So sehen Helden aus
Liebe Leserin, lieber Leser,
benachteiligte Jugendliche fallen auf und ecken an. Sie provozieren und wecken damit nicht unbedingt unser Mitgefühl. Sie werden schnell und unreflektiert in bereit stehende Schubladen sortiert. Wenn sie in dieser Schublade verschwunden sind, brauchen wir uns mit ihrer Lage, ihren Fähigkeiten und ihren Hoffnungen nicht mehr auseinanderzusetzen.
"So sehen Helden aus" - mit dieser Überschrift fordert der Deutsche Caritasverband, den Standpunkt und die Perspektive zu wechseln. Die Kampagne 2008 lädt ein, den Blick auf Fähigkeiten und Begabungen der Jugendlichen zu lenken. Benachteiligte Jugendliche waren oft auch benachteiligte Kinder. Ein schwieriges familiäres Umfeld und schlechte Erfahrungen in Kindergarten und Schule machen es sehr schwer, eigene Talente zu entfalten. Den kleinen Schritten, die für die Jugendlichen eine große Herausforderung bedeuten, muss deshalb mit Achtung und Anerkennung begegnet werden. Nur mit einer solchen Grundhaltung können Jugendliche motiviert werden, ihre Kräfte und Potenziale zu entfalten.
Mit der Kampagne 2008 geht es dem Caritasverband sowohl um die Haltung des Einzelnen als auch um die gesamtgesellschaftliche Situation. Mit einer Haltung der Wertschätzung gegenüber benachteiligten Jugendlichen wird man dann auch Strukturen hinterfragen. Warum werden in unserem Schulsystem "gute" und "schlechte" Schüler frühzeitig getrennt? Warum ist es nicht möglich, dass in allen Schulen Schulsozialarbeiter gemeinsam mit den Lehrern die Schüler pädagogisch begleiten? Warum sind die Personalschlüssel in Kinderkrippen, Kindergärten und Horten so schlecht, dass eine intensive Betreuung benachteiligter Kinder und ihrer Eltern nicht möglich ist?
Jugendliche, die einen schweren Start ins Leben haben, brauchen Unterstützung und Anerkennung, nur dann können wir viele kleine und große Heldentaten bewundern.
IHR ANDRÈ SCHNEIDER