Ökologische Entscheidungen dulden keinen Aufschub mehr
Diese Schwester [Mutter Erde] schreit auf wegen des Schadens, den wir ihr aufgrund des unverantwortlichen Gebrauchs und des Missbrauchs der Güter zufügen, die Gott in sie hineingelegt hat." Das schreibt Papst Franziskus in seiner Enzyklika Laudato si’, eine eindeutige Aufforderung an uns alle, zu überlegen, wie wir Gottes Schöpfung bewahren und unseren Kindern und Enkelkindern eine lebenswerte Welt hinterlassen können. So hat die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 27. September 2018 (Arbeitshilfe Nr. 301) beschlossen, der Schöpfungsverantwortung als kirchlichem Auftrag gerecht zu werden. Mit zehn konkreten Handlungsempfehlungen werden alle Diözesen aufgefordert, mutig Schritt für Schritt bei der Umsetzung vorzugehen.
"Die Nöte der Zeit werden euch lehren, was zu tun ist!", so fordert Adolph Kolping seine Kolpingschwestern und Kolpingbrüder, aber auch alle engagierten Christ(inn)en zum konkreten Handeln auf. Und erläutert, was er erwartet: "Schön reden tut’s nicht. Die Tat ziert den Menschen!"
Eine Genossenschaft für nachhaltige Energiekonzepte
Mit dieser Aufgabe Adolph Kolpings betraut haben sich die Rechtsträger des Kolping
Diözesanverbandes Hildesheim im Januar 2017 damit auseinandergesetzt, wie sie fossile Wertstoffe durch erneuerbare Energien ersetzen können. So wurde beschlossen, unter der Federführung der Kolping- Rechtsträger der Diözese Hildesheim eine eingetragene Genossenschaft zu gründen, die "KEEG eingetragene Genossenschaft". Alle, die sich der Aufforderung von Papst Franziskus zum Schutze der Schöpfung verpflichtet fühlen, können Mitglied der Genossenschaft werden. Diese zielt darauf ab, Energiekonzepte für juristische und natürliche Personen zu erarbeiten und entsprechende Projekte wie Photovoltaikanlagen, Blockheizkraftwerke und elektrische Ladestationen mittels des Genossenschaftskapitals der Genoss(inn)en umzusetzen.
Die KEEG installiert die Anlage auf dem Gelände des zukünftigen Betreibers und schließt mit ihm einen Pachtvertrag ab, der mit der Inbetriebnahme der Anlage in Kraft tritt und bis zu zwanzig Jahre dauern kann. Das durch die KEEG erwirtschaftete Ergebnis wird an die Genoss(inn)en ausgeschüttet, einen Teil der Rendite spendet die Genossenschaft für soziale Projekte. Seit September 2018 ist die KEEG operativ tätig, erste Projekte sind bereits realisiert, weitere begonnen.
Bessere Wirtschaftlichkeit elektrischer Ladestationen
Basis aller Konzepte sind die gesetzlichen Regelungen wie das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), in dem die Rahmenbedingungen und die Einspeisevergütungen für selbst erzeugten Strom festgelegt sind. Es gibt den Investoren und Betreibern von Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energie eine Planungssicherheit für zwanzig Jahre, so dass die Wirtschaftlichkeit jedes Projekts durch die KEEG nachgewiesen werden kann.
Ein zweites Gesetz, das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), wurde 2018 überarbeitet und unter anderem im § 3 Abs. 25 - Letztverbraucher - neu gefasst. Dies war wichtig, um die Wirtschaftlichkeit von elektrischen Ladestationen für Fahrzeuge zu verbessern und den zügigen Ausbau von elektrischer Ladeinfrastruktur zu fördern. Im EnWG wird festgelegt, dass Letztverbraucher natürliche oder juristische Personen sind, die Energie für den eigenen Verbrauch kaufen. Durch diese Regelung ist der von den Ladestationen für Elektrofahrzeuge abgegebene Strom Eigenverbrauch, falls der Ladestrombetreiber ebenfalls die stromliefernde Photovoltaikanlage betreibt. Somit kommt die reduzierte EEG-Umlage von 40 Prozent zum Tragen, was das Ergebnis für den Betreiber der Anlagen um mehr als vier Cent pro verkaufte Kilowattstunde verbessert.
Umweltfreundlich und ökonomisch machbar
Bei den Aufforderungen, unsere Schöpfung zu bewahren und nachhaltig zu handeln, müssen sich Kirchengemeinden, soziale Einrichtungen wie die Caritas, aber auch Kommunen und Gemeinden sowie christliche Verbände beim Umstieg auf erneuerbare Energien Fragen zur ökonomischen Machbarkeit stellen. Daten über Energieverbräuche mit Tages- und Monatsspitzen bilden die Grundlage für ein Energiekonzept, das mit Hilfe der KEEG erstellt wird. Sicherlich ist eine Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Gebäudes, das tagsüber nicht genutzt wird, wirtschaftlich nicht so sinnvoll, da der Eigenverbrauch sehr gering ist. Ein hoher Stromverbrauch über den Tag verbessert die Wirtschaftlichkeit der Anlage immens. Dabei können Eigenverbräuche der selbst erzeugten Energie bis zu 85 Prozent und mehr gedeckt und so die an den Energieversorger zu zahlenden Strombeträge reduziert werden. Eine Photovoltaikanlage wird im Winter wesentlich weniger Energie liefern als im Frühjahr und Sommer. Ungefähr 80 Prozent der Jahresleistung sind Ende August erbracht. So macht es Sinn, über ein weiteres Modul nachzudenken, das in der dunklen Jahreszeit die elektrische Energie und auch Wärmeenergie für Heizung und Warmwasser liefert, etwa ein Blockheizkraftwerk. Die optimale Konfiguration dieser Energiemodule schlägt die KEEG in einem nach folgenden Punkten gegliederten Energiekonzept vor:
- Heutige Situation des Auftraggebers
- Energiemodule der Zukunft
- Module für autarke Energieversorgung
- Mittelfristige Projektplanung
- Meilensteinplan zur Projektrealisierung
- Risikoanalyse zur Projektrealisierung
- Erstellen des Projekt-Pflichtenheftes
- Ausschreibung und Beauftragung
In einer gemeinsamen Koordinierungsgruppe werden die Daten und nächsten Schritte besprochen und nach Zustimmung durch den Kunden umgesetzt. Nach Inbetriebnahme der Anlage ist der Eigentümer der Liegenschaft aufgrund des Pachtvertrages der Betreiber und genießt für den produzierten Strom die gesetzlich geregelten Vorzüge der reduzierten EEG-Umlage.
Das Ferienparadies Pferdeberg als gutes Beispiel
Das erste Projekt der KEEG befindet sich im Ferienparadies Pferdeberg bei Duderstadt. Hier betreibt das Kolping-Familienferienwerk der Diözese Hildesheim ein Ferien- und Bildungshaus mit 26.000 Übernachtungen im Jahr.
Ziel der Umstellung war es, die Stromkosten in Höhe von fast 40.000 Euro (2013) zu reduzieren und mit dem Bau eines Blockheizkraftwerks gleichzeitig den Wärmebedarf für Wasser und Heizung bereitzustellen. Im Januar 2018 wurde eine Photovoltaikanlage mit einer maximalen Leistung von 99 Kilowatt Peak als weiteres Energiemodul in Betrieb genommen. Durch diese beiden Module konnten die Stromkosten im Jahr 2018 gegenüber 2013 auf 40 Prozent gesenkt werden, obwohl die Ferienanlage um neun Familienappartements erweitert wurde. Die zusätzlichen Parkplätze wurden teilweise mit elektrischen Ladestationen ausgestattet, um Autos mit selbst erzeugtem Strom günstig laden zu können.
Für das Laden hat sich der Betreiber der Station für drei Gebührenmodelle entschieden:
- kostenfreies Laden für Hausgäste;
- Anmietung eines Parkplatzes inklusive der Aufladung des E-Fahrzeugs;
- einmaliges Laden und Bezahlen per App.
Seit März 2019 ist auf den Dächern des Feriencamps Pferdeberg eine weitere Photovoltaikanlage mit 97 Kilowatt Peak in Betrieb. So konnte die Selbstversorgung mit Strom weiter gesteigert und die Kosten beim Energieversorger erneut reduziert werden.
Die Zeit wird knapp
Die ökonomische Realisierbarkeit von Anlagen mit erneuerbaren Energien steht außer Zweifel, wie am Beispiel des Ferienparadieses Pferdeberg deutlich wird. Im Gegenteil, die Kosten können enorm gesenkt werden. So stehen dem Betreiber finanzielle Möglichkeiten zur Optimierung seiner Liegenschaft zur Verfügung, die er in die Zukunftssicherheit seines Unternehmens investieren kann. Ökologisch ist die Nutzung von Sonne, Wind, Wasser und Elektromobilität ein absolutes Muss, um die gesteckten Klimaziele auch nur annähernd erreichen zu können. Jede mit erneuerbarer Energie erzeugte Kilowattstunde spart darüber hinaus durchschnittlich 600 Gramm Kohlendioxid. Das sind allein bei den beiden Photovoltaikanlagen auf dem Pferdeberg ungefähr 120 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland einer Prognoseberechnung des Umweltbundesamtes zufolge im Bereich Verkehr 162 Millionen Tonnen Kohlendioxid produziert, 2015 waren es 161 Millionen Tonnen.1
Damit wurde nicht weniger, sondern mehr produziert, völlig konträr zu den Klimazielen der Bundesregierung. Gerade deshalb müssen die Bemühungen enorm gesteigert werden, um die Schöpfung Gottes vor Schaden zu bewahren. Das ist machbar, indem ökologische Entscheidungen für soziale, caritative und kirchliche Einrichtungen sachlich begründet und bald getroffen werden.
Anmerkung
1. Weitere Details zur Klimabilanz des Umweltbundesamtes unter: www.umweltbundesamt.de/galerie/grafiken-tabellen-zur-klimabilanz-2018
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