Gesunde Führung setzt auf Vertrauen und Dialog
Gesunde Mitarbeitende haben enormen Anteil am Erfolg eines Unternehmens, sagen vielfältige Studien - und gesunde Mitarbeitende sind vor allem in mitarbeiterorientiert geführten Unternehmen zu finden. Dies betrifft soziale Organisationen ebenso wie Wirtschaftsunternehmen. In Bezug auf bestimmte Erkrankungen wie Depressionen und Burnout liegt der Dienstleistungsbereich allerdings weit vor den Wirtschaftsbetrieben.1
Ganz unabhängig von der Art der Unternehmensführung haben Mitarbeiter(innen) auch in der Caritas heutzutage einen Alltag zu bewältigen, der von hoher Komplexität und Dynamik gekennzeichnet ist. Ein umfassendes Gesundheitsmanagement berücksichtigt diese Komplexität und braucht einen Steuerkreis, an dem Vertreter(innen) der gesamten Organisation hierarchieübergreifend beteiligt sind.
Zukunftsentscheidend sind neue Sichtweisen und Haltungen, um gesundheitsfördernde Konzepte in den sozialen Betrieben der Caritas nachhaltig einzuführen und weiterzuentwickeln.2
Sechs Tipps für salutogenes Führungsverhalten
Ökonomie und Wohlfahrt als Einheit
Ökonomie ist die intelligente Kombination von Produktionsfaktoren zur Erzeugung eines Mehrwertes. Der sinnvollste Mehrwert für Menschen kann nur menschliche Wohlfahrt sein. Folglich ist die Anhäufung von monetären Mitteln nicht wirklich ökonomisch. Wenn man den Menschen ernst nimmt, man Wohlfahrt mehrt und Wirtschaften so gestaltet, dass der Mensch darin sinnvoll leben kann, dann hebt sich der oft erlebte Gegensatz zwischen dem Verständnis für Ökonomie und für den Menschen auf.3
Sinngebung als Gesundheitsaspekt
Häufig wird unter Gesundheit maximal die körperliche, seelische und soziale Gesundheit verstanden. Ganz wesentlich ist allerdings auch die sogenannte existenzielle oder sinngebende Gesundheit, die als vierte Dimension hinzukommt. Wenn Menschen in ihrem Leben und ihrer Tätigkeit ein Kohärenzgefühl und damit Sinn erleben, ist die gesunde Widerstandskraft und die Leistungsbereitschaft am höchsten.4
Umdenken im Generationen-Dialog
Hier geht es um den demografischen Wandel nicht im Sinne einer Steuerung neu einzustellender Mitarbeiter(innen), sondern um das Ermöglichen eines Dialogs zwischen verschiedenen Altersgruppen. Junge und kompetente Mitarbeitende sind allmählich Mangelware. Sie werden oft mit besonders guten Angeboten und Privilegien gelockt, so dass sie im Gegenzug zu extremen Hochleistungen und Selbstausbeutung bereit sind. Wenn sie dann in einen Dialog mit der älteren Generation treten und hören, wie es zum Beispiel dem 25 Jahre älteren Kollegen geht, der dasselbe bereits hinter sich hat, dann kann das Umdenken zu einer gesünderen Arbeitsorganisation früher in der Berufsbiografie beginnen. Führungskräfte müssen diesen Dialog ermöglichen und in Gang bringen.
Metaprofessionalität erwerben
Konfrontiert mit der (neuen) Unübersichtlichkeit komplexer Aufgaben, gehen viele Fachkräfte zu sehr ins Detail und verengen den Horizont, anstatt sich einen Überblick zu verschaffen, das Wesentliche zu erfassen und das Angemessene zu tun. Hier braucht es eine neue Art von Professionalität, die in verschiedenen und schnell wechselnden Rollen ausgelebt werden kann. Es muss zum Beispiel möglich sein, dass sich Mitarbeiter(innen) nicht nur auf ihr Fach zurückziehen, sondern bei Bedarf andere Rollen übernehmen können. Dafür brauchen sie die Fähigkeit zu sehen, was nun im Unternehmenssinn erforderlich ist. Diese Kompetenz wird von Bernd Schmid die neue Metaprofessionalität genannt, die in der Aus- bildung oder im Studium bislang noch nicht vermittelt wird.5 Hier braucht es Führungskräfte, die Mitarbeitende darin unterstützen, wieder auf das große Ganze zu schauen und den dann sinnvollen Beitrag zu leisten.
