Immer schneller, fitter, wacher? Doping im Alltag
Die Tour de France und die Radfahrweltmeisterschaft waren im Jahr 2007 und sind aktuell von einer beispiellosen öffentlichen Doping-Debatte, von Ehrenerklärungen und Geständnissen (ehemals) dopender Spitzensportler sowie von den Bemühungen um einen "sauberen", sprich dopingfreien Radsport begleitet. Doping wurde am Beispiel des Radsports als flächendeckende Praxis im Leistungssport erkennbar, die Vorstellung des "reinen Wettkampfs" endgültig als Illusion entlarvt.
Dopingmittel sind jedoch nicht auf den Spitzensport beschränkt, sondern auch im Breitensport alles andere als tabu, insbesondere in der Fitness- und Bodybuilding-Szene. Hier scheint oft weniger der Leistungsgedanke im Vordergrund zu stehen als vielmehr der ästhetische Anspruch, einen muskulösen und attraktiven Körper zu haben. Es ist kein Problem, sich mit anabolen Steroiden und - wer sich das leisten kann - mit Wachstumshormonen zu versorgen, sei es auf ärztliches Rezept oder auf dem Schwarzmarkt. In Internetforen wird ein offener Austausch über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Produkte gepflegt; für Neueinsteiger(innen) eine leicht zugängliche Quelle der Information und Beratung.
Auch Kinder und Jugendliche sind vor Doping nicht mehr gefeit. Eine französische Studie, in der 3600 Schüler(innen) im Alter von elf und erneut im Alter von 15 Jahren befragt wurde, hat ergeben, dass ein Prozent der elfjährigen Schüler(innen) dopt; im Alter von 15 Jahren hatte sich diese Zahl verdreifacht. Als häufigste Mittel wurden das Asthma-Medikament Salbutamol (45 Prozent), stimulierende Mittel und Anabolika (38 Prozent) und das Asthma-Medikament Kortikosteroide (zehn Prozent) genannt. Auch gibt es Hinweise darauf, dass die Jugendlichen die Mittel mit zunehmendem Alter häufiger und regelmäßiger einnehmen.
In eine ähnliche Richtung weisen Ergebnisse aus einer Befragung der Sporthochschule Köln in Kölner Jugendzentren.1 Von den 400 befragten Schüler(inne)n gaben etwa sieben Prozent an, in den letzten zwölf Monaten Anabolika genommen zu haben.
Medikamentenmissbrauch als weltweites Problem
Die Bereitschaft, Substanzen zur Leistungssteigerung, zur Problembewältigung und zur Steuerung der eigenen Befindlichkeit einzusetzen, hat jenseits des Sports längst auch den Alltag der Menschen erreicht. Der hohe Preis dieser Praxis sind circa 1,9 Millionen medikamentenabhängige Menschen allein in Deutschland. Den größten Anteil an den konsumierten Medikamenten mit Suchtpotenzial haben nach wie vor Schlaf- und Beruhigungsmittel, Tranquilizer und Schmerzmittel. Der Missbrauch rezeptpflichtiger Medikamente ist inzwischen ein globales Problem.
So stellt der Suchtstoffkontrollrat der Vereinten Nationen (International Narcotics Control Board - INCB) in seinem Jahresbericht 2000 fest, dass vier Prozent der Bevölkerung in den entwickelten Ländern Benzodiazepine durch ärztliche Verordnung dauerhaft einnehmen. Als wesentlicher Faktor wird eine unzureichende medizinische Praxis genannt, die unter anderem aus ungenügender Ausbildung und Mangel an Information, aus nachlässiger Einstellung sowie direkten finanziellen Interessen resultiere. Bemängelt wird die Fixierung auf pharmazeutische Behandlung und schnelle Lösungen, ohne die langfristigen Folgen zu beachten.
In seinem Jahresbericht 2006 kommt der INCB schließlich zu dem Ergebnis, dass der Missbrauch von rezeptpflichtigen Medikamenten auf dem besten Wege sei, den Missbrauch von illegalen Drogen zu übertreffen. In den USA zum Beispiel übersteige der Missbrauch von rezeptpflichtigen Arzneimitteln, einschließlich Schmerz-, Aufputsch- und Beruhigungsmittel, schon das gesamte Missbrauchsniveau aller illegalen Drogen - mit Ausnahme von Cannabis. So habe sich die Anzahl der Amerikaner(innen), die kontrollierte verschreibungspflichtige Medikamente missbrauchen, zwischen 1992 und 2003 von 7,8 Millionen auf 15,1 Millionen beinahe verdoppelt.
