Mit einem Springerpool gegen Personalnot
Die Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn ist ein Unternehmen mit drei verschiedenen Leistungsbereichen - Altenhilfe, Eingliederungshilfe sowie Kinder- und Jugendhilfe. Dementsprechend unterschiedlich sind die personalwirtschaftlichen Bedarfe der einzelnen Bereiche. Ein Megatrend derzeit, der alle Unternehmen eint, ist jedoch die knappe Verfügbarkeit von Personalressourcen.
Der Arbeitskräftemangel ist in der Altenhilfe am stärksten zu spüren. Leiharbeitskräfte waren auch früher immer mal wieder notwendig, um Personalengpässe zu überbrücken. Nach der Pandemie hatten sich Kosten für Leiharbeit in der Stiftung St. Franziskus verdreifacht. Diese Kosten sind nicht refinanziert und können auch nicht anderweitig kompensiert werden. Gleichzeitig ist durch den verstärkten Einsatz von Leiharbeitskräften in den Altenzentren sowohl die Qualität der Leistung als auch die Stimmung im Haus gesunken. Nicht selten hat die Leiharbeitskraft die Arbeitszeiten diktiert und sich die Aufgaben ausgesucht. Allerdings war mindestens genauso gravierend für die Mitarbeitenden, dass die Leiharbeitskräfte nicht das Pflegeverständnis der Einrichtung geteilt haben. Um diesem Problem zu begegnen, lag ein Springerpool als Lösung nahe. Dennoch ist das Modell kein Selbstläufer.
Vor fast einem Jahrzehnt sollte schon einmal ein Springermodell in der Altenhilfe der Stiftung St. Franziskus installiert werden. Ein Springer sollte zwischen drei Einrichtungen wechseln. Eine Stellenausschreibung war schnell geschrieben und veröffentlicht. Trotz ausgelobter Zulage fanden sich lediglich zwei Interessent:innen. Die eine Fachkraft kündigte nach wenigen Wochen, die andere wollte nach der Probezeit unter Verzicht auf die Zulage in ein Altenzentrum der Stiftung wechseln und dort fest zugeordnet sein. Der Lerneffekt dabei: Geld allein hilft nicht.
In etwa zeitgleich wurde in der Eingliederungshilfe eine Fachkraft als Springer für alle Wohngruppen am Hauptstandort eingesetzt. Eine gesonderte Vergütung gab es dafür nicht. Auch dieser Versuch war nicht von Dauer. Als besonders schwierig stellte sich heraus, dass jede Wohngruppe eigene Strukturen und Arbeitsabläufe hatte. Kleinigkeiten wie die Frage, wo der Verbandskasten zu finden ist oder wie die Sortierung innerhalb der Klientenakte aussieht, waren unnötige, aber in der Praxis vorhandene Hürden, die verhinderten, dass sich die Fachkraft schnell einen Überblick verschaffen konnte.
Das Ausfallmanagement ist eine wirkliche Lösung
Danach wurde stiftungsweit ein Ausfallmanagement aufgebaut. Die Idee war, bekannte Ausfallzeiten möglichst frühzeitig zu planen, kurzfristige Ausfälle über feste Ausfalldienste zu kompensieren um damit ein "Holen aus dem Frei" weitestgehend zu vermeiden. Die Arbeit daran dauerte lange und war intensiv. Allerdings hat sie sich gelohnt. Nach wenigen Monaten Testphase in einem der Altenzentren wurde das Modell relativ zügig in allen Häusern eingeführt. Die Erfolge waren enorm: Die Rückstellungen für Resturlaub und Mehrarbeit sind in kurzer Zeit massiv zurückgegangen. Ist ein:e Mitarbeiter:in ausgefallen, konnte das über das Ausfallmanagement abgedeckt werden. Ist ein zweiter Mitarbeiter, eine zweite Mitarbeiterin ausgefallen, konnte der weitere Ausfall in 70 Prozent der Fälle ebenfalls durch den Ausfalldienst kompensiert werden.
Das Resümee nach mehreren Jahren lautet: Das Modell funktioniert, stößt aber bei mehreren kurzfristigen Ausfällen irgendwann an seine Grenzen. Mittelfristige Ausfälle können damit nicht zusätzlich kompensiert werden.
Lerneffekt aus bisherigen Versuchen:
◆ Es braucht ein tragfähiges Konzept.
◆ Man muss die richtigen Anreize setzen.
◆ Ohne Koordination funktioniert es nicht.
◆ Es braucht Transparenz, sowohl für die Springer als auch für die Teams.
◆ Die Abläufe im Haus müssen klar sein.
Der aktuelle Springerpool in der Altenhilfe funktioniert
Um nicht mehr so stark auf Leiharbeit angewiesen zu sein, hat die Stiftung St. Franziskus einen neuen Anlauf genommen, um einen Springerpool in der Altenhilfe aufzubauen. Das neue Modell sieht vor, dass die Springer in allen 13 Altenzentren eingesetzt werden. Sie übernehmen die gleichen Schichten und Aufgaben wie die übrigen Fachkräfte im Haus. Die dafür notwendige Flexibilität wird mit einer Zulage honoriert, die anfallenden Kosten für Reisen und Übernachtungen werden selbstverständlich erstattet. Um einen echten Mehrwert für die Kolleginnen und Kollegen vor Ort zu schaffen, dauern die Einsätze in einem Haus mehrere Wochen - aber eben auch nicht zu lange, damit die Zulage gerechtfertigt bleibt.
Da es immer irgendwo einen Bedarf gibt, koordiniert eine Pflegedienstleitung die Einsätze und achtet darauf, dass alle Häuser möglichst gleichmäßig zum Zuge kommen und davon profitieren können. Sie arbeitet die Springer in die Abläufe, aber auch in das trägereigene Pflegeverständnis ein und ist Ansprechpartner:in für das Springerteam in allen Belangen.
Nach recht kurzer Zeit waren alle geplanten Stellen besetzt. Die anfänglichen Befürchtungen, Bestandspersonal würde in den Springerpool abgeworben und die Lücken vor Ort somit noch größer, haben sich nicht bewahrheitet. Es gab ausnahmslos Bewerbungen von externen Personen - alles Fachkräfte, die zuvor für Leiharbeitsfirmen gearbeitet haben.
Will ein Springer die Springertätigkeit nicht mehr ausüben, kann er jederzeit seine Tätigkeit im Springerpool beenden und in ein Altenzentrum wechseln.
Jede Einrichtung braucht das passende Modell
Ist das eine Lösung für alle? Schön wäre es! "One size fits all" passt in diesem Zusammenhang leider nicht. Auch wenn das Modell in der Altenhilfe der Stiftung St. Franziskus gut funktioniert, ist es nicht beliebig übertragbar. Für die anderen Bereiche wird man genau überprüfen müssen, welche Bedarfe es jeweils gibt und was passende Anreize für die dortigen Berufsgruppen sein können. Die Suche nach dem passenden Modell geht also weiter.
Ein Ausfallmanagement ist jedoch in jedem Fall als Basis zwingend erforderlich. Fehlt dieses Fundament, wird auch ein Springerpool nicht die erhoffte Entlastung bringen.