Verhandeln in digitalen Formaten
Die zunehmende Digitalisierung in allen Lebensbereichen betrifft auch die Art und Weise, wie wir im unternehmerischen Kontext miteinander arbeiten. Für die Entgeltverhandler:innen in der Sozialwirtschaft bedeutet dies, dass die Kommunikation mit den Kostenträgern überwiegend online stattfindet. Gerade im stationären Bereich, wo Gespräche über die Preise mit den Vertreter:innen der Kassen und der Sozialhilfeträger früher vor Ort in den Einrichtungen üblich waren, sind die Verhandlungstermine mehr und mehr in den digitalen Raum verlagert worden. Unumgänglich während der Coronapandemie, ist dies mittlerweile vielerorts die gängige Praxis. Ganz aktuell gibt es im Rahmen der Überlegungen, wie sich Pflegesatzvereinbarungen vereinfachen und beschleunigen lassen, einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, der ein Modellprojekt für Verhandlungen per Video vorsieht.1
Das sind gute Gründe, um sich auch im Bundesarbeitskreis für Pflegesatz- und Entgeltfragen des Deutschen Caritasverbandes (DCV) mit dieser Thematik zu beschäftigen. Bei seiner Sitzung im Dezember 2024 als externer Experte zugeschaltet war Thorsten Hofmann, Lehrbeauftragter für Verhandlungsführung und -psychologie an der Quadriga-Hochschule in Berlin. In einem Impulsvortrag machte er deutlich, welche große Herausforderung die digitale Kommunikation eigentlich darstellt. An vielen Stellen wird dies unterschätzt. Gerade bei Verhandlungssituationen über Videoformate sind die visuellen Eindrücke, die unser Gehirn zu verarbeiten hat, um ein Vielfaches anspruchsvoller als bei den gleichen Gesprächen in Präsenz. Das Bewusstsein dafür und das Sich-Besinnen auf Grundregeln für Verhandlungen sind wichtige Voraussetzungen für ein erfolgreiches Gespräch. Hier ein paar Tipps aus der Präsentation:
◆ Eine gute Vorbereitung ist das A und O. Dazu gehört auch, sich frühzeitig mit den technischen Rahmenbedingungen für das Gespräch auseinanderzusetzen (wie genau funktionieren Kamera und Mikrofon, reicht die WLAN-Qualität beziehungsweise der Empfang etc.).
◆ Eine klare Rollenverteilung und interne Absprachen im Vorfeld sind unbedingt notwendig, wenn Kolleg:innen als Team verhandeln.
◆ Klären Sie zu Beginn der Videokonferenz mit den Gesprächspartnern neben einer detaillierten Tagesordnung auch den organisatorischen Rahmen ab (Kamera an oder aus, wer moderiert, wie meldet man sich zu Wort etc.).
◆ Kein Multitasking! Konzentrieren Sie sich auf das Gesagte und vermeiden Sie es, nebenher andere Dinge zu tun, wie zum Beispiel E-Mails zu checken.
◆ Achten Sie auf die Kameraposition: Ihre Hände sollten dezent mit im Bild sein, damit Grundgesten zu erkennen sind. Erklären Sie kurz Dinge, die für die Teilnehmenden nicht klar ersichtlich sind (zum Beispiel, wenn eine in Ihr Büro kommende Person Sie kurz abgelenkt hat).
◆ Reduzieren Sie Ihre Wortbeiträge und vermeiden Sie verschachtelte Sätze. Stellen Sie nicht mehr als eine Frage gleichzeitig, und blenden Sie bei Präsentationen die Bullet-Points unbedingt einzeln ein.
Unabhängig vom Setting der Gesprächssituation gilt, dass das Ziel der Verhandlung nicht aus dem Blick geraten darf. Geschickte Fragestellungen dienen der Analyse des Gegenübers. Nur wer mitbekommt, welche Bedürfnisse und Interessen in der Diskussion verfolgt werden, kann die "rote Linie" des Verhandlungspartners erkennen und mit den eigenen Positionen abgleichen.
Geht es nicht mehr nur um Sachthemen, sondern muss an der Beziehungsebene gearbeitet werden, empfiehlt es sich, zumindest die Option eines Treffens in Präsenz stets offenzuhalten und es gegebenenfalls auch einzufordern.
1. Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Pflegekompetenz, Download per Kurzlink: https://tinyurl.com/nc2025-4U