Partizipation am Ganzen
Mitarbeitende, vor allem Vertreter(innen) der sogenannten "Generation Y"6, sind in einem Drei-Welten-Modell zu verstehen: mit ihrer Privatheit, ihrer Profession und ihrer Tätigkeit im Unternehmen. Erkrankungen, die nicht primär durch das Unternehmen, sondern auch lebensstilbedingt sind, dürfen in einer angemessenen Form einbezogen werden. Und zwar nicht im Sinne von Kontrolle, sondern im Sinne von "Mir liegt an Ihnen". Es ist nicht unbedingt die Dichte der Arbeit, welche zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führt, sondern die erlebte Ohnmacht in der Ausgestaltung, mangelndes Verstehen der Gesamtsituation und eine individuelle Perspektivlosigkeit.
Mit einem sogenannten "Passungsdialog" kann die Führungskraft die Mitarbeitenden gegebenenfalls aus zu engen oder wenig produktiven Nischen herausholen. Bei diesem Dialog geht es darum, das Können und die Fähigkeiten der Mitarbeiter(innen) mit dem Bedarf der Organisation abzugleichen.
Kulturverantwortung
Wir sind nicht als Konkurrent(inn)en unterwegs, sondern als Menschen, die gemeinsam Entwicklungen voranbringen. Oft gibt es eine Personalentwicklung, eine Personalabteilung, eine Betriebsärztin/ einen Betriebsarzt oder eine Mitarbeitervertretung, die wenig miteinander zu tun und unterschiedliche Lebensauffassungen haben. Hier leistet gesunde Führung die Integration dieser unterschiedlichen Bereiche mit Blick auf ein gemeinsames Ziel. Zu schnell fokussieren Führungskräfte auf sogenannte "schwierige Mitarbeiter(innen)". Man denkt daran, Uneinsichtige über Disziplinierung zu integrieren. Besser ist es, die Aufmerksamkeit auf die Kooperativen zu setzen, deren Wirken im Unternehmen zu mehren und damit alle anzusprechen. Es geht hier nicht um Basisdemokratie, sondern um eine Dialogkultur, in der jeder sinnvollerweise weiß, wer mit wem über was spricht.
Führungskräfte gestalten das Miteinander
Gesunde Führung bedeutet heute mehr Miteinander und erfordert eine Kultur des Dialogs, die Vertrauen und Verlässlichkeit voraussetzt. Die Führungskraft ist nicht mehr als Gesundheitsförderer unterwegs, der (nur) den Mitarbeiter im Blick hat. Sie ist vielmehr eine Kulturschaffende, die das gesamte Miteinander gestaltet. Dieses Miteinander sollte von positiven Ritualen und einem Klima der wechselseitigen Fürsorge geprägt sein. Die Wechselwirkung des privaten Lebens mit den beruflichen Tätigkeiten darf einbezogen werden. Es braucht den ernsthaften Dialog zwischen Unternehmensvertreter(inne)n und Mitarbeitenden. Nur wenn beide Seien profitieren, entsteht höchste Zufriedenheit. Dafür braucht es dialogorientierte und kulturschaffende Führungskräfte in der oft zentrifugal ausgerichteten Arbeitswelt.
Anmerkungen
1. Die Fortbildungs-Akademie der Caritas bietet einen Kurs für Führungskräfte zu "Gesunde Führung - Gesundes Unternehmen" in drei Blöcken an.?Der erste Block findet vom 7. bis 9. Juli statt (www.fak-caritas.de).
2. Vgl. Jürgen Lempert-Horstkotte, Vortrag "Arbeitswelten als Quelle von Gesundheit gestalten", DGSv Köln 2013.
3. Schmid, Bernd; Veith, Thorsten: Im Spannungsfeld von Unternehmenskultur, Bildung und Gesundheit (www.perspektive-blau.de).
4. Lauterbach, Matthias: Einführung in das systemische Gesundheitscoaching. Heidelberg:?Carl-Auer, 2008.
5. Schmid, Bernd, a.a.O.
6. Die "Generation Y" wird in der Regel mit den Jahrgängen von 1980 bis etwa 1995 assoziiert.
Keine Entwarnung
Aufsichtsräte brauchen Rückgrat
Gut geführt ist halb gewonnen
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