Familienarmut: Was tut Berlin?
"Bildung gegen Armut? Was tut das Land Berlin?" - zu diesen Fragestellungen hatten Caritasdirektorin Ulrike Kostka und Christian Thomes, Leiter der Gesundheits- und Sozialpolitik zur Diskussion eingeladen. Scheeres baute die Brücke zum Thema auf eine persönliche Art und Weise. Sie berichtete, dass sie selbst in Armut aufgewachsen und ihre Mutter alleinerziehend gewesen sei - das habe sie allerdings auch gestärkt. "Ich weiß, was es bedeutet, wenn die Mutter kein Geld hat", sagte sie. "Ich bin in einer 45-Quadratmeter-Kellerwohnung groß geworden." Später habe sie in sozialen Brennpunkten gearbeitet und wüsste, was es für Bildungsbiographien von Menschen bedeute, in Armut aufzuwachsen. "Wir vom Staat müssen alles dafür tun, damit Kinder und Jugendliche keine Hürden beim Zugang zu Bildungsangeboten überwinden müssen. Sie müssen ohnehin schon viel mehr leisten als andere, weil sie zu Hause weniger Unterstützung haben."
Die Diskussion zwischen Scheeres, Kostka und Thomes beschäftigte sich auch mit neuen Wegen der Anerkennung für Schulkinder. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob es für Kinder nicht eine überlegenswerte Idee wäre, in Zeugnissen die Schulnoten durch schriftliche Bewertungen zu ersetzen. Scheeres sprach sich dagegen aus, nur mit Beschreibungen zu arbeiten. Ihrer Auffassung nach wollten die meisten Eltern - und auch Kinder - eher beim Notensystem bleiben, weil es leichter zu verstehen sei. Im weiteren Gesprächsverlauf ging es unter anderem um die Frage, wie man Familien und Kindern ganz praktisch unter die Arme greifen kann. Dazu wurden verschiedene sozialpolitische Ansätze diskutiert, wie etwa der CDU-Vorschlag einer verpflichtenden Sommerschule für Kinder mit Nachholbedarf. Jens-Uwe Scharf, Caritas-Fachreferent für Kinder- und Familienhilfe, brachte die Idee von so genannten "Familiy Points" als Informationszentren für Familien ein, die es in jedem Bezirk geben könnte. Diese Zentren könnten der Idee nach Beratung aus einer Hand anbieten - zu Themen wie Grundsicherung, Kindergeld, Jugendhilfe - und so den hohen Bürokratieaufwand für arme Familien verringern. Scheeres begrüßte die Idee, stellte die Umsetzbarkeit jedoch in Frage. Um ein Konzept zu entwickeln, stehe die Caritas an ihrer Seite, sagte Scharf.
Alle waren sich einig darüber, dass Familien mit Kindern, die von Armut betroffen sind, nicht stigmatisiert werden dürfen, was im Alltag oft nicht selbstverständlich ist. Zum Beispiel, wenn sich Eltern als Hartz IV-Empfänger "outen" müssen, um beim Elternabend Hilfe bei der Beantragung von Geldern für die Klassenfahrt zu erhalten. Martina Nowak, Caritas-Beraterin in Lichtenberg, stellte in diesem Zusammenhang heraus, unter welchem Druck Eltern und gerade Alleinerziehende stünden, um jeden einzelnen Tag zu meistern. Auch Florian Ruf, Leiter des Caritas-Jugendzentrums Magda, betonte die knappe Zeit in vielen Familien. "Für die Kinder und Jugendlichen ist es enorm wichtig, dass ihnen hier im Magda ein offenes Ohr geschenkt wird, dass in Gemeinschaft gekocht und gegessen wird und sie ihre eigenen Stärken entdecken können." Die Bildungssenatorin bedankte sich für den konkreten Input, viele gute Gedanken und versprach, diese mit in die Senatsverwaltung zu nehmen. "Der Senat hat sich Kinder- und Jugendarbeit als Schwerpunktthema vorgenommen", sagte Scheeres.
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