geistiger, seelischer und körperlicher Beeinträchtigung", sagt Pfitzmann.
Wenn das Leben aus den Fugen gerät
Bei Katrin Obi und Frank Weltzer ist der Grund für ihre rechtliche Betreuung zum einen ihre Lese-Rechtschreib-Schwäche. Die 40-Jährige leidet außerdem an Muskelschwund, was bei ihr schnell zu Schmerzen im ganzen Körper, vor allem im Rücken, führt. Sie ist in ihrer Arbeitsfähigkeit stark eingeschränkt. Ihr Partner ist seit dem Kindesalter Diabetiker, Typ 1, und leidet an Folgeschäden. Eine Zeitlang war sein Leben aus den Fugen geraten: "Ich war verschuldet und nicht gerade straffrei", erzählt Frank Weltzer. "Außerdem bin ich zu nachlässig mit meiner Krankheit umgegangen und musste öfter ins Krankenhaus. Ich wurde als arbeitsunfähig eingestuft und war froh, als ich eine rechtliche Betreuerin bei der Caritas bekommen habe. Sie hat mir geholfen, wieder auf die richtige Bahn zu kommen." Inzwischen sind Frank Weltzer und Katrin Obi nicht nur hoch engagiert in ihren Jobs, sie sind auch als Paar eine große Stütze füreinander. Sie lachen gerne und witzeln darüber, dass sie sich gegenseitig an ihre Medikamente erinnern. Auch Obi hatte früher ihre Finanzen nicht unter Kontrolle, aber dafür ließ sich ein Weg finden: "Frau Pfitzmann verwaltet mein Geld und teilt es wöchentlich für mich ein. Und am Ende des Monats ist immer noch etwas übrig", sagt die zweifache Mutter stolz.
"Nicht alle rechtlichen Vertretungen laufen so reibungslos wie mit unserem ‚Traumpaar‘", erzählen Klaudia Riedel und Nicole Pfitzmann. Die Bedürfnisse eines Betreuten sind so vielfältig, wie das Leben selbst. Deshalb legt das Amtsgericht die Betreuung auch nicht pauschal fest, sondern benennt spezifische Aufgabenbereiche, wie etwa Gesundheitssorge oder Vermögenssorge. Ist jemand selbst in der Lage, sich um seine gesundheitlichen Belange zu kümmern, dann bleibt er auch selbst dafür verantwortlich.
Vertrauen ist das A und O
"Es ist ganz entscheidend, dass wir von unseren Betreuten einbezogen werden, bei allem, wo wir helfen können", sagt Klaudia Riedel. "Nicht alle kommunizieren so offen und bei manchen Klienten, die sich selbst nicht mehr äußern können, muss man erfinderisch werden, um sich ein Bild von ihren Belangen und Bedürfnissen zu machen."
Katrin Obi und Frank Weltzer möchten bald zusammen ziehen. "Die erste Zeit, nachdem wir uns kennen gelernt hatten, haben wir bei mir verbracht", erzählt Frank Weltzer. "Aber in meiner Einzimmerwohnung wurde es etwas eng." In den letzten Monaten konnte seine Partnerin mit tatkräftiger Unterstützung aus ihrem Umfeld und mit organisatorischer Hilfe von Nicole Pfitzmann ihre Wohnung renovieren.
Das Potsdamer Paar blickt optimistisch in die Zukunft. Die beiden freuen sich besonders über die neu renovierte Dreizimmerwohnung, weil ihre Kinder aus früheren Beziehungen, zumeist schon im Teenageralter, hier einen echten Rückzugsort haben werden. Außerdem entspannt sich jetzt, im Sommer 2021, die Lage in der Corona-Pandemie. Nachdem ihre Arbeit im ersten Lockdown für Wochen zum Erliegen gekommen war und obwohl die Pandemie noch nicht vorbei ist, sind Katrin Obi und Frank Weltzer guter Dinge. "Es ist schön, dass das normale Leben ein Stück weit zurückkehrt", sagen sie.
Der Caritas-Betreuungsverein hat seinen Sitz im Haus der Alexianer in der Zimmerstraße 7 in Potsdam. Hier sind seit Oktober 2020 auch die Allgemeine Soziale Beratung, die Erziehungs- und Familienberatung sowie die Schwangerschaftsberatung der Caritas untergebracht.