Frühe Hilfen in der Caritas?
Kompetente und schnelle Begleitung ist gefragt. Denn ein guter Start ins Leben, ist eine zentrale Voraussetzung für die spätere gute Entwicklung und die Teilhabechancen von Kindern. Hier hilft das Projekt "Frühe Hilfen" der Caritas.
Studien zeigen leider immer wieder, dass vor allem unter Dreijährige häufig von schwerer Vernachlässigung und Misshandlung betroffen sind. Dabei muss man nicht gleich an die schlimmsten Fälle mit Todesfolge denken, die die Öffentlichkeit schockieren. Oft fängt Vernachlässigung schon viel eher an. "Die meisten Kinder wachsen in einem behüteten Umfeld auf. Doch vielen Eltern fehlen die persönlichen, familiären oder sozialen Ressourcen, um ihrem Kind das zu geben, was es für eine gute Entwicklung bräuchte", sagt Caritasdirektor Franz Loth, in dessen Diözese Osnabrück das Bundesprojekt unter Koordination des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) seit letztem Herbst umgesetzt wird.
Der Deutsche Caritasverband hat das Projekt "Frühe Hilfen in der Caritas" ins Leben gerufen mit dem Ziel, ein frühzeitiges Hilfesystem für Schwangere und Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern bis zum dritten Lebensjahr aufzubauen. Mit verschiedenen Angeboten der "Frühen Hilfen" sollen Eltern und Kinder Unterstützung, Beratung und Entlastung finden.
Diese Hilfen richten sich zum einen an Familien, die einfach nur unsicher im Umgang mit der neuen Situation und nicht unbedingt auf pädagogische Hilfe angewiesen sind. Hier greift die erste Säule: der Aufbau von ehrenamtlichen Hilfeangeboten für betroffene Familien. Vor allem Menschen mit Lebenserfahrung sollen den jungen Familien Zeit und ihre Erfahrungen schenken und sie in ihrem Alltag ein Stück begleiten. Das geschieht zum Beispiel bei den Familienpatenschaften: Junge Familien und Alleinerziehende, die kein eigenes familiäres Netzwerk haben und zu Beginn der Elternschaft Hilfe von außen wünschen, können ehrenamtliche Familienpaten bekommen, die bis zu einem Jahr präsent sind. Familienpaten begleiten vorwiegend jungeFamilien in alltäglichen Angelegenheiten wie Behördengängen oder bei der Gestaltung des familiären Umfeldes, sie helfen beim Aufbau eines sozialen Netzwerks und bei der Versorgung und Betreuung des neugeborenen Säuglings. "Gerade in der Zeit, die ohnehin durch die Geburt des Kindes auf den Kopf gestellt ist, haben sie so jemanden an der Seite, der im Alltag hilft oder einfach nur Tipps gibt, wenn es zum Beispiel um die Pflege eines Babys geht", sagt Projektkoordinatorin Bianca Kanning vom SkF in Lingen. Aber auch wenn es finanzielle Engpässe oder Mehrfachbelastungen gibt, können Paten eingreifen, Hilfemöglichkeiten mit der Familie durchsprechen oder an verschiedenen Stellen vermitteln.
Eltern brauchen Unterstützer
Zum anderen richtet sich das Projekt aber auch an Familien, die schon in Kontakt zu Einrichtungen der Caritas und anderen sozialen Netzwerkpartnern stehen und bei denen die Sorge besteht, dass sie ihrer Verantwortung als Eltern nicht gerecht werden. Hier bietet das Projekt konkrete Entlastung und Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags. So vermitteln die Projektpartner zum Beispiel pädagogische Hilfe, Betreuungshilfe, Finanz- oder Sozialberatung - je nachdem, was die Familie braucht. "Mama macht’s sich schön" ist ein Projekt, das der SkF in Osnabrück durchführt. In diesem Gruppenangebot erfahren junge Mütter eine Mischung aus Entspannung und Entlastung, sie nehmen sich Zeit für sich selbst, für ihre Körperpflege oder andere Dinge, die sonst oft auf der Strecke bleiben.
Ein Projekt, das sehr früh ansetzt, ist zum Beispiel das des Babysimulators. Manche Minderjährige zeigen eine große Sehnsucht nach einem eigenen Kind. "Vor kurzem noch kam ein 16-jähriges Mädchen zu uns in die Schwangerenberatung, weil sie und ihr Freund seit zwei Jahren vergeblich versuchen, ein Kind zu bekommen", erzählt Margret Rohjans vom Caritasverband für den Landkreis Emsland. "Häufig können Jugendliche die Tragweite eines Lebens als Eltern aber noch nicht überblicken: Notwendige Fähigkeiten sind nicht ausgebildet, emotionale, soziale, zeitliche und finanzielle Möglichkeiten reichen oft nicht aus." Diese jungen Menschen können mit programmierten Puppen die Elternschaft proben - Tag und Nacht.
Hilfe, die sich vernetzt
Ziel der "Frühen Hilfen" ist es immer, die jungen Eltern möglichst früh und vor allem in dem Umfeld anzusprechen, in dem sie sich in ihrem Alltag aufhalten. Denn das Risiko der Vernachlässigung von Kindern steigt, je schwächer die persönlichen Netzwerke der Eltern ausgeprägt sind. Daher ist das Projekt lokal und regional: Es spricht Eltern nicht nur in Kindergärten an, sondern auch in den Gemeinden, in Vereinen, in Krankenhäusern, den Beratungsstellen der Caritas oder direkt zu Hause über die Kommunen. Die Projektpartner kooperieren und vernetzen sich mit schon vorhandenen Strukturen, bilden ein breites Netzwerk für Familien in Problemlagen und fördern den Aufbau sozialer Netzwerke.
In mittlerweile 16 Diözesen haben sich lokal an 92 Standorten Projektpartner für "Frühe Hilfen" zusammengeschlossen, darunter Krankenhäuser, Sozialverbände, Beratungsstellen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Fachbereiche der Frühförderung, Kinderund Jugendhilfe, Schwangerenberatung oder Gesundheitshilfe. So finden sich immer mehr dezentrale Anlaufstellen, an denen die Mitarbeiter nicht darauf warten, angesprochen zu werden, sondern den Kontakt zu den Familien aktiv suchen.