Zwischen Lifestyle und gezieltem Aufputschen
Das kulturelle Ideal in den Ländern des Westens, das sich über Verhaltensstile, das äußere Erscheinungsbild und die Attribute bestimmter Konsumartikel konstituiert, verlangt, dass wir offen und kommunikativ im Kontakt, attraktiv und sportlich, sexuell aktiv, vital und voller Lebensfreude sein sollen. Alterungsprozesse, Zustände von Lustlosigkeit, Müdigkeit oder sexueller Apathie haben darin keinen Platz und bringen die prekäre Balance zwischen Wunschbild und Realität gehörig ins Wanken. Hilfe verspricht eine breite Palette von Lifestyle-Produkten, die von Functional Food über Wellness bis zu Medikamenten reichen. Neben dem heilungsbezogenen Gesundheitsmarkt etabliert sich vermehrt ein neuer Markt von Produkten und Dienstleistungen, die auf Prävention, Gesunderhaltung, die Verlangsamung des Alterungsprozesses und die Verbesserung der Lebensqualität ausgerichtet sind und damit den Lebensstil optimieren sollen: Prozac zur Stimmungsaufhellung, Viagra zur Potenzsteigerung, Melatonin zur Verjüngung, Xenical und Reductil zur Gewichtsreduktion - um nur einige wenige zu nennen.
Insbesondere die Anti-Ageing-Mittel und die Lifestyle-Medikamente sind - anders als ihr Name dies vermuten ließe - alles andere als harmlos. Sie sind in der Regel hochwirksame Substanzen, die zur Behandlung von Krankheiten entwickelt worden sind. Sie bergen bei unsachgemäßem Einsatz erhebliche Risiken; oft ist noch nicht ausreichend geklärt, ob die Substanzen bei gesunden Personen tatsächlich die gewünschten Wirkungen erzielen und welche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten (bei längerem Konsum) in Kauf genommen werden müssen. Obwohl sie verschreibungspflichtig sind, können über das Internet alle gewünschten Produkte bezogen werden, oft auch aus unklaren Quellen mit nicht gesicherter Zusammensetzung.
Doch der Markt für diese Produkte ist enorm und verspricht eine hohe Rendite. Das Wirtschaftsmagazin "Capital" hat in diesem Sektor weltweit ein Wachstum von 19,5 Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr auf 41 Milliarden Dollar in drei Jahren prognostiziert.2 Bereits 2003 berichtete der "Focus" in seiner Analyse des Gesundheitsmarktes, dass fast zwei Drittel der Bundesbürger(innen) mehr auf ihre Gesundheit achten als vor fünf Jahren. Seit Mitte der 90er Jahre konnten die Apotheken ein Umsatzplus von jährlich fünf bis sechs Prozent verzeichnen. Die pharmazeutische Industrie hatte zwischen 2001 und 2003 ihre Ausgaben für Imagewerbung um das Vierfache erhöht.3
Zielgruppe der Werbung sind laut "Focus" nicht mehr vorrangig ältere Menschen, sondern die sogenannte Info-Elite, die sich intensiver als andere Bevölkerungsgruppen um Gesundheit sorge und auf Prävention setze; diese Entscheiderzielgruppe entwickle sich immer mehr zu ihrem eigenen Gesundheitsmanager.
Gesundheit wird "machbar"
Dieses selbstbewusste und selbstverantwortliche Individuum, das nichts mehr dem Zufall überlässt, wird in der Werbebroschüre einer niederländischen Pharmafirma wie folgt angesprochen:4
"Unsere Lifestyle-Produkte unterstützen einen Lebensstil. Sie leisten einen Beitrag zu Ihrem Leben. Mit Stil. Hören Sie nicht darauf, wenn andere Ihnen den Rhythmus diktieren wollen. Sondern finden Sie das Taktmaß, das zu Ihnen passt." Um dies zu erreichen, verspricht die Firma umfassenden "LifeSupport": "Lifestyle-Produkte bieten eine bemerkenswerte Auswahl an Produkten für Körper und Geist, Ausgehen und Afterparty, Erholung und Leistung, Sex und Entspannung."
Gesundheit wird immer mehr zu einem Zustand, der machbar und damit auch konsumierbar wird. Patient(inn)en werden zu selbstbewussten Konsument(inn)en, die bereit sind, für ihre Bedürfnisse die entsprechenden finanziellen Mittel einzusetzen - oder sie bei ihrem Arzt einzufordern.5 "Health sells" scheint die bisherige Strategie des "Sex sells" als Programmatik der Zukunft zu ersetzen.
Gesundheit ist eine der wenigen Wachstumsbranchen und wird daher von Wirtschaft und Politik als Wachstums- und Innovationsmotor mit hoher Aufmerksamkeit bedacht: Schon heute liegen zehn bis 15 Prozent aller europäischen Arbeitsplätze im Gesundheitsbereich. Allein die Krankenversorgung macht in den EU-Staaten rund zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus.6 Mit dem Anspruch des Gesundheits- und Selbstmanagements ist es nur konsequent, auch seine Gehirnleistungen zu optimieren. Die Neurowissenschaften haben in den letzten Jahren das Wissen über die biochemischen Vorgänge im Gehirn beim Denken, Erinnern, Vergessen und Fühlen exponentiell erweitert und damit eine Reihe von neuen Therapieansätzen für neurologische Leiden ermöglicht; dies hat auch zur Entwicklung von Medikamenten geführt, die gezielt in neurologische Prozesse eingreifen. Für eigentlich Gesunde winkt hier die Steigerung der allgemeinen Wachheit, des Kurzzeitgedächtnisses und der Konzentrationsfähigkeit. Expert(inn)en sprechen von "Psychopharmazeutischem Enhancement" oder "Neuro-Enhancement". Zum Einsatz kommen hier beispielsweise Ritalin, Modasomil, Modafinil und viele andere mehr.
Auch dieser Markt ist im Aufbruch. An zahlreichen neuen Produkten wird mit Hochdruck gearbeitet. Nach einem Artikel der "Süddeutschen Zeitung" sollen sich derzeit mindestens 40 "Gedächtnispillen" in der Entwicklung befinden. Etwa ein Dutzend Pharmafirmen investieren dafür jährlich rund 1,5 Milliarden Dollar. Der weltweite Umsatz mit Medikamenten gegen das Vergessen liegt derzeit bei rund zehn Milliarden Dollar.7
Das Ideal des allseits "gestylten" oder gar "getunten" Menschen und die Verheißungen der Pharma-Produkte blenden allerdings aus, dass der Griff zur Pille nicht immer die frei gewählte Form zur persönlichen Vervollkommnung ist, sondern oft die Reaktion auf hohe Belastung und die Angst, den Anforderungen nicht mehr gewachsen zu sein. Statistiken der Versicherer weisen aus, dass inzwischen jede(r) fünfte Arbeitnehmer(in) im Lauf des Lebens erwerbsunfähig wird. Den höchsten Anteil haben inzwischen die psychischen Erkrankungen mit 30 Prozent8 bis 34 Prozent.9
Der soziale Wandel, der mit den Begriffen Globalisierung, rasanter technischer Fortschritt, Individualisierung der Lebensentwürfe, Lösung herkömmlicher Bindungen und Netzwerke umrissen werden kann, schafft einerseits neue Freiräume; er bringt aber auch neue mentale und psychische Anforderungen und ein hohes Maß an persönlicher Verantwortung mit sich, was viele Menschen als Verunsicherung und Überlastung erleben, wie jüngst die 13. Europäische Konferenz zur Entwicklungspsychologie in Jena festgestellt hat.10
Mathias Berger, Ärztlicher Direktor der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie und Claus Normann, Oberarzt in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg, sehen eine Ursache für den wachsenden Druck, dem Hirn in verschiedenen Situationen auf die Sprünge zu helfen, darin, dass den Menschen durch die schier unermessliche Leistungsfähigkeit der Computer eine neue Konkurrenz erwachse. Die Einführung eines neuen EDV-Betriebssystems führe häufig zu Krisen und Zusammenbrüchen. Dabei spielt nach Ansicht von Berger der Bedeutungswandel von fluider und kristalliner Intelligenz eine große Rolle: Kristalline Intelligenz ist an Wissensansammlung und Lebenserfahrung gebunden und wächst mit zunehmendem Alter; fluide Intelligenz ist auf schnelle Reaktion, das Erfassen neuer Situationen, auf Umdenken und Umstellen ausgerichtet. Diese Form der Intelligenz ereicht im Alter von 14 Jahren ihren Höhepunkt.11
Wollen wir ein Leben "auf Pille?"
Der Trend zur Pharmakologisierung des Alltagslebens wirft eine Vielzahl von Fragen auf, die nicht einfach zu beantworten sein werden. Denn die skizzierten Entwicklungen lassen bisherige Grenzen verschwimmen: zwischen Medikament und Droge, zwischen Krankheit und individueller Leistungsfähigkeit, zwischen Heilbehandlung und persönlicher Optimierung, zwischen Patient und Konsument. Im Mittelpunkt steht zunächst die Frage, unter welchen Umständen die Einnahme von Psychopharmaka und Neuroleptika gerechtfertigt sein kann. Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Neuroethik als eine relativ neue Disziplin im Grenzgebiet zwischen Neurowissenschaften und der Philosophie. Die europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen Bad-Neuenahr-Ahrweiler ist aktuell an einem Projekt "Potenziale und Risiken des pharmazeutischen Enhancements psychischer Eigenschaften" beteiligt. Die Debatte um Pro und Kontra hat in den letzten Jahren erst begonnen.
Von den Befürwortern von Enhancementtechnologien wird ins Feld geführt, dass Menschen schon immer an der Verbesserung ihrer Fähigkeiten interessiert waren und dafür Technologien eingesetzt haben, etwa in Form von Erziehungssystemen; eine Ablehnung der neue Technologien sei daher nicht kohärent.
Kritiker oder Skeptiker führen dagegen ins Feld, dass Eingriffe in die gesunde menschliche Natur in der Regel keine Verbesserungen bringen und allenfalls zu einer erhöhten Anpassung an gesellschaftliche und ökonomische Interessen führen. Die Langzeitfolgen der Einnahme seien derzeit noch kaum abzuschätzen. Thematisiert wird von dieser Seite außerdem die Frage der Verteilungsgerechtigkeit, da diese Technologien nicht für alle bezahlbar seien. Auch sehen sie die Gefahr, dass die personale Ebene des Individuums, wie beispielsweise Verantwortung und Selbstbestimmung, nivelliert oder allmählich geleugnet werden könnte.12
Diese Fragen können jedoch nicht nur von Fachleuten der Neuroethik oder Medizinethik allein beantwortet werden. Letztlich ist die Frage an uns alle gerichtet, was wir unter einem "guten Leben" verstehen, in welcher Gesellschaft wir zukünftig leben wollen und welchen Stellenwert der Einsatz psychotroper Substanzen in allen Lebensbereichen zukünftig haben soll.
Wollen wir das Recht - oder gar die Pflicht - auf Ausschöpfung aller unserer Möglichkeiten, mit allen Mitteln? Oder wollen wir das Recht auf unsere Begrenzungen, auf die ganze Bandbreite unserer Gefühle, das Recht auf eine Erlebnisqualität, die ohne künstliche Unterstützung erzeugt wird? Macht nicht das Akzeptieren der Unvollkommenheit Menschlichkeit aus? Ist nicht gerade die Leugnung der menschlichen Unvollkommenheit das Bekenntnis zu einer totalitären Gesundheitsvorstellung? Welcher Bewusstseinszustand ist ein guter Bewusstseinszustand? Welche Bewusstseinszustände wollen wir in unserer Kultur fördern, welche zurückdrängen? Wie ist der Mensch in Wirklichkeit, und wie sollte er in Zukunft sein?
Pillen statt kleinen Klassen?
Der breite Einsatz pharmakologischer Unterstützer wird langfristig in seinen Wirkungen nicht auf das Individuum beschränkt bleiben, sondern sich auf gesellschaftliche Vorstellungen und Normen auswirken. Es steht zu befürchten, dass er die Tendenzen zur Individualisierung und Biologisierung sozialer Phänomene weiter vorantreibt und den Blick auf notwendige politische Lösungen verstellt. Pillen statt kleinerer Schulklassen oder besserer Förderung?
Experten wie der Bewusstseinsforscher Christof Koch vom California Institute of Technology gehen jedenfalls davon aus, dass sich durch die Manipulation von Gehirn und Bewusstsein mittels chemischer und elektronischer Neurotechnologie der Mensch und mit ihm die Kultur und Gesellschaft tiefgreifender verändern wird als durch jede andere wissenschaftliche Revolution der Vergangenheit.13 Sind wir bereits unterwegs zu einem neuen Menschenbild?14
Schon heute konstatiert John Hoberman in Amerika einen zunehmenden sozialen Druck auf diejenigen, die - im Sport und im Alltagsleben - nicht dopen und sich dem Anspruch der permanenten Selbsterfindung entziehen.15
Die Bereitschaft, sich aus den Pharma-Labors zu bedienen, wird weiter wachsen, wenn noch wirkungsvollere und nebenwirkungsärmere Substanzen erhältlich sein werden.
Resümee: Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass das Alltagsdoping weiter zunehmen wird. Insbesondere die sich beschleunigenden Fortschritte in den Neurowissenschaften und die schleichende Verschiebung dieser Substanzen in das Segment der Lifestyle-Produkte werden diese Entwicklung weiter vorantreiben. Schon heute zielt die Pharmaindustrie indirekt auf Menschen, die illegale Drogen nicht nehmen würden, die auch kein echtes medizinisches Problem haben, aber durchaus daran interessiert sind, ihr Wohlbefinden und ihre körperliche und geistige Leistungsfähigkeit durch neue Drogen gezielt zu steuern.
Die damit verbundenen ethischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Fragen werden eine immer größere Bedeutung bekommen. Tangiert sind unmittelbar auch die Suchthilfe sowie die Gesundheits- und Suchtstoffpolitik, denn die Beziehung zwischen legalem und illegalem Drogenkonsum wird sich verändern.
Was bedeutet dies für die Konzepte von Abstinenz und Punktnüchternheit, für Psychotherapie und medikamentengestützte Behandlung in der Suchthilfe, für die Ansätze von Verhaltens- und Verhältnis-Prävention?
Der Trend und die Möglichkeiten des "Alltagsdopings" müssen gesellschaftlich zum Thema werden, auch in der Suchthilfe und in der Suchtmedizin, und zwar nicht erst, wenn die ersten Ratsuchenden in die Arztpraxen und in die Beratungsstellen kommen, weil ihnen die Steuerungsfähigkeit von Befinden und Leistungsfähigkeit völlig abhanden gekommen ist.
Anmerkungen
1. Vgl. Ärzteblatt, Doping: Anabolika in Nahrungsergänzungsmitteln deutscher Hersteller. 14.07.2007.
2. Vgl. Geisen, Thomas: Deutschland einig Pharmaland. In: Kölner Stadt-Anzeiger, 3. August 2007.
3. Vgl. Der Fokus Pressespiegel: Lifestyle-Medikamente sind ein Wachstumsmarkt, Fokus Magazin Verlag analysiert Gesundheitsmarkt. 4.11.03.
4. Amendt, Günter: Lifestyle-Drogen, Zur Pharmakologisierung des Alltags. Unveröffentlichtes Manuskript, S. 10.
5. Vgl. Harth, Wolfgang et al.: Lifestyle-Medikamente und körperdysmorphe Störungen : Ein neues medizinisches Phänomen am Beispiel der Dermatologie. In: Deutsches Ärzteblatt, Ausgabe 3, 17. Januar 2003.
6. Kickbusch, Illona: Gesundheit für alle : Die Gesundheitsgesellschaft entsteht vor unseren Augen. In: GDI Impuls, Sommer 2006, Thema Healthstyle, S.16-23.
7. Vgl. Simm, Michael: Doping fürs Gedächtnis. In: Die Süddeutsche, 06.07.2004.
8. Heuchert, Oliver: ZDF WISO, Risiko Berufsunfähigkeit: Gesetzliche Ansprüche berechnen, private Absicherung, Versicherungsschutz für Vorerkrankungen. Frankfurt am Main : Campus Verlag, 2006.
9. Mannheimer Versicherungen: Gründe für Berufsunfähigkeit.www.mannheimer.de/privatkunden/macura, Stand 5.November 2007
10. Vgl. Pressestelle der Universität Jena: Individuelle und soziale Ressourcen für den Umgang mit sozialem Wandel. In: Konturen Heft 5/2007.
11. Vgl. Huber, Alexander: Dem Hirn Beine machen : Doping für die Psyche - eine Herausforderung der Zukunft. In: Badische Zeitung, 15.7.2007.
12. www.wikipedia .de, Stichwort Neuroethik.
13. Vgl. Charisius, Hanno: Hirnforschung - Baustelle Kopf. In: Die Süddeutsche, 3.5.2007.
14. Vgl. Metzinger, Thomas: Neuroethik - Unterwegs zu einem neuen Menschenbild. In: Gehirn & Geist Heft 11/2005.
15. Hoberman, John M: Testosterone Dreams: Rejuvenation, aphrodisia, doping. Los Angeles : University of California, 2006.