Erfolgreiche Kundengewinnung in der ambulanten Pflege
Für Anbieter ambulanter Pflege hat sich die Situation am Markt grundlegend verändert. Konnten die etablierten freigemeinnützigen Träger lange davon zehren, dass sie als Anbieter in ihrem Umfeld gleichsam „gesetzt“ waren, hat sich dies durch den Markteintritt neuer Wettbewerber stark gewandelt. Auch sind die Kunden aufgrund des breiteren Informationsangebots aufgeklärter, kritischer und anspruchsvoller geworden. Für die Einrichtungen und Dienste bedeutet dies, dass sie sich verstärkt darum bemühen müssen, neue Kunden zu gewinnen. Viele Pflegedienste haben diese Notwendigkeit erkannt, jedoch fehlt es häufig an einer systematischen Vorgehensweise. Dass es neben dem Endkunden, dem Pflegepatienten, noch andere Zielgruppen gibt, dürfte kein Geheimnis sein. Die Angehörigen sowie Zuweiser, Multiplikatoren und Empfehler beeinflussen die Entscheidungen häufig stärker als der Patient selbst. Zuweiser und Multiplikatoren sind Ärzte, Sozialdienste der Krankenhäuser, Berufsbetreuer, Apotheker, Seniorenberatungsstellen oder Seniorenclubs. Die Tatsache, dass die Interessenlagen und Bedürfnisse dieser Zielgruppen höchst unterschiedlich sind, macht das Marketing für Pflegeeinrichtungen besonders anspruchsvoll.
Ausschlaggebend für Marketing- und Vertriebsmaßnahmen an Endkunden und Angehörige ist, dass diese Zielgruppe erreicht wird, kurz bevor die Entscheidung für einen Pflegedienst getroffen wird. Vor dem Hintergrund begrenzter Marketingbudgets sind geringe Streuverluste wichtig. Eine besondere Schwierigkeit bei der Ansprache der Endkunden und Angehörigen ist das geringe Interesse am Thema Pflege, solange der potenzielle Patient noch „fit“ genug ist, um alleine zurechtzukommen. Somit ist es in dieser Phase schon ein Erfolg, wenn der Kunde den Pflegedienst in Erinnerung behält. Tritt die Pflegebedürftigkeit ein, muss es häufig sehr schnell gehen. Daher ist es in dieser Phase besonders wichtig, dass der Pflegedienst gut erreichbar ist und seine Kontaktdaten in allen „Suchmedien“ gut auffindbar sind. Hier gewinnt das Internet eine immer größere Bedeutung.
Eine systematische Ansprache ist nötig
Für die Zielgruppe der Multiplikatoren ist vor allem eine systematische Vorgehensweise bei der Identifikation und Ansprache notwendig. Erfolgreiche Kooperationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen Mehrwert für den Zuweiser oder Empfehler generieren. Provisionen spielen entgegen häufiger Annahmen eine untergeordnete Rolle. Zum Beispiel dürften Sozialdienste der Krankenhäuser kaum mit Provisionen zu gewinnen sein, sondern vielmehr durch einen einfachen, schnellen und vor allem zuverlässigen „Übernahmeprozess“ nach der Entlassung des Patienten.
Wichtig ist, dass in regelmäßigen Abständen geprüft wird, ob alle potenziellen Zuweiser und Multiplikatoren im Fokus des Vertriebs des Pflegedienstes stehen und ein kontinuierlicher Dialog aufgebaut wird. Ferner muss regelmäßig geprüft werden, wie oft ein Zuweiser tatsächlich Patienten vermittelt. Ein Beispiel aus dem Caritasverband Herne zeigt, wie wichtig es ist, die Zuweiserstrukturen zu analysieren. „Wir haben bereits eine Kundenwertanalyse zur Bewertung des gemeinsamen Entlassungsmanagements mit einem Krankenhaus durchgeführt. Die ABC-Analyse der niedergelassenen Ärzte zeigte überraschende Ergebnisse, da die ,gefühlte‘ Vermittlungshäufigkeit nicht immer mit der tatsächlichen übereinstimmte. Dies liefert Anhaltspunkte für eine zielgerichtete Bearbeitung der sogenannten Key-Accounts (Schlüsselkunden)“, sagt Geschäftsführer Ansgar Montag. Die Aktivitäten der Konkurrenz spielen ebenfalls eine Rolle, da es häufig um eine Art „Verteilungskampf“ um die wichtigen Zuweiser kommt. Um einen funktionierenden Vertrieb für die ambulante Pflege aufzubauen, muss ein geeigneter Mix aus Kommunikationsmaßnahmen gefunden werden, mit denen einerseits die Endkunden und Angehörigen und andererseits die Zuweiser, Multiplikatoren und Empfehler erreicht werden. Etwa 60 bis 70 Prozent der Marketingaktivitäten sollten auf die zweite Gruppe ausgerichtet sein. Außerdem ist es wichtig, bei allen Interessenten zu erfassen, wie sie auf den Pflegedienst aufmerksam geworden sind.