Nicht jedes Krankenhaus ist um jeden Preis zu retten
Im Krankenhausbereich werden uns in den kommenden Jahren starke Strukturveränderungen begleiten. Die katholischen Krankenhäuser, Träger und verbandliche Caritas werden die Marktbewegungen, Auswirkungen der gesundheitspolitischen Gesetzgebung, ungenügende Investitionsfinanzierung durch die Länder und die Krankenhausplanung der Länder in den Fokus nehmen müssen. Bereits in den Jahren 2018, 2019 und 2020 hat sich viel getan.
Entscheidungen, Vorgaben und Reglementierungen zum Beispiel zu Personalvorgaben durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) verschärfen den Druck. Hinzu kommen der Personalmangel und der demografische Wandel.
Die katholischen Kliniken und ihre Träger handeln. Es kommt zu Fusionen, Verkäufen, Kooperationen und vor allem zu Verbundbildungen. Hier einige aktuelle Beispiele, die insbesondere auch die fortschreitende Privatisierung aufzeigen sollen (siehe Tabelle rechts).
Einige Ordensgemeinschaften ziehen sich altersbedingt zurück und übergeben bevorzugt an andere katholische Träger. Die von den beiden Kölner Cellitinnen-Orden gegründeten Stiftungen wollen mit ihren Häusern zu einer Organisation verschmelzen. Die Alexianer GmbH springt der Dernbacher Gruppe bei und entwickelt intensivierte Kooperationen zu anderen Leistungsträgern der jeweiligen Regionen. Die Hamburger katholischen Kliniken sollen unter prioritär katholischem Dach veräußert werden, weil der Bischöfliche Stuhl in Hamburg nicht mehr Träger sein will.
Beiträge der Versicherten müssen dem Gemeinwohl dienen
Trotzdem zeigt sich das Gesundheitswesen anscheinend immer noch als attraktiver Markt für private Investoren. Sana, Asklepios und Fresenius mit den Helios-Kliniken und andere private Gruppen scheinen in den besseren Startpositionen für den Wandel zu sein: Die Artemed-Gruppe ist im katholischen Lager - insbesondere in Bayern - ein beliebter Partner. Auch das St. Elisabethen-Krankenhaus in Frankfurt am Main wurde nach der Insolvenz der Dernbacher Gruppe an Artemed übergeben. Ameos ist anfangs im Osten Deutschlands sehr präsent gewesen und weitet seinen Einfluss nun auch im Westen und Norden aus. Eine fortschreitende Privatisierung wird auch von der Politik zum Teil kritisch beobachtet. Krankenhäuser und Beiträge der Versicherten dürfen nicht in einer Gewinnmaximierung und maximalen Renditeabschöpfung münden. Die Beiträge der Versicherten müssen im System bleiben und dem Gemeinwohl dienen. Die Gemeinnützigkeit von Krankenhäusern ist für den Katholischen Krankenhausverband Deutschlands (kkvd), die katholischen Träger und andere gemeinnützige Verbände und Krankenhausträgern ein hohes Gut im deutschen Gesundheitswesen.
Es gibt natürlich auch viele Beispiele von Übernahmen und Zusammenschlüssen im katholischen oder ökumenischen Bereich. Der kirchliche Krankenhausverbund Niels-Stensen-Kliniken in Osnabrück übernahm zum Beispiel zum 1. Januar 2020 die private Paracelsus-Klinik Osnabrück. Die private ParacelsusGruppe war 2017 zahlungsunfähig geworden. In Flensburg soll bis 2026 ein neues Zentralkrankenhaus die beiden bestehenden Kliniken von Maltesern und Diako ersetzen. Die beiden Krankenhausträger wollen sich an der geplanten ökumenischen Betriebsgesellschaft jeweils zur Hälfte beteiligen.
Vorrang für katholische und ökumenische Zusammenschlüsse
Für den kkvd liegt die erste Priorität bei katholischen und ökumenischen Zusammenschlüssen. Allerdings hat das Bundeskartellamt ein entscheidendes Wort mitzureden und verbietet manch sinnvolle Zusammenschlüsse. Unverständlich ist dabei, dass zur Verbesserung der Versorgung und Qualität Fusionen und Kooperationen auch politisch gewollt sind, diese aber vom Bundeskartellamt blockiert werden können. Hier muss ein Umdenken in der Politik und beim Bundeskartellamt erfolgen. Es können Maßstäbe aus der freien Wirtschaft nicht einfach auf einen Bereich mit hohem öffentlichem Interesse übertragen werden.
Corona-Versorgung: hoher Anteil katholischer Häuser
Bei all den Strukturdiskussionen und laufenden Konzentrationsprozessen muss auch ein Blick auf den Beitrag der katholischen Krankenhäuser bei der Versorgung von Covid19-Patient(inn)en gerichtet werden. An der Bewältigung der ersten Welle von Corona-Erkrankungen haben auch katholische Krankenhäuser großen Anteil. Mit Hilfe der offiziellen Zahlen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und den gemeldeten Zahlen aus katholischen Einrichtungen lässt sich der Anteil der betreuten Intensivpatient(inn)en zusammenfassen. Damit wird deutlich, dass die Behandlung von intensivmedizinisch versorgten Patienten nicht nur durch Maximalversorger oder Universitätskliniken erfolgte (siehe Abbildung oben).
Während der Pandemie konnten und können wir uns auf eine gute, flexible und rasch handelnde Krankenhausstruktur verlassen. Die Kliniken unterschiedlicher Träger haben regional und überregional gut zusammengearbeitet und die Herausforderung angenommen. Die Bevölkerung hat Vertrauen in die Kliniken und die Versorgung der Patient(inn)en war gesichert. Nichtsdestotrotz wird und muss die Strukturdebatte weitergehen. In dem Beitrag von Michael Steiner auf S. 21ff. in diesem Heft wird deutlich, dass es andere Modelle zur Gestaltung der Versorgung gibt, die für Deutschland interessant und bedenkenswert sind. Corona wird uns noch einige Zeit beschäftigen. Nur gut, wenn eine Strukturdebatte politisch auch auf diese Erfahrungen zurückgreift und diese Gefahr im Blick hält. Selbstverständlich kann es nicht darum gehen, jedes Krankenhaus um jeden Preis zu retten. Aber genauer hinzuschauen, wie Versorgung in guten Kooperationen und regional abgestimmten Leistungsbereichen einzelner Kliniken gelingen kann, lohnt auf jeden Fall.
Endlich handeln!
Katholische Krankenhäuser: Garant in der Daseinsvorsorge
Übergeordnete Ziele ermöglichen bedarfsorientierte Spitalplanung
Ausbildung zeitgemäß gestaltet
Über Demokratie sprechen und sie erleben
Berater sind auch „nur“ Männer
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