Die Frauenquote kommt
Kaum ein geschlechterpolitisches Anliegen der vergangenen Jahre hat für so kontroverse öffentliche Debatten gesorgt wie die Einführung einer Frauenquote. Nun ist klar: Die Quote kommt - den
entsprechenden Kabinettsbeschluss1 stellten Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig und Bundesjustizminister Heiko Maas auf einer gemeinsamen Pressekonferenz im Dezember 2014 in Berlin vor.
Im Bereich der Privatwirtschaft müssen Unternehmen, die sowohl börsennotiert sind als auch der paritätischen Mitbestimmung unterliegen - deren Aufsichtsräte also jeweils zur Hälfte mit Arbeitnehmer- und Aktionärsvertreter(inne)n besetzt sind -, künftig eine feste Quote erfüllen: Ab 2016 ist bei Neubesetzungen der Aufsichtsgremien sukzessive eine Geschlechterquote von 30 Prozent umzusetzen, die sich auf Frauen und Männer gleichermaßen bezieht. Dabei gilt das Prinzip des "leeren Stuhls": Bei quotenwidriger Wahl bleiben diese Sitze unbesetzt. Diese Regelung betrifft derzeit gut 100 Unternehmen.
Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmungspflichtig sind (derzeit circa 3500), müssen keine feste Quote einhalten, sich für ihre Aufsichtsräte, Vorstände und oberste Management-Ebenen jedoch Zielgrößen setzen und über deren Erreichung öffentlich berichten. Hier gilt ein Verschlechterungsverbot: Bis auch hier ein Frauenanteil von 30 Prozent erreicht ist, darf die Zielgröße nicht niedriger angesetzt werden als der jeweilige Ist-Zustand.
Für den Bereich des öffentlichen Dienstes sind Novellierungen des Bundesgremienbesetzungsgesetzes sowie des Bundesgleichstellungsgesetzes vorgesehen: Analog zu den Regelungen für die Privatwirtschaft gilt ab 2016 für Aufsichtsgremien, in denen dem Bund mindestens drei Sitze zustehen, eine Geschlechterquote von 30 Prozent bei Neubesetzung dieser Sitze. Ab 2018 soll diese Quote auf 50 Prozent erhöht werden. Weitere wesentliche Gremien mit Bundesbeteiligung werden darüber hinaus ebenfalls zur Festlegung von Zielgrößen verpflichtet. Beide Vorgaben gelten dabei nur für die Plätze, über deren Besetzung der Bund bestimmen kann. Auch die Bundesverwaltung muss zukünftig konkrete Zielvorgaben für ihre Führungsebenen festlegen und einen jährlichen Gleichstellungsindex erstellen.
Das Gesetz reicht nicht weit
Mit dem nun vorliegenden Gesetz werden also erstmalig feste Zielgrößen für das Geschlechterverhältnis auf Führungsebenen definiert. Diese sind jedoch weniger weitreichend, als von vielen erhofft: Weder werden hier die Vorstandsebenen großer börsennotierter Unternehmen in den Blick genommen noch ist das Nichterreichen der festzulegenden Zielgrößen mit ernsthaften Konsequenzen verbunden. Auch wird keine echte Geschlechterparität von 50 Prozent angestrebt.
Die Chance, die die Quotenregelung dennoch für eine Erhöhung der Geschlechtergerechtigkeit in Wirtschaft und Verwaltung bereithält, liegt vor allem in zwei Punkten begründet: Die Pflicht, den Stand der Gleichstellungsbemühungen zu erheben und zu veröffentlichen, kann zum einen dem Anliegen der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu einem festen Platz in der operativen Planung von Unternehmen und Behörden verhelfen. Studien zeigen zum anderen, dass Quotierungen ein wichtiges Hilfsmittel sein können, um einen Wandel in der Unternehmenskultur anzustoßen, der das eigentliche Ziel aller Anstrengungen zur Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Arbeitsleben sein sollte. Der Deutsche Caritasverband hat hierzu von 2012 bis 2014 mit dem Projekt "Gleichgestellt in Führung gehen"2 erste Maßnahmen erprobt. Eine Geschlechterquote, die die 11. Delegiertenversammlung des DCV im Jahr 2011 zur Erhöhung des Frauenanteils in Vorständen, Geschäftsführungen und Aufsichtsgremien empfohlen hatte, wird in den Verbänden und Unternehmen der Caritas zurzeit noch diskutiert.
Anmerkungen
1. Siehe www.bmjv.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2014/20141211-Frauenquote.html
2. www.caritas.de/frauen_in_fuehrung
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