Den Alltag für die Kinder passend machen
"Psychologische Hilfen für Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung und psychischen Problemen" - allein der Name des Projekts am Heilpädagogischen Zentrum in Recke-Espel macht schon die große Bandbreite des Themas deutlich. Es geht um die Beratung von Erzieher(inne)n und Lehrer(inne)n, die mit der Not von Schüler(inne)n an der Don-Bosco-Schule und Kindern des Sonnenschein-Kindergartens konfrontiert sind.
Das Kollegium der Förderschule für geistige Entwicklung - in Trägerschaft des Caritasverbandes Tecklenburger Land - befasst sich schon seit 2003 mit Möglichkeiten besonderer Hilfen für Schüler(innen) mit Verhaltensschwierigkeiten, herausforderndem Verhalten und psychischen Problemen. In Zusammenarbeit mit der Janusz-Korczak-Schule, Uffeln (Förderschule mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung), setzte sich das Kollegium zunächst insbesondere mit dem Thema Gewalt auseinander und entwickelte folgende Schulregeln:
- Ich gehe freundlich und respektvoll mit anderen um!
- Keine Gewalt! (Ich lasse alles heil! Ich schlage nicht!)
- Ich höre auf alle Lehrer(innen)!
Verbindlich eingeführt wurden die Regeln im Oktober 2006. Verbunden mit einem Lob- und Hinweissystem für positives Verhalten und Fehlverhalten wurde der Umgang mit vielen "schwierigen" Schüler(inne)n leichter. Trotzdem gab es immer noch die "besonderen Schüler(innen)", bei denen dieses Regelwerk nicht greift.
In der weiteren Diskussion wurde deutlich, dass diese Schüler(innen) nicht aus ihren Klassen und Gruppen herausgenommen werden sollten. Die Kolleg(inn)en möchten sie im gewohnten Umfeld weiter fördern, brauchen aber Hilfe, etwa Fortbildungen und Handlungskonzepte, die ermöglichen, für die betroffenen Kinder und Jugendlichen den Alltag so zu strukturieren, wie sie ihn brauchen. Denn diese Kinder lassen sich nicht an den Schul- und Kindergartenalltag anpassen. Für sie muss der Alltag passend gemacht werden. Das bedeutet einen erheblichen Mehraufwand für die betroffenen Mitarbeiter(innen). Individuell geeignete Maßnahmen müssen gefunden werden, die den Kindern und Jugendlichen ein Verbleiben in den Klassen und Gruppen ermöglichen.
Um das anfangs genannte Projekt in die Tat umsetzen zu können, wandte sich die Schulleiterin bezüglich finanzieller Unterstützung an den Dözesan-Caritasverband Münster. Dieser stellte rasch zwei Drittel der anvisierten Mittel bereit. Es wurde eine Lenkungsgruppe aus Pädagogen, Psychologen und Fachkräften des Caritasverbandes gebildet. Ihr Auftrag ist es, das Modellprojekt so erfolgreich zu gestalten, dass es nach Auslaufen der dreijährigen Projektphase durch externe Kostenträger weitergeführt werden kann.
Häufig ist eine Kooperation mit dem Jugendamt nötig
Zum Schuljahresbeginn 2009/2010 startete die Beratung zunächst mit einer offenen Sprechstunde für die Mitarbeitenden. Oft werden die Eltern in diese Beratung mit einbezogen. Um eine möglichst niedrigschwellige Beratung anzubieten, finden Elterngespräche sowohl in den Räumen der Schule wie auch in denen des Kindergartens statt. Meist handelt es sich um eine Begleitung über einen längeren Zeitraum. Häufig stellt sich dabei heraus, dass eine Kooperation mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie oder dem Jugendamt notwendig ist, um dem Kind oder Jugendlichen und der Familie zu helfen.
Von der Katholischen Hochschule Münster wurde für die wissenschaftliche Begleitung ein Strukturplan erstellt. In Planung befindet sich ein Evaluationsbogen für die Lehrer(innen) und Erzieher(innen) sowie die Eltern, die die Beratung in Anspruch genommen haben. Weiter ist die kreisweite Befragung anderer Schulträger nach benötigten Hilfen vorgesehen.
Die Lenkungsgruppe plant fachübergreifende Gespräche. Darin soll zum einen der Zugang zu diagnostischen Möglichkeiten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie für die betroffenen Kinder und Jugendlichen abgestimmt werden.
In einem ersten subjektiven Fazit kann eine gewisse Entspannung innerhalb des Heilpädagogischen Zentrums festgestellt werden. Diese bezieht sich sowohl auf die einzelnen "Fälle" und den Umgang in den Gruppen und Klassen damit als auch auf die wahrgenommene Belastung der Mitarbeitenden. Sie fühlen sich durch die Beratung entlastet und gewinnen an Sicherheit im Umgang mit den betroffenen Kindern.
Hinzu kommt, dass es schwierig ist, für geistig behinderte Kinder und Jugendliche eine psychiatrische Einrichtung zu finden, wo eine Diagnose erstellt wird und sie behandelt werden. Hierauf muss nochmals ein spezielles Augenmerk gerichtet sein - denn nur mit einer entsprechenden Diagnose lässt sich letztendlich auch ein zuständiger Kostenträger für notwendige weiterführende Maßnahmen bestimmen.