Studio statt Kanzel
Im Deutschen Caritasverband (DCV) begann 1952 die Ära effizienter, in Spendeneingängen, Medienreichweite und Publikationen messbarer Werbung mit Ernst Schnydrig. Als Pfarrer machte er das Rundfunkmikrofon vom "Wort zum Sonntag" zu seiner Kanzel. Seine Unterrichtsmaterialien zum Thema tätige Nächstenliebe und Solidarität schrieb der gewesene Deutschlehrer in zig Büchern, Berichten, Bettelbriefen selbst: ein Schriftsteller, dem nie der Stoff ausging.
Schnydrig traf Text und Ton wie Kästner, Krüss oder Böll. Er schrieb kurzweilig und ironisch, spröde und assoziativ, nie belehrend oder langatmig. Er trug launig vor, in gemäßigtem Schweizer Idiom, das auch im Stakkato noch gemütlich, aber eindringlich klang. Er forderte sein Hunderttausende zählendes Hörer- und Leserpublikum, aber er überforderte oder langweilte es niemals. Bildsicher und kenntnisreich verknüpfte er Darstellungen heutiger Not mit allgemeinverständlichen biblischen Symbolhandlungen und -figuren. Und er warb für die ganze Caritas, sein Ressort hieß Werbung und Publizistik: Die Priorität ist erkennbar. Dennoch hatte Schnydrig seit seiner vorangegangenen Tätigkeit für die Schweizer Caritas ein besonderes Anliegen: Flüchtlinge, vor allem Kinder, in Palästina, deren Elend er bei einer Bethlehemfahrt selbst erlebte. Sein Engagement führte zu einem Spendenaufruf des DCV für ein Kinderspital in Bethlehem, das zu einem vollwertigen Krankenhaus ausgebaut werden musste. Schweizer und deutsche Caritas sammelten und handelten dafür Hand in Hand, trugen und tragen sämtliche Kosten für den Betrieb des nach wie vor einzigen Krankenhauses für palästinensische Kinder. Inzwischen ist ein dafür gegründeter Verein sammelnd und fürsorgend am Werk, die Kinderhilfe Bethlehem.
Ernst Schnydrig hat die Not der palästinensischen Familien und das Leid ihrer vom Tod bedrohten Kleinkinder seiner Zeit nachdrücklich klar gemacht. Der Papst spendete zum Ende des Konzils 1965, die deutschen Bischöfe widmeten die Pfingstkollekte, Schweizer Ordensschwestern bildeten junge Palästinenserinnen zu Krankenschwestern aus: Das waren die Zeichen der Hoffnung - während der Sechstagekrieg für die Menschen in den Flüchtlingslagern bittere Realität war. Ausdauernde kirchliche und diplomatische Anstrengungen brachten die Planung voran und der Bau wurde unter großen Mühen betrieben. Zwei Tage vor der Abreise zur Eröffnung im April 1978, ganz unerwartet, starb der Initiator Ernst Schnydrig in Freiburg.
Der Mensch, der ein halbes Programm ist
Ein Stück aus einer Schnydrig-Botschaft zeigt Motivation, Spiritualität und Intention des Pioniers der medienweiten guten Botschaft und der Menschenfischer-Werbung: "… Ich bin mit meinen Sätzen auch bei Ihnen - bei einem Menschen, den ich nicht kenne - eingeschaltet für eine Gnadenfrist von … jetzt noch 120 Sekunden; und werde, wenn die vorbei sind, so blitzschnell wie ich kam, auch wieder weggewischt … wenn ich nicht fertig bin, dann eben mitten im Satz, und das wäre Pech. Sie würden vielleicht über mich lachen, über diesen Menschen, der ein halbes Programm ist … Lachen Sie nicht, es kann Ihnen ein Gleiches passieren, denn auch Sie sind ein Sender. Ob Sie es wollen oder nicht: Was Sie denken, reden, tun, strahlt unter die Mitmenschen … ist für fremde Leute Programm, das belehrt, ermutigt, tröstet oder vergiftet …
Es gab noch keine Sendetürme zur Zeit Christi; er sagte, dass wir vor aller Augen die weitstrahlende Stadt auf dem Berge sind. Ein Licht auf dem Scheffel. Und er bittet, mahnt: ,Lasst euer Licht leuchten, damit die Menschen eure guten Werke sehen und den Herrn loben, der im Himmel ist.‘
Und auch darauf hat er warnend hingewiesen, doch auf die kurze Frist zu achten, die unserer Sendezeit eingeräumt ist (für mich jetzt noch zehn Sekunden), damit wir nicht mit einer halben Sache dastehen, wenn dann einmal plötzlich - vielleicht ohne Vorwarnung und Handzeichen - vom obersten Regisseur unser kurzer Zwischenauftritt abgeschaltet wird … Ich wünsche Ihnen einen guten Sonn… zagg, aus! Abgeschaltet."
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