Mindestlohn kann kommen
Die Einigung der Pflegekommission vom 25. März 2010 ist ein Zeichen der Vernunft beim Einstiegslohn für Pflegehilfskräfte. Mit Blick auf die bevorstehende Arbeitnehmerfreizügigkeit in Europa ab Mai 2011 wird damit eine Lohnuntergrenze für die Pflegebranche verpflichtend. Der Mindestlohn wird auch für ausländische Unternehmen gelten, die Pflegeleistungen in Deutschland anbieten. In der Kommission waren die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die kommunalen und privaten Arbeitgeber sowie Mitglieder beider Seiten der AK von Diakonie und Caritas vertreten. Die einstimmige Empfehlung der Pflegekommission ist ein Stufenplan für die Mindestentgelte (siehe Tabelle).
Für wen Mindestlöhne gelten
Der Mindestlohn für die Altenpflege soll für Betriebe oder selbstständige Betriebsteile gelten, die überwiegend ambulante, teilstationäre oder stationäre Pflegeleistungen erbringen. Er soll für Arbeitnehmer(innen) gültig sein, die vor allem Grundpflegeleistungen (§ 14 Abs. 4 Nr. 1-3 SGB XI) erbringen, nicht jedoch für Auszubildende und Praktikant(inn)en, Hauswirtschaftskräfte und Demenzbetreuer(innen). In der Pflegebranche arbeiten 810.000 Menschen, davon 560.000 in der Grundpflege.
Das festgelegte Mindestentgelt soll für die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit zum 15. des Folgemonats fällig werden. Soweit die für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Arbeitszeit überschritten wird, wird eine Obergrenze von 300 Arbeitsstunden festgelegt. Einen Ausgleich soll es durch Entgeltzahlung oder Freizeitausgleich geben.
Die Obergrenze von 300 Arbeitsstunden soll nicht gelten, wenn der Ausgleich zum Ende eines Ausgleichszeitraums mit einer Länge von höchstens 16 Monaten schriftlich vereinbart ist, sowie für Wertguthaben des Altersteilzeitgesetzes (§§ 7b und 7e des SGB IV) oder bei einer im Hinblick auf den Schutz der Arbeitnehmer(innen) vergleichbaren ausländischen Regelung. Die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes sollen unberührt bleiben. Die Ansprüche auf das Mindestentgelt sollen verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwölf Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.
Die zuständige Aufsichtsbehörde zur Durchsetzung von Mindestarbeitsbedingungen ist der Zoll. Verstöße gegen das AEntG können als Ordnungswidrigkeit und mit einer Geldbuße bis zu 500.000 Euro geahndet werden.
Mit der Empfehlung endet die Arbeit der Kommission. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann nur die Verordnung mit dem vorgeschlagenen Inhalt für allgemeinverbindlich erklären. Vor Erlass wird die Verordnung im Bundesanzeiger bekanntgemacht, um den betroffenen Kreisen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die AK erwartet nun, dass die notwendige Rechtsverordnung zügig auf den Weg gebracht wird. Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, dass sie über neue Mindestlöhne einvernehmlich im Kabinett entscheidet. Das Fazit der Arbeit in der Pflegekommission: Es lohnt sich, arbeitsrechtliche Bedingungen unter Einbeziehung des Dritten Weges zu regeln. Die AK wird auch künftig als Politikberater aktiv auftreten.
Die Caritas zahlt deutlich über dem Mindestlohn. Eine ungelernte Pflegehilfskraft erhält bei einer 40-Stunden-Woche in den Einrichtungen und Diensten der Caritas mindestens zehn Euro (West) und 9,35 Euro (Ost), zusätzlich Kinderzulage, Weihnachts- und Urlaubsgeld, zwischen 26 und 30 Tagen Urlaub, Stufenaufstiege sowie eine zusätzliche Altersversorgung. Sorge bereitet der Caritas, dass der Mindestlohn künftig zur Orientierungsmarke für die Kostenübernahme durch die Kranken- und Pflegekassen werden könnte.