Pastorinnen als Influencerinnen: Brücken bauen zwischen Kirche und Social Media
@andersamen: Sie bespielen ihren Youtube-Kanal mit 35.000 Followern mit Vlogs aus ihrem Alltag zu Hause und im Pfarramt, Theologischem – auch aus queerer Perspektive.@ Foto: Clemens Beckmann/Illustration: Thomke Meyer
Seit 2020 gestalten Ellen und Stefanie Radtke ihren Youtube-Kanal "Anders Amen" mit mehr als 35.000 Followern. Sie gehen via Instagram und Tiktok raus an die Öffentlichkeit, drehen Vlogs aus ihrem Alltag im Pfarramt, besprechen auch Sensibles wie den Kinderwunsch als lesbisches Paar. Und: Sie widmen sich der Herausforderung, "jungen Menschen die Kirche näherzubringen".
Den beiden 40-Jährigen reicht die Arbeit auf der Kanzel nicht aus: "Wir möchten Menschen mit unseren sozialen Kanälen erreichen, die nicht jeden Sonntag in die Kirche kommen", sagt Stefanie Radtke. "Auch diese Mitglieder sind wichtig und sie brauchen uns. So haben wir eine kleine Online-Gemeinde aufgebaut."
Die Familie Radtke lebt seit Herbst 2023 in Osnabrück und sowohl Ellen wie auch Stefanie Radtke wirken als Pastorinnen in der St. Michaelis-Gemeinde: "Wir arbeiten in zwei Welten. Analog in der Gemeinde, digital in den sozialen Medien", sagt Stefanie Radtke.
Aber warum machen sich die beiden die Mühe, Videos zu drehen und Fotos zu posten? "Wir möchten zeigen, dass man lesbisch sein kann, nicht in die Norm passen muss und dennoch für die Kirche arbeiten kann. Das erstaunt immer noch viele Menschen", sagt Ellen Radtke und ergänzt: "Konservative Christen kommen damit noch gar nicht klar. Wir bekommen böse Kommentare und sogar Anfeindungen in Form von Briefen nach Hause, die uns zum Schweigen bringen möchten. Aber wir geben deshalb nicht auf", fügt sie hinzu. Angst hätten die beiden nicht: "Aber wir sorgen uns schon um unsere Kinder, die wir im Netz auch nicht zeigen, das ist tabu", so Stefanie Radtke.
Online und persönlich: Ihre Arbeit wird immer wichtiger
Entschlossen handeln beide Frauen auch, wenn es darum geht, Menschen in Krisensituationen zu helfen: "Die Nachfrage nach persönlichen Seelsorgeterminen ist enorm gestiegen in diesen Zeiten", sagt Ellen Radtke. Viele Menschen seien durch die politische Lage verunsichert. "Ich habe das Gefühl, dass mehr Menschen mit psychischen Problemen auf uns zukommen", ergänzt sie.
Kraft für den Job als Influencerinnen, als Pastorinnen, als Seelsorgerinnen und als Eltern tanken die beiden Frauen auf verschiedene Art und Weise: "Ich gehe gerne alleine in den Gottesdienst, finde dort Ruhe und reflektiere mich selbst. Der Glaube ist meine Struktur", sagt Stefanie Radtke. Ihre Partnerin hingegen liebt es kommunikativ: "Ein klassischer Gottesdienst gibt mir gar nichts. Ich mag es, in den Austausch über den Glauben mit anderen Menschen zu gehen", erklärt Ellen Radtke.
Auch wenn beide grundsätzlich unterschiedlich sind, "verfolgen wir das gleiche Ziel mit unserer Arbeit und das vereint uns", sagt Stefanie Radtke am Ende unseres Gesprächs, bevor die beiden ihren nächsten Videodreh planen müssen.

@seligkeitsdinge
Pastorin Josephine Teske aus der Nordkirche ist Feministin, Single Mom und Ratsmitglied der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Auf @seligkeitsdinge postet sie für die über 42.000 Follower berührende Segens- und Gebetstexte, Einblicke ins Gemeindeleben mit Inspirationen für (Kinder- und Familien-)Gottesdienste, ernste Themen und bunten, fröhlichen Alltag.

@atmen.glauben.leben
Nina Maria Mixtacki ist Pfarrerin in Mittweida, Sachsen, und ausgebildete Yogalehrerin. Der Name ihres Kanals @atmen.glauben.leben ist Programm: christliches Yoga, Glaubensimpulse, digitale Gottesdienste sowie Einblicke ins Pfarrerinnenleben in der Evangelischen Landeskirche Sachsen gibt es hier für die über 14.500 Follower.

@das.bodenpersonal
Als katholisches Netzwerk Ehrenamtlicher und Hauptamtlicher im Bistum Osnabrück gegründet, mittlerweile aber auch weit darüber hinaus aktiv, postet es unter dem Motto "Vielfältig, katholisch, vernetzt" Input zu Glaubensfragen und Veranstaltungen und stellt immer wieder einzelne Akteur:innen mit eigenen Kanälen vor. Ein guter Einstieg also, um den einen oder anderen neuen Creator kennenzulernen.

@sr_clarita_op
Einen Einblick ins Ordensleben finden 11.400 Follower bei Schwester Clarita, Juniorin bei den Arenberger Dominikanerinnen in Koblenz. Als junge Frau ins Kloster – auf diesen Weg nimmt uns @sr_clarita_op mit, beantwortet Fragen und zeigt, wie Spiritualität und Instagram zusammenpassen.