Wünsche zur letzten Lebensphase selbst mitteilen
Angespornt durch Entwicklungen in der Altenhilfe hat ein interdisziplinäres Team des Caritasverbandes für die Diözese Augsburg 2007 begonnen, ein Konzept für eine christliche Hospiz- und Palliativkultur in den Einrichtungen der Behindertenhilfe zu erstellen.
Dabei ergaben sich drängende Fragen: Welche Bedeutung kommt besonderen Kommunikationsformen zu? Welche Rolle spielt das Setting "Eingliederungshilfe" für die palliative Versorgung? Welche Bedingungen sind notwendig, um ein gutes Schmerzmanagement zu gewähren? Zusammen mit den Trägern, Mitarbeitenden, Betreuten und Zugehörigen wurde zwischen 2009 und 2011 eine wissenschaftliche Untersuchung zur Ist-Analyse der Versorgung und Begleitung in der letzten Lebensphase erstellt. Diese Ergebnisse flossen in das Praxis-Handbuch "In Würde. Bis zuletzt."1 ein. Durch die Analyse konnten gleichzeitig Herausforderungen in unterschiedlichen Handlungsfeldern identifiziert werden, auf die mit verschiedenen Maßnahmen reagiert wurde.
Mitarbeitende fühlen sich überfordert
Die Ergebnisse zeigten unmissverständlich, dass sich Mitarbeitende aus den verschiedenen Bereichen der Eingliederungshilfe in der Begleitung von Menschen mit geistiger Behinderung in der letzten Lebensphase überfordert fühlen. Ihr Agieren bewerteten sie durchschnittlich als mangelhaft.
Mit dem Implementierungsprojekt "Hospiz und Palliative Care konkret in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung" bot der DiCV Augsburg von 2012 bis 2013 Mitarbeitenden in verschiedenen Fortbildungsmodulen einen Überblick über eine gute Begleitung in der letzten Lebensphase. Die Teilnehmer(innen) überprüften zwischen den einzelnen Modulen die Situation in ihren Einrichtungen, bewerteten diese und stießen Veränderungsprozesse an.
Kommunikation gilt als Schlüssel
Als Schlüssel für eine adäquate Begleitung der letzten Lebensphase gilt die gelingende Kommunikation. Betreute signalisierten klar, dass sie eine eigene Meinung zur Gestaltung ihrer letzten Lebensphase haben und diese auch mitteilen wollen. Die Mitarbeitenden in der Eingliederungshilfe setzen sich dafür ein, dass Kommunikation nicht auf die verbale Mitteilung reduziert wird, gerade auch am Ende des Lebens.
Hilfreich für die nichtverbale Kommunikation ist der von der Fachstelle für Unterstützte Kommunikation der Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH entwickelte Hospizkoffer "Ich bin da"2. Dieser beinhaltet unterschiedlichste Tools, die in der Begleitung von Menschen mit geistiger Behinderung am Lebensende eingesetzt werden können. Zur Unterstützung der Schmerzerfassung wurde beispielsweise ein spezieller Wechselrahmen mit themenbezogenen Piktogrammen entworfen, der sich für den Einsatz bei Bettlägerigen und nicht verbal kommunizierenden Menschen eignet.
Dass Menschen mit geistiger Behinderung an der Auseinandersetzung mit Themen der letzten Lebensphase interessiert sind, machten sie in Interviews deutlich. Gemeinsam mit den Dienststellen der Offenen Behindertenarbeit griff der DiCV Augsburg dieses Anliegen auf und bot 2015 erstmals ein Bildungswochenende für Menschen mit geistiger Behinderung zu diesem Themenkomplex an. Elf Teilnehmer(innen) konnten von dem Angebot profitieren. Hierfür wurde ein eigenes Konzept entwickelt. Mit unterschiedlichsten Methoden wurde ein Reflexionsraum für die Themen Verlust, Sterben, Tod und Trauer eröffnet. Das Wochenende wird erneut im November 2016 angeboten.
Palliative Care ist kein Alleingang
Die Qualität palliativer und hospizlicher Begleitung misst sich häufig an der Intensität eines Netzwerks mit Partner(inne)n verschiedenster Disziplinen und Kompetenzen. Denn die Begleitung und Versorgung am Ende des Lebens kann und muss nicht im Alleingang der Eingliederungshilfe geschehen. Als besonderen Zugewinn erleben Einrichtungen den Austausch mit ambulanten Hospizdiensten. So kooperieren beispielsweise mehrere Wohnheime in der Diözese seit einigen Jahren mit den dort ansässigen ambulanten Hospizvereinen: Ehrenamtliche sind regelmäßig in den Einrichtungen als Ansprechpartner(innen) gleichermaßen für Bewohner(innen) und Mitarbeitende präsent. Dadurch, dass ehrenamtliche Begleiter(innen) immer wieder vor Ort sind, kann ein Vertrauensverhältnis wachsen, das maßgeblich für eine entlastende Begleitung am Lebensende ist. Häufig begleiten die Hospizdienste auch die Bewohner(innen) und Mitarbeitenden nach einem Todesfall in der Einrichtung.
Die Finanzierung ist noch nicht geklärt
Vieles wurde im DiCV Augsburg zur Verbesserung der letzten Lebensphase von Menschen mit geistiger Behinderung in den letzten Jahren gedacht, reflektiert, getan, verändert und erreicht.
Nachdem in der Diözese Augsburg bereits viel Erfahrung mit der vierwöchigen Weiterbildung Palliative Care für Pflegende vorlag, wurden die Inhalte des Palliativ-Care-Curriculums, unter Einbezug der Erfahrungen der oben beschriebenen Projekte, so aufbereitet, dass alle Themen abgestimmt auf die speziellen Bedarfe von Menschen mit geistiger Behinderung gelehrt und diskutiert werden konnten.
Noch sind nicht alle Schritte gegangen. Aktuell drängt sich unter anderem die Frage auf, wie die hospizliche und palliative Begleitung und Versorgung im Rahmen der Eingliederungshilfe refinanziert werden können. Unterschiedliche Lösungen hierzu werden derzeit geprüft.
Der Caritasverband für die Diözese Augsburg hat in den vergangenen Jahren konsequent daran gearbeitet, im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention auch für den Bereich der Eingliederungshilfe Grundlagen für eine gute hospizliche und palliative Begleitung zu schaffen.3 Fragen wurden formuliert, Antworten gesucht und daraus entsprechende Konzepte entwickelt. An diesem Beispiel lässt sich aufzeigen, wie spitzenverbandliche Aufgaben bei kontinuierlicher Rückbindung der Verantwortlichen vor Ort wirksam zum Gewinn aller umgesetzt werden können.
Anmerkungen
1. Weitere Informationen und Bestelladresse unter www.caritas-augsburg.de/hilfeberatung/menschenmitbehinderung/; Rubrik: Hospizliche und palliative Begleitung und Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung
2. Weitere Informationen hierzu finden Sie unter www.cab-b.de, Suchbegriff: Hospizkoffer.
3. Zahlreiche Maßnahmen wurden von der Aktion Mensch und der Paula Kubitscheck-Vogel-Stiftung unterstützt.
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