Augsburg/Leitershofen
, 22.9.2010 (
pca
). 2010
zählte die Europäische Union fast 260.000 Asylbewerber. 2011 werden es deutlich
mehr sein. Die meisten von ihnen werden nicht anerkannt.
Rückkehrberatungsstellen in ganz Europa, gefördert von der Europäischen Union
und den Nationalstaaten bzw. in Deutschland von den Bundesländern bieten ihnen
eine umfassende Beratung, zudem Qualifizierungsmaßnahmen und konkrete
Direkthilfen von Behördengängen bis hin zur Reiseorganisation. Ihr Ziel: eine
erfolgreiche Rückkehr, die zu einer dauerhaften Reintegration auf einer
sicheren Lebensbasis führen soll. Nun trafen sich Verantwortliche der
Rückkehrberatung aus ganz Europa zum ersten Mal im Exerzitienhaus St. Paulus in
Leitershofen
bei Augsburg zu einem transnationalen
Austausch. Dazu hatte der Caritasverband für die Diözese Augsburg gemeinsam mit
der verbandsübergreifenden Zentralen Rückkehrberatungsstelle Bayern-Süd (ZRB)
eingeladen.
Die
Politik hat hohe Erwartungen an die Konferenz. „Wir brauchen eine engere
Zusammenarbeit auf europäischer Ebene, um die Rückkehrberatungsstellen in den
einzelnen Ländern zu stärken und um die Rückkehr besser und effizienter zu
organisieren“, sagte Bettina Scheer vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
(BAMF) zum Auftakt der Konferenz. „Der Bundesinnenminister ist an den
Ergebnissen dieser Konferenz sehr interessiert“, fügte sie hinzu. Peter
Verhaeghe
, bei der Caritas Europa in Brüssel für die
Migrationspolitik
zuständig, begrüßte ebenfalls den
europäischen Charakter „der Konferenz der Praktiker“. Politiker brauchen die
Informationen über die praktischen Folgen ihrer Politik für Asylbewerber und
darüber, welche Alternativen in der praktischen Umsetzung möglich sind.“
„Wir haben in Schwaben mit der ZRB
dankenswerter Weise bereits einen verlässlichen Partner und ein effizientes
Rückkