„Fair entscheiden“ mit neuem Online-Training
"Können Männer eigentlich Bundeskanzlerin werden?" lautet die Einstiegsfrage des Online-Trainings "Fair entscheiden", das die Mitglieder der Initiative "Chefsache" vorstellten. Es macht auf ein häufig übersehenes Phänomen aufmerksam, das den Alltag in Organisationen aber entscheidend prägt: Sozialpsychologische Studien zeigen, dass Rollenerwartungen, die wir gegenüber Männern und Frauen, aber auch Alten und Jungen genauso wie gegenüber Menschen unterschiedlicher Herkunft haben, unsere Einschätzungen und Entscheidungen leiten.
Unbewusste Denkmuster
Wenn also Kinder in ihrem Leben bislang nur eine Frau als Bundeskanzlerin erlebt haben, gehen sie vielleicht davon aus, dass Männern diese Karriereoption verwehrt bleiben muss. Wenn in den Führungsebenen von Organisationen überwiegend Männer einer bestimmten Altersgruppe zu finden sind, nehmen Entscheider(innen) unterbewusst an, dass auch diese es sind, die den Anforderungen in diesem Bereich am besten gerecht werden. Das Online-Training der Initiative stellt dieses Phänomen des "Unconscious Bias" - der unbewussten Vorannahmen - anhand überraschender Studienergebnisse vor:
- Hätten Sie gedacht, dass Eltern die Krabbelfähigkeiten ihrer Töchter systematisch unterschätzen, während sie die ihrer Söhne überschätzen?
- Und wussten Sie, dass derselbe Lebenslauf von Personalabteilungen deutlich unterschiedlich bewertet wird, je nachdem, ob er mit einem weiblichen oder männlichen Namen versehen ist?
Im zweiten Teil des kostenfrei zugänglichen Trainings werden Hinweise gegeben, wie Einzelpersonen und Organisationen mit diesen Erkenntnissen umgehen können, um fairere - und bessere - Entscheidungen zu treffen.
Ein Umdenken in der Arbeitswelt herbeiführen
Des Weiteren bietet die Initiativen-Website einen Online-Test, der auf die Bewusstmachung des Unbewussten abzielt: Er ermöglicht die datenbasierte Prüfung der persönlichen Vorurteilstendenz. Der Test ist eine Weiterentwicklung des "Implicit-Association-Tests" der Harvard-Universität und erlaubt Teilnehmer(inne)n innerhalb weniger Minuten herauszufinden, wie stark sie die Begriffe "Karriere" und "Familie" unbewusst mit Frauen oder Männern verbinden.
Dass sich Elternschaft und Karriere nicht ausschließen müssen – weder für Mütter, noch für Väter – soll das Online-Magazin "Elternzeit ohne Karriereknick" zeigen: Eltern aus allen beteiligten Organisationen kommen dort zu Wort; außerdem werden Strategien vorgestellt, wie Unternehmen familienbedingte Auszeiten gut begleiten können.
Das Netzwerk wächst weiter
Bei ihrem Treffen in Berlin machten die anwesenden Führungskräfte diese Themen auch vor Ort zur "Chefsache" und diskutierten im persönlichen Austausch, was das Netzwerk, aber auch jeder und jede Einzelne zum Abbau von Rollenstereotypen beitragen kann. Erstmals dabei waren Führungskräfte der Lufthansa, des TÜV Rheinland und der EnBW.
Warum sie mehr Diversität gerade auf Vorstandsebenen für entscheidend hält, erklärte Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen, die als "Chefin" des Bundesverteidigungsministeriums sprach: "Probleme, die große Unternehmen haben, sind so komplex, – ich sage jetzt nur einmal das Wort ‚Brexit‘ – dass Sie, wenn Sie eine homogene Führungsmannschaft haben, automatisch einen homogenen Blick auf die Risiken und Chancen haben, also ein Klumpenrisiko. So lassen Sie die Breite der Erfahrungen, die Sie brauchen, um diese komplexen Themen aufzunehmen, an sich vorbeiziehen."