Der Kinderzuschlag in der Praxis
Der Kinderzuschlag (KiZ) wurde als vorrangige Leistung für Eltern eingeführt, die aufgrund ihres Einkommens zwar den eigenen Existenzbedarf decken können, nicht jedoch den ihrer Kinder. Wer den KiZ als Zuschlag zum Kindergeld (§ 6 a Bundeskindergeldgesetz) von bis zu 209 Euro monatlich je Kind erhält, hat zudem Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (§§ 28 SGB II, 34 SGB XII) und kann sich von Kitagebühren befreien lassen.
Seit seiner Einführung 2005 waren niedrige Quoten der Inanspruchnahme und hohe Komplexität in der Beantragung immer
wieder Anlass zur Kritik. Trotz wichtiger Verbesserungen, zuletzt durch das Starke-Familien-Gesetz im Jahr 2019 und einer um-
fangreichen Öffentlichkeitskampagne des zuständigen Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), erreichen die Wohlfahrtsverbände weiterhin Problemanzeigen durch ihre Berater(innen) und durch leistungsberechtigte Familien.
Die Verbände der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) haben im Herbst 2021 gemeinsam mit weiteren Kooperationspartner(inne)n eine breit aufgesetzte Abfrage zum KiZ in ihren Einrichtungen und Diensten initiiert, um die gesetzlichen Regelungen sowie zentrale
Herausforderungen bei dessen Inanspruchnahme nach den Änderungen durch das
Starke-Familien-Gesetz zu untersuchen. Mit knapp 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern liegt nun eine umfangreiche Expert(in-
n)enabfrage vor. Die Umfrageergebnisse bilden die Grundlage für die vier zentralen Forderungen der BAGFW für kurzfristige Reformen des KiZ:
Bekanntheitsgrad steigern
Bei der Abfrage der Beratungsstellen zeigte sich, dass der KiZ trotz der höheren Inanspruchnahme seit dem Jahr 2020 auch weiterhin nicht sehr häufig nachgefragt wird. Nachgefragt wird er bei den Beratungsstellen insbesondere von Familien mit Migrationsgeschichte (33 Prozent), Mehrkindfamilien (29 Prozent) und Alleinerziehenden (19 Prozent). Auffällig wenige Anfragen kommen von selbstständig beschäftigten Eltern (3,6 Prozent). Die zentralen Gründe dafür sehen die Berater(innen) in der zu geringen Bekanntheit (rund 54 Prozent) und in der Komplexität (rund 33 Prozent) der Leistung.
Komplexität abbauen
Für viele Familien ist der KiZ trotz der Reformbemühungen nach wie vor unverständlich und nur mit Hilfe von Beratung zugänglich. Als zentrale Herausforderungen benannten die Berater(innen) sprachliche Barrieren (17,7 Prozent) und die Komplexität der Leistung (Formulare: 12,7 Prozent; Leistung selbst: 10 Prozent). Die Formulare seien in großen Teilen nicht nutzerfreundlich ausgestaltet. Ohne Beratung führe dies bei den Familien oft zu Überforderung. Der Aufwand für Beratungsstellen sei hoch, besonders bei der Erstbeantragung. Vor allem die starre Sechsmonatsregelung bei dem für die Anspruchsprüfung zugrunde gelegten Einkommen wird als reformbedürftig angesehen. Problematisiert wurde die Situation bei Einkommensumbrüchen wegen der Geburt eines Kindes, grundsätzlich schwankendem Einkommen, der Umstellung auf Kurzarbeit oder beim Verlust der Arbeit.
Zusammenspiel verbessern
Als problematisch wird das Zusammenspiel mit anderen Leistungen, hier vor allem mit dem Wohngeld, mit der Grundsicherung sowie der Anrechnung von Unterhaltszahlungen beschrieben. Dies lasse einen Bedarf nach besserer Kooperation zwischen Wohngeldstellen, Familienkassen und Jobcentern erkennen. Familien litten auch unter für sie oft schwer zu durchdringenden Zuständigkeitsregeln sowie langen Bearbeitungszeiten.
Verwaltung verbessern
Deutlich und wiederkehrend kritisiert wird von den Berater(inne)n die mangelnde Erreichbarkeit der Familienkassen. Zudem scheint die Bearbeitungszeit bei diesen deutlich zu lang. Dadurch komme es regelmäßig zu einer weiteren Verschärfung der finanziellen Lage der betroffenen Familien. Mehrfach positiv betont wurde die Möglichkeit von Online-Anträgen. Die BAGFW nutzt die Ergebnisse der Umfrage, um kurzfristige Verbesserungen beim Kinderzuschlag zu erreichen.
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