Im Fuchs-Gang durch den Wald
Ein Kind steht mit verbundenen Augen mitten im Wald. Der Wind ist kalt, der Boden nass vom letzten Regenguss. Die Luft riecht fremd und streng nach Wald und feuchtem Laub. Das Kind nimmt all dies intensiv wahr, kann dem aber kaum Beachtung schenken. Es traut sich nur flach und leise zu atmen, ist unter höchster Anspannung, lauscht konzentriert ins Dunkel. Ein anderes Kind steht in der Nähe. Wackelig, auf einem Bein und mit angewinkelten Knien, bemüht es sich angestrengt, den schwebenden Fuß geräuschlos vor den anderen zu setzen. Nur noch wenige Schritte, dann hat es den Baumstumpf erreicht - und kann sich endlich das "Caritas-Bonbon" erbeuten.
Die Wildnispädagogik des Caritasverbandes Westeifel ist für die Kinder ein Riesenspaß, der allerdings einen ersten Hintergrund hat: Es geht um Suchtprävention und darum, Kinder stark zu machen. Das oben geschilderte Szenario beschreibt die Übung "Hungrige Bären und schlafende Bienen", mit dem ein Waldspaziergang zum Abenteuererlebnis wird und wesentliche Elemente der Wildnispädagogik spielerisch erfahren werden. Zum Beispiel erlernen Kinder und Jugendliche den Fuchs-Gang (Fox-Walk), um sich möglichst geräuschlos im Wald zu bewegen. Dabei üben sie das bewusste Wahrnehmen von Gerüchen und Geräuschen der Natur, das mit verbundenen Augen viel einfacher funktioniert.
Smartphone ist tabu
Die Wildnispädagogik spielt seit 2015 eine wichtige Rolle im Rahmen der Suchtprävention und Spielsuchtpräventionsarbeit. Mit diesem Angebot schulen die Betreuer Kinder und Jugendliche, damit sie achtsam gegenüber sich selbst und der Natur werden. Sie fördern sie spielerisch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und helfen ihnen dabei, ein starkes Selbstbewusstsein zu entwickeln, damit sie gegen Suchtgefahren besser geschützt sind. Das Erleben der Gemeinschaft in Wildniscamps, mit der gemeinsam das Leben draußen bewältigt wird, fördert den Glauben an Selbstwirksamkeit, Selbstwert, an die eigene Konfliktfähigkeit und gibt Geborgenheit. Die Begleitung durch pädagogisch geschulte Erwachsene ermöglicht Orientierung und lässt Raum für angemessenes Kind-Sein. Darüber hinaus werden Gesundheit und Lebenskompetenz gefördert. Der Erfahrungsraum in Wildniscamps ohne jedes Suchtmittel - auch Smartphones oder Tablets sind verboten - bietet zudem eine gute Alternative, seine Freizeit zu gestalten.
Positive Rückmeldungen
Besonders Kinder aus suchtbelasteten Familien profitieren von der Wildnispädagogik. Seit dem Start der Angebote vor drei Jahren haben bereits mehrere Hundert Kinder und Jugendliche, darunter auch Geflüchtete, Wildnis hautnah erlebt. Die Angebote sind sehr erfolgreich. Die Wildnispädagogen bekommen viele positive Rückmeldungen von den Schulen, von den Kindern und Multiplikatoren. Da das Angebot so gut ankommt, bietet die Caritas Westeifel dieses Jahr nicht nur neue Erlebniscamps für Schulen an, sondern lädt erstmals in Kooperation mit anderen Trägern Multiplikatoren zu einer 14-tägigen Fortbildung ein.
Wiili Bauer/Franz Urfels