Bundesminister Gerd Müller im Interview
Herr Bundesminister, wo kaufen Sie Ihre Kleidung?
Bei mir in der Heimat, im Allgäu. Ich trage gern Labels, die im Textilbündnis sind und faire Mode anbieten. Man muss auch nicht 60 neue Kleidungsstücke im Jahr kaufen. Möglichst billig produziert und genauso schnell wieder weggeworfen – das kann nicht die Zukunft sein.
Ich möchte das Bewusstsein schärfen: Achtet auf faire Mode! Das zu schaffen wäre schon eine großartige Veränderung. Faire Kleidung muss auch nicht unbedingt teuer sein. Kleidung mit dem Grünen Knopf gibt es mittlerweile für jeden Geschmack und Geldbeutel.
Was bedeutet es, dass sich zwei große Wohlfahrtsverbände dem Grünen Knopf angeschlossen haben?
Das freut mich sehr und ist ein ganz wichtiger Schritt. Caritas und Diakonie stehen für gelebte Solidarität. Wir teilen das gleiche Grundverständnis: Wir dürfen nicht wegschauen, wenn in anderen
Teilen der Welt Mensch und Natur ausgebeutet werden. Ich habe mit Näherinnen in Äthiopien gesprochen, die für 20 Cent die Stunde zwölf Stunden am Tag schuften – auch für unsere Kleidung. Das ist Ausbeutung pur!
Caritas und Diakonie sind so enge Mitstreiterinnen für eine gerechte Globalisierung. Zusammengenommen sind sie die größten nicht-öffentlichen Textilbeschafferinnen in Deutschland. Allein für die zwei Millionen stationären und ambulanten Angebote in den 56.000 Einrichtungen werden riesige Mengen an (Bett-)Wäsche benötigt. Da macht es einen enormen Unterschied, ob die Textilien nach hohen sozialen und ökologischen Standards hergestellt wurden oder nicht.
55 Unternehmen machen mit. Doch das Gesetz für faire Lieferketten steht in der Kritik von Wirtschaft und Unternehmen.
Die Unternehmen, die beim Grünen Knopf mitmachen, zeigen ja: Es geht. Sie achten die Menschenrechte in ihren Wertschöpfungsketten. Es kann nicht sein, dass andere ohne Rücksicht produzieren und sich so Wettbewerbsvorteile verschaffen. Märkte brauchen klare Regeln. Deshalb schlagen Arbeitsminister Heil und ich ein Gesetz vor, das gleiche Spielregeln für alle schafft. Wir gehen dabei mit Augenmaß vor: Kleine Firmen oder Handwerksbetriebe sind nicht umfasst. Übrigens fordern 75 Prozent der Deutschen, die Kirchen, der DGB, die Verbraucherzentralen und fast 100
Unternehmen ein solches Gesetz. "Made in Germany" soll nicht nur für gute Qualität stehen, sondern auch für faire Produktion.
Kritisiert wird, dass das Siegel keine existenzsichernden Löhne vor Ort garantiert. Was wollen Sie dagegen tun?
Mit dem Grünen Knopf wollen wir genau da hin. Bislang gibt es in Deutschland kein einziges Siegel mit existenzsichernden Löhnen. Mit der Zivilgesellschaft, Wissenschaftler(inne)n und der Wirtschaft
arbeiten wir daran, dass der Grüne Knopf 2.0 nicht nur Mindestlöhne, sondern auch die Zahlung existenzsichernder Löhne vorschreibt.
Ist das Thema Nachhaltigkeit auch Ihr persönliches Anliegen?
Absolut. Als Christ in der Politik habe ich ein klares Wertefundament: Der Starke hilft dem Schwachen – in der Familie, im Dorf und in der Welt. Welternährung, Umwelt- und Klimaschutz – das sind die Überlebensfragen der Menschheit. Deshalb müssen wir helfen. Das ist eine Frage der moralischen Verantwortung. Es ist in unser aller eigenem Interesse: Denn die großen Zukunftsfragen bewältigen wir nicht allein in Deutschland, sondern nur weltweit.
Vor kurzem haben Sie Ihren Rückzug aus der Bundespolitik bekanntgegeben, um Jüngere zum Zug kommen zu lassen. Glauben Sie, dass diese vehementer für Nachhaltigkeit kämpfen?
Die junge Generation ist sehr aktiv – bei "Fridays for Future" oder in vielen kirchlichen und zivilgesellschaftlichen Initiativen. Wir brauchen dieses Engagement. Denn wir stehen am Scheidepunkt: Wir sind die erste Generation, die den Planeten an den Rand des Abgrunds führen kann – oder die einen Wandel zu Nachhaltigkeit schafft. Momentan verbraucht die Menschheit jedes Jahr die natürlichen Ressourcen von 1,7 Erden. Deswegen müssen wir radikal umdenken, in Politik, Wirtschaft und Konsum. Das ist übrigens auch Schwerpunkt meines neuen Buchs.
Junge Menschen zeitgemäß erreichen, begleiten und fördern
Fit für die digitale Arbeitswelt
Gesund groß werden im digitalen Zeitalter
Datensicher konferieren und von zu Hause arbeiten
Mehr Engagement vom Sofa aus
Hinterlassen Sie einen Kommentar zum Thema
Danke für Ihren Kommentar!
Ups...
Ein Fehler ist aufgetreten. Bitte laden Sie die Seite erneut und wiederholen Sie den Vorgang.
{{Reply.Name}} antwortet
{{Reply.Text}}