Neues Berufswegekonzept
40 Jahre ist es her: Im Jahr 1969 begann die Caritas in Fulda, eine erste Werkstatt für behinderte Menschen aufzubauen. Zunächst nutzte man dafür Räume im Fuldaer Priesterseminar. Dies war die Geburtsstunde professioneller Betreuungsarbeit für und mit behinderten Menschen, um ihnen Teilhabe an gesellschaftlichen Leben und an Arbeit zu ermöglichen.
Aus Anlass dieses 40-jährigen Jubiläums lud die Caritas-Behindertenhilfe und Psychiatrie zu einem Fachtag in ihre Hauptwerkstatt in der St.-Vinzenz-Straße ein. Bei dem Symposium wollte man einerseits eine Bestandsaufnahme machen, gleichzeitig aber vor allem den Blick in die Zukunft richten: Wie werden sich die Behindertenhilfe und die Teilhabe behinderter Menschen am Sektor Arbeit weiter entwickeln? In seiner Begrüßung ließ Diözesan-Caritasdirektor Dr. Markus Juch die vergangenen vier Jahrzehnte kurz Revue passieren und unterstrich, dass das heute völlig normale Unterstützungssystem für Menschen mit Handicap damals einer quasi revolutionären Neuerung gleichkam. Nach Grußworten u. a. vom Caritas-Aufsichtratsvorsitzenden Ordinariatsrat Elmar Gurk und dem Fuldaer Bürgermeister Dr. Wolfgang Dippel sprach zunächst Bernward Jacobs, Geschäftsführer der Stift Tilbeck GmbH bei Münster, über die aktuelle Situation bzgl. der Teilhabe am Arbeitsleben in Deutschland. Dabei definierte er den Unterschied zwischen allgemeinem Arbeitsmarkt und Werkstätten dahingehend, dass in den Werkstätten - diametral dem üblichen Verfahren entgegengesetzt - die Arbeit für den Menschen ausgesucht wird. Jabobs betonte, dass es immer Menschen geben wird, die auf diese Form der Teilhabe an Arbeit angewiesen und Werkstätten somit auch in Zukunft nicht verzichtbar seien. Sie seien aber bereits dabei sich zu wandeln vom "Raum und Ort" hin zu "Idee und Konzept" mit unterschiedlichen, nicht unbedingt mehr an einem Platz konzentrierten Angeboten.
Werkstatt ein Weg von vielen
In ähnliche Richtung ging der Beitrag von Matthäus Mihm, der als Geschäftsführer Soziale Werkstätten Eschwege das auch dort praktizierte Konzept "Agentur für angepasste Arbeit in Hessen" vorstellte. Leitgedanke dabei sei die absolute Durchlässigkeit des Systems, um Menschen mit Behinderungen eine individuelle und angepasste berufliche Laufbahn zu ermöglichen. Arbeit sei - das wisse jeder aus eigener Erfahrung - eine wesentliche Grundlage des Lebens und des eigenen Selbstverständnisses und damit auch für Menschen mit Behinderung von immenser Bedeutung.
Rechtlichen Fragen und der politischen Dimension von Teilhabeaspekten ging Liane Grewers nach, Referatsleiterin "Teilhabe von Menschen mit Behinderungen" im Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit. Bei ihren Ausführungen spielte auch das Uno-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen eine Rolle, das in der deutschen Gesetzgebung durchgehend Geltung erlangen soll.
Caritas-Gesamtwerkstättenleiter Bernd Wystrach, der auch durch den Fachtag moderierte, beendete die Vorträge mit einer kurzen Präsentation des neu entwickelten Berufswege-Konzeptes der Behindertenhilfe - einem Konzept ganz im Sinne des Inklusionsgedankens der UN-Konvention: Mittels einer "Berufswegekonferenz" solle dabei zukünftig für und mit jedem Bedürftigen ein individueller Ausbildungs- und Beschäftigungsweg ausgearbeitet werden. Ob Werkstatt, integrierter Arbeitsplatz, Berufsbildungsbereich, inklusiver Berufsschulunterrricht, Helfer- oder Teilqualifiaktion, alle Menschen - so Wystrach - sollen dabei ganz nach ihren Wünschen und Fähigkeiten Teilhabe an Arbeit erfahren dürfen.
Ab dem Mittag ging der Fachtag über in einen Tag der Offenen Tür. Alle Fachbesucher sowie Verwandte und Freunde der Werkstatt-Mitarbeiter und die breite Öffentlichkeit konnten die Werkstätten vor Ort sowie mit Transferbussen auch die anderen Standorte der Caritas-Behindertenhilfe und Psychiatrie besichtigen und mit den Mitarbeitern direkt an ihren Arbeitsplätzen ins Gespräch kommen.