Traumjob Hausmeister
Nathan Simon profitiert als Erster im Schwarzwald-Baar-Kreis vom Budget für Arbeit. Die Regelung ist ein Baustein des 2016 verabschiedeten Bundesteilhabegesetzes. Das soll Menschen mit Behinderung mehr Möglichkeiten schaffen, in der Mitte der Gesellschaft anzukommen. Dazu gehört auch eine verbesserte Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Beim Budget für Arbeit werden Arbeitgeber finanziell gefördert, durch ergänzende Assistenzleistungen können Angestellte wie Arbeitgeber mit Rat und Tat unterstützt werden.
„Super“, sagt Nathan Simon, wenn man ihn nach seinem neuen Job fragt. „Alles ist gut, ich habe Spaß mit den Kollegen.“ Der 23-Jährige mit geistiger und Sehbehinderung hat seinen Traumjob gefunden. In seiner Heimatgemeinde Brigachtal im Schwarzwald pflegt er seit knapp einem Jahr das äußere Erscheinungsbild des örtlichen Seniorenzentrums. Als Hausmeister befreit er die Wege von Schnee, von Staub und von Blättern. Unkraut jäten, Regenrinnen säubern, Fensterbretter wischen – all das gehört zu seinen Aufgaben.
Nathan Simon besuchte nach dem Abschluss in der sonderpädagogischen Karl-Wacker-Schule in Donaueschingen den Berufsbildungsbereich der Werkstätten der Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn. Zwei Jahre arbeitete er dort in unterschiedlichen Bereichen und kam zu dem Schluss, etwas im Freien tun zu wollen. Die Arbeit drinnen in der Werkstatt lag ihm nicht so, er blühte in der Landwirtschaft von Heiligenbronn auf. Die Eltern des jungen Mannes waren während der Zeit aktiv, suchten für ihn eine geeignete Stelle – und fanden sie vor Ort.
Der Wunsch: ein Arbeitsplatz im Freien
Im Herbst vergangenen Jahres absolvierte er ein Praktikum im Seniorenzentrum Brigachtal. Da es ihm gefiel, schloss sich ein sechsmonatiges Langzeitpraktikum an. Seit 1. Juni ist er fest angestellt bei der Inklusiv gGmbH. Die neunzigprozentige Tochter der Caritas mit ihren rund 30 Mitarbeiter(inne)n will seit 2010 Menschen mit Behinderung in den allgemeinen Arbeitsmarkt eingliedern. Zu den Dienstleistungs-Bereichen gehören neben dem Restaurant Fohrenhof eine IT-Werkstatt, das Housekeeping und der Hausmeisterdienst. Letzterer betreut mehrere Einrichtungen im Schwarzwald-Baar- Kreis. Für deren Leiter Heiner Murer war bereits während des Praktikums klar, dass für Nathan Simon einer Festanstellung bei der Inklusiv gGmbH nichts im Wege steht.
Was leicht klingt, war ein steiniger Weg. Zahlreiche Abstimmungsgespräche zwischen Stiftung, Eltern, Landratsamt, Agentur für Arbeit und Integrationsfachdienst waren notwendig. Job-Coach Andreas Kunz sorgt bei der Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn dafür, dass Menschen aus den Werkstätten in Betriebe außerhalb wechseln können. Er überlegte gemeinsam mit dem Leiter des Hausmeisterdienstes, wie Nathan Simon in der Wohnanlage eingesetzt werden kann und welche Unterstützung er benötigt. Andreas Kunz begleitete Nathan Simon anfangs regelmäßig zur Arbeit, zeigte ihm, wie er die Straße kehren muss, den Schnee räumen oder das Unkraut jäten.
Die Qualität muss stimmen
Heiner Murer arbeitet mit vier weiteren Mitarbeitern mit Behinderung zwar schon viele Jahre lang als Hausmeister. Jeder bringt eigene Fähigkeiten und körperliche Beeinträchtigungen mit, auf die er sich einstellen muss. Er ist begeistert von dem neuen Mitarbeiter: Nathan Simon sei hoch motiviert und überpünktlich. Er sei glücklich, dass der junge Mann hier im Team arbeiten dürfe. Klar sei die Einlern-Phase länger, jede Situation ein wenig anders. Darauf müsse sich Nathan Simon immer wieder einstellen, sich Arbeitsweisen zeigen lassen. „Wir setzen Menschen nicht unter Zeitdruck, doch die Qualität der Arbeit muss am Ende stimmen.“
Auch die Bewohner(innen) mögen den „Neuen“. Job-Coach Andreas Kunz rechnet damit, Nathan Simons Arbeitszeit allmählich steigern und seine monatlichen fünf Stunden Begleitung verringern zu können. Die Voraussetzungen dafür scheinen gut: War anfangs eine Halbtags-Beschäftigung angedacht, füllt er die Stelle inzwischen zu 75 Prozent aus. Daneben bleibt dem jungen Mann genügend Zeit für Krankengymnastik und Ergotherapie, Unternehmungen mit Kollegen und der Familie und eigene Freizeitbeschäftigungen.
Kunz gelingt es nicht häufig, Menschen aus den Werkstätten in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu vermitteln. Erst viermal ist ihm das in den vergangenen sieben Jahren geglückt. Er suche ständig nach Nischen bei Arbeitgebern in der Region. Freunde, Bekannte, Familie – alle müssten mit ins Boot geholt werden, um das passende Arbeitsfeld zu finden. Oft seien auch die Verkehrsanbindungen im ländlichen Raum ein Hindernis. Das Modell Budget für Arbeit eröffnet neue Möglichkeiten. Er sieht das als große Chance und hofft, noch mehr Nischen für seine Schützlinge aufzutun.
Budget für Arbeit
Ein Arbeitsplatz ist das A und O: Das Budget für Arbeit können Menschen beantragen, die in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung arbeiten oder das Recht hätten, dort zu arbeiten. Voraussetzung ist, dass sie einen Arbeitgeber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt finden, der sie einstellen möchte. Dieser Arbeitsplatz muss sozialversicherungspflichtig und tariflich oder üblich entlohnt sein.
Das Budget für Arbeit beinhaltet einen Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber sowie Anleitung und Begleitung des Angestellten am Arbeitsplatz, wie sie für die jeweiligen Behinderungen erforderlich sind. Die Leistungen des Budgets für Arbeit werden bei der Eingliederungshilfe beantragt. Diese erbringt die Leistungen gemeinsam mit dem Kommunalverband für Jugend und Soziales und dem Integrationsamt.
Weitere Informationen: www.familienratgeber.de/lebensphasen/bildung-arbeit/budget-arbeit.php
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