Zum Verbrauch von Stiftungsvermögen
Im Sauerland wurde Wasser stets in vielfacher Form direkt genutzt. Es diente als Trinkwasser, zur Energiegewinnung, für schiffbare Teile der Flüsse oder für die Landwirtschaft. Im Zuge der Industrialisierung wollte man aber nicht von dem schwankenden Wasseraufkommen je nach Jahreszeit oder Wetter abhängig sein. Dies passte nicht zu den Bedürfnissen einer wachsenden, arbeitsteiligen Gesellschaft. Stabilität im Wasserhaushalt und der Schutz der Anrainer hatten bei der Konzeption des Talsperrensystems Vorrang. Hierfür war eine Gemeinschaftsanstrengung von Staat, Versorgungsunternehmen und Bürgern erforderlich. Bis heute funktioniert dieser Wasserhaushalt.
Stiftungsbeträge sind nicht unantastbar
Wenn die Begriffe "Talsperren" durch "Stiftungsvermögen" und "Wassernachschub" durch "Erträge auf dieses Vermögen" ersetzt werden, dann wird klar: Es ist ein verwandtes Konzept. Auch wenn im Umgang mit Geld Naturgesetze keine Rolle spielen, so empfinden wir, dass es für Vermögen eine Verzinsung zu geben hat, beinah als Naturgesetz und das Ausbleiben von Erträgen als Naturkatastrophe. In einer solchen Phase leben und handeln wir heute, weshalb sich die Frage stellt: Was nun?
Die Lösung liegt nahe: Ausgehend vom Wirkungsinteresse des Stifters/der Stifterin sollten Wege beschritten werden, die Wirkung mit allen Mitteln der Stiftung zu erreichen. Wir müssen uns gedanklich davon verabschieden, dass Stiftungen nur aus Erträgen ihren Zweck verfolgen sollen. In einer Ausnahmesituation wie heute, was die Renditen betrifft, müssen wir auch akzeptieren, dass die ewige Festlegung des Stiftungsvermögens als unantastbarer Betrag weit vom zukunftssichernden Pfad wegführt.
Stiftungsvermögen sind Ergebnis von Überschuss
Darf also dem grundsätzlich zulässigen Verbrauch von Stiftungsmitteln zugestimmt und damit die Reduzierung des Vermögens auch aus der Nichtrückzahlung von Investitionen in Kauf genommen werden? Oder ist eine Nichtrückzahlung von zweckgerecht eingesetzten Mitteln nur als ein Verlust zu bewerten? Mein Standpunkt ist es, den ökonomischen Verlust an der Wirkung als einer zweckorientierten sozialen Wertigkeit zu messen. Warum?
Stiftungsvermögen sind letztlich das Ergebnis gesamtwirtschaftlicher Überschüsse, die die wirtschaftenden Subjekte weder in ihrer eigenen Tätigkeit noch in ihrem Konsum verwenden können. Deshalb sind sie ja entscheidend für nicht ökonomisch erwirtschaftbare, gesellschaftliche Förderung von Bildung, Kunst, Kultur, Gemeinschaftspflege ebenso wie von Experimentierfeldern der Wissenschaft. Wenn nun das Risiko eingegangen wird, aus dem Stiftungsvermögen in diese Felder zu investieren, fehlen selbstverständlich auch adäquate Renditen beziehungsweise kann das Geld eventuell nicht ganz zurückgezahlt werden. Aber adäquate Renditen fehlen heute sowieso auch in ziemlich schäbigen Investments! Die wesentliche Frage ist doch, kann ein vorsichtiger, aber doch gelegentlich verbrauchender Umgang mit Stiftungsvermögen gerade in Zeiten von Zinslosigkeit und anderen Restriktionen, wie zum Beispiel den vielerorts festzustellenden Haushaltssperren öffentlicher Institutionen, besondere Impulse setzen?
Zuversicht statt Angst
Kommen wir zurück zu den Talsperren. Wenn alles trockenfällt, weil Regen ausbleibt, und wenn durch Wassernutzung aus dem Talsperrenbestand zum Beispiel die Landwirtschaft trotzdem zu gut bestellten Feldern und guten Ernten führt, dann verdorrt das Land in der Trockenzeit nicht. Dafür und genau dafür sind Vorsorgesysteme gedacht, auch Stiftungsvermögen: dass sie antizyklisch leistungsfähig sind. Wir sollten unsere Angst überwinden, angehäufte Vermögen zu verlieren und mehr die Zuversicht gewinnen, dass zukünftige Generationen aus den Impulsen von heute etwas machen wollen. (Mehr zum Thema folgt in Heft 4/2018.)
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