Indigener Widerstand gegen Brandrodung für unser Klima
Juarez Saw Munduruku will das Territorium der Munduruku und den Regenwald schützen.Marijn Fidder/Caritas international
Die Gemeinschaft der Munduruku kämpft ums Überleben und den Amazonas, der sie ernährt. Es ist ein Kampf um das grüne Herz der Erde. Und unser Klima von morgen.
"Unser Land bedeutet uns alles", sagt Juarez Saw Munduruku. Er ist Sprecher der gleichnamigen indigenen Gemeinschaft. Die Munduruku leben im Herzen Ost-Amazoniens. Wer zu ihnen will, ist drei Tage unterwegs: Von Belém geht es nach Santarém, dann neun Stunden per Boot auf dem Tapajós weiter nach Itaituba, von dort mit dem Auto auf holprigen Pisten zu einer Anlegestelle mitten im Dschungel. Die lässt man mit dem Kann hinter sich und erreicht nach Stunden ihr Dorf. Etwa 100 Menschen leben am Ufer des Flusses.
Einfache mit Palmblättern oder Wellblech belegte Holzhäuser bilden die kleine Siedlung, die einen riesigen Fußballplatz säumt. Fußball von früh bis spät. Die Munduruku leben einfach. Sie pflegen ihre Traditionen und Bräuche. Und ernähren sich vom Jagen, Fischen und Sammeln. "Unser Land ist für uns wie eine Mutter. Es versorgt uns mit allem - von unserer Geburt an gibt es uns Nahrung", sagt Saw Munduruku stolz. Ihr Territorium, durch das der Tapajós fließt, ist mit mehr als 2,8 Millionen Hektarin etwa so groß wie die Toskana. Seit Jahrhunderten bewohnen die Indigenen diese Region. Ihre reiche Kultur und Geschichte ist eng mit der Natur und dem Land verwoben. Dieses Leben mit dem und vom Amazonas ist bedroht – von vielen Seiten.
Die Munduruku leben im Einklang mit der Natur, die sie ernährt und versorgt.Marijn Fudder/Caritas international
Der Amazonas ist wie eine Mutter
"Da sind die Brände, die von Jahr zu Jahr mehr werden und immer größere Ausmaße annehmen", erklärt Claudio Moser, Leiter des Referats Lateinamerika bei Caritas international. Er tauscht sich regelmäßig mit Saw Munduruku aus und warnt: "Das ist eine beunruhigende Entwicklung, die wir seit einigen Jahren beobachten." 2024 hat in Brasilien eine Fläche dreimal größer als Bayern gebrannt. 22,38 Millionen Hektar gingen laut der Initiative "MapBiomas" in Rauch auf. "Die meisten Brände werden absichtlich gelegt, um Agrarflächen für den Anbau von Soja zu gewinnen, das dann als Tierfutter exportiert wird", sagt er. Die Agrarindustrie braucht enorme Flächen für den Anbau von Soja oder die Rinderzucht, die sie nur durch großflächige Brandrodungen decken kann. Meist geht sie dabei illegal vor, ohne Absprache, ohne behördliche Genehmigung und auf Kosten der Indigenen. Sie zerstört nicht nur die traditionellen Jagd- und Sammelgebiete der Indigenen, sondern ihren Lebensraum. "Indigene Gemeinschaften wie die Munduruku sind die Hüter der Natur", betont Moser. Jetzt sind sie existenziell bedroht und der Amazonas gleich mit. Daher unterstützt Caritas international die Munduruku dabei, ihre Rechte einzuklagen und im Streitfall gegen andere Interessen durchzusetzen. Illegale Landnahmen durch Brandrodungen oder dessen Nutzung als Weide- oder Agrarland können sie nur zurückweisen, wenn sie den Anspruch auf ihr Territorium zweifelsfrei begründen können.
"Demarkierung" ermöglicht Schutz
Dafür muss das beanspruchte Gebiet klar bezeichnet und abgrenzbar sein. "Wir müssen uns jetzt schützen, vor allem durch die Demarkierung", betont Juarez Saw Munduruku. "Das bedeutet, dass unser Gebiet vermessen wird und diese Grenzen auch von allen Staatsorganen anerkannt werden. Das ist der erste Schritt, um unser Land sicherer zu machen, um all diese Eindringlinge loszuwerden." Keine leichte Aufgabe. Sie erfordert einen langen Atem und Know-how. "Wir unterstützen die Munduruku und stellen Drohnen, Funkgeräte und Kameras zur Verfügung", sagt Moser. In Kooperation mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) organisiert Caritas international Treffen und Workshops, die die Selbstverwaltung der Munduruku-Gemeinschaften stärken und sie über ihre Rechte informieren. "Das umfasst auch den rechtlichen Beistand im Kampf um Anerkennung und Schutz ihres Territoriums." Die "Demarkierung" ist aufwendig und kompliziert: Verschiedene Ministerien und Behörden müssen kooperieren. Eine Schlüsselrolle übernimmt die FUNAI, nationale Stiftung für indigene Gemeinschaften. 1967 gegründet, ist sie seit der zweiten Amtszeit von Präsident Lula da Silva dem Ministerium für indigene Gemeinschaften zugeordnet. Ihr Ziel: deren Rechte zu schützen und zu fördern. Im Rahmen der Demarkierung erstellt die FUNAI Studien und schlägt der Regierung vor, welche Gebiete als indigene Territorien anerkannt und geschützt werden sollten. Diese Arbeit ist entscheidend, um die Lebensgrundlagen und Kulturen der indigen Gemeinschaften zu bewahren. Die endgültige Entscheidung liegt allerdings beim Justizministerium oder direkt beim Präsidenten.
Zerstörende Infrastruktur
Auch staatliche Infrastrukturprojekte wie Ferrogräo bedrohen die Munduruku. Über die neue Eisenbahnlinie sollen Agrarprodukte einfacher transportiert werden. Der Druck der Agrarindustrie nehme weiter zu. "Wenn Ferrogräo kommt, folgen andere, das müssen wir verhindern", sagt Juarez Saw Munduruku. Dafür brauchen sie Unterstützer. Denn die Indigenen kämpfen auch für den Erhalt des Amazonasregenwaldes. Die grüne Lunge der Erde beeinflusst Meeresströmungen und globale Wettermuster und ist für das Klima von zentraler Bedeutung. Seine Zerstörung könnte einen Dominoeffekt auslösen, der das Weltklima aus dem Gleichgewicht bringt. Und damit das menschliche Leben weltweit.
Wie wichtig der Amazonas für sie und die Welt ist, lernen die Kinder bereits in der Schule.Marijn Fudder/Caritas international
Amazonas und Weltklima
Die Bedeutung des Amazonas-Regenwalds für das Weltklima ist unumstritten. Als gigantische Kohlenstoffsenke absorbieren die artenreichen Bäume und Pflanzen große Mengen CO₂. Auch erzeugt der Regenwald seinen eigenen Wasserkreislauf. Ein einziger Baum verdunstet täglich bis zu 1000 Liter Wasser. Die Feuchtigkeit steigt auf, kühlt ab und bildet die typischen, tiefhängenden Wolken über dem Blätterdach. In der Regenzeit entladen sie sich fast täglich sintflutartig über dem Wald. Einen Teil trägt der Wind in den Süden und bringt lebenswichtiges Regenwasser nach Brasilien, Paraguay, Bolivien, Argentinien. Ohne diese Wasserquelle gäbe es keine fruchtbaren Böden, wäre die Landwirtschaft von heute undenkbar. Dieses empfindliche Gleichgewicht ist bedroht. Die Folgen von Abholzung und Brandrodung alarmieren: Teile des einst mächtigen Kohlenstoffspeichers verwandeln sich in Kohlenstoffquellen. Wissenschaftlerinnen warnen vor einem Kipppunkt, der bei 25 Prozent Waldverlust erreicht sein könnte – heute sind bereits 17 Prozent zerstört.