Beratung im Upgrade-Modus
Die Beratung zu sozialen Problemlagen wird immer mehr digital unterstützt.Adobe Stock/BullRun
Frau L. wendet sich an die Caritas. Sie ist verzweifelt, fühlt sich hilflos und weiß nicht mehr weiter. Die 36-Jährige hat sich vor kurzer Zeit vom Vater ihrer Tochter getrennt und ist nun von einem anderen Mann in der siebten Woche schwanger. Tausend Fragen schwirren durch ihren Kopf. Sie braucht Hilfe bei rechtlichen Angelegenheiten, Ratschläge zu verfügbaren finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten und Orientierung, wie es jetzt weitergehen kann.
Zusammenhang zwischen individuellen Fällen
Was hat dieses hypothetische Fallbeispiel mit dem Projekt CariData zu tun? Das Ziel von CariData ist es, Ratsuchenden das bestmögliche Beratungsangebot zu bieten. Durch ein solides Datenfundament sollen politische Rahmenbedingungen beeinflusst werden. Auch, um die Lebensbedingungen von Frau L. zu verbessern. Was man für schlagkräftige Argumentationen immer benötigt, sind konkrete, mit Daten belegte Fakten, deren Inhalt nicht vom Tisch gefegt werden kann. Denn: Gut visualisierte Daten sind eingängig, fundiert und haben ein starkes Gewicht, zum Beispiel bei Haushaltsverhandlungen der Ministerien, bei der Mittelverteilung oder bei der politischen Lobby- und Pressearbeit.
Daten können außerdem ein wirksames Mittel sein, um das Beratungsangebot selbst zu optimieren. Mit ihnen können anhand verschiedener Analysetools, unterschiedliche Erkenntnisse aus verschiedenen Perspektiven gewonnen werden.
Kreislauf der Daten: Von der Erhebung zur Auswertung
Die Arbeit mit den Daten beginnt mit der Datenerhebung. Im Fall von Frau L. also dann, wenn sie in die örtliche (Schwangerschafts-)Beratungsstelle kommt. Bei der Terminvergabe gibt die Klientin Daten zu ihrem Wohnsitz, ihrem Alter, zu ihren Lebensumständen und ihrem Anliegen an. Auch die konkret gebotenen Hilfeangebote und die Evaluation der Zufriedenheit mit ihrem Berater oder ihrer Beraterin sind Daten und damit eine wertvolle Ressource.
Die Arbeit mit solchen Daten ist keine Einbahnstraße, sondern ein Kreislauf. Die Informationen, die in den Beratungsstellen erhoben werden, finden ihren Weg in der Datenauswertung auch dorthin wieder zurück. Die Beratenden können sich mit Hilfe der Analyseergebnisse aus ihrer Beratungsstelle besser auf Besonderheiten, etwa auf häufige oder zunehmende Fallkonstellationen einstellen. Die Ratsuchenden erleben so eine Verbesserung der Beratungsleistung.
Das spannt einen Bogen zwischen dem Hilfebedarf von Frau L. und den politischen Rahmenbedingungen, die ihre Lebensumstände entscheidend mitprägen. Ziel ist es, neben der Steigerung der Beratungsqualität auch gesellschaftliche Problemlagen zu identifizieren und sichtbar zu machen. Darüber hinaus sollen die politischen Rahmenbedingungen für die Beratung verbessert werden, um die Lebensbedingungen der Ratsuchenden zu optimieren.
Projektziele und aktuelle Fokussierung
Für diese Ziele hat das Projekt vier Jahre Zeit: CariData startete 2023 und endet 2026. Aktuell liegt der Fokus auf der Erhebung und Analyse der statistischen Daten aus 260 Beratungsstellen der katholischen Schwangerschaftsberatung. Erhoben werden Daten etwa zu den Lebensumständen, zu Familienstand und Kinderzahl der rund 100.000 Personen, die jährlich in die Schwangerschaftsberatung kommen. Das Projekt erfolgt in enger Zusammenarbeit mit der zentralen Fachstelle für Schwangerschaftsberatung beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF Gesamtverein).
Im nächsten Schritt soll eine technische und organisatorische Lösung geschaffen werden, um Daten aus den Einrichtungen einzusammeln, zusammenzuführen und Auswertungen auf allen Ebenen - also auch für die Beratenden selbst - zur Verfügung zu stellen. Diese Lösung soll so gestaltet sein, dass sie möglichst einfach und flächendeckend zum Einsatz kommen kann. Erkenntnisse aus dem Entwicklungsprozess sollen zudem auf andere Bereiche übertragen werden.
Verbesserung der Datenqualität und Nutzung
CariData zielt somit darauf ab, die Arbeit mit Daten insgesamt zu verbessern. Damit das gelingt, muss die Qualität der Daten stimmen. Diese hängt von der Erhebung und damit von den Beratenden ab. Die Erfassung der Daten, beispielsweise von Frau L., sollte detailliert und vollständig erfolgen.
Das Verfahren muss außerdem im Arbeitsalltag integriert und von den Beratenden als sinnvoll anerkannt werden. Idealerweise ist die Datenerfassung ein Hilfsmittel und wird nicht als zusätzliche Arbeit erlebt. Die Daten sollten aktuell sein und den Beratenden möglichst zeitnah mit entsprechenden Auswertungen zur Verfügung stehen. Nicht minder wichtig ist, dass alle Akteur:innen wissen, wo die Datenauswertungen zu finden sind und dass diese verständlich sind. Die enthaltenden Informationen müssen zudem für sie nutzwertig und in Maßnahmen übersetzbar sein.
Ausblick auf 2027
Springen wir ins Jahr 2027: CariData soll als Projekt bis dahin erfolgreich abgeschlossen sein. Akteure der Bundesebene, Diözesanreferent:innen und Beratende aus jeder einzelnen Beratungsstelle sollen auf Wunsch zeitnah umfangreiche Jahresvergleiche erhalten, woraus sie Trends und Entwicklungen ablesen können, etwa eine steigende Nachfrage zu bestimmten Hilfethemen.
Der jeweilige Träger und jede einzelne Beratungsstelle wird direkt reagieren können, indem ihre Mitarbeitenden zu stark nachgefragten Bereichen aus- und weitergebildet oder bei der Personalplanung ein Augenmerk auf die relevanten Fähigkeiten gesetzt wird. Jede einzelne Beratungsstelle wird ihre Beratungstätigkeiten analysieren und mit der Bundesauswertung vergleichen können. Träger werden bei städtischen Mittelverhandlungen ihren Bedarf konkretisieren und bei Haushaltsverhandlungen Gelder fordern können, was zum Beispiel Weiterbildungen refinanzieren oder eine Personalaufstockung ermöglichen wird. Die Politik würde damit konkret Verantwortung für die Bedarfe der Hilfesuchenden in der Stadt übernehmen.
Schlussfolgerung: Daten für bessere Beratung und Politik
Vor allem dieser Ausblick zeigt, wie wichtig es ist, alle Ebenen bei der Entwicklung der Datenprodukte mitzudenken. Die Beratenden machen hierbei den Anfang. Sie müssen spüren, dass die von ihnen erhobenen Daten genutzt werden, um die Beratungsangebote zu verbessern, ihre eigene Fort- und Weiterbildung zu fördern und die politischen Rahmenbedingungen an die konkreten Bedarfe anzupassen.
Kontakt zu CariData
Bei Fragen und Anregungen steht das Team von CariData im Deutschen Caritasverband zur Verfügung:
Georg Förster, Referent beim Deutschen Caritasverband, Berlin
Mail: georg.foerster@caritas.de
Marion Hellebrandt, Referentin beim Deutschen Caritasverband, Berlin
Mail: marion.hellebrandt@caritas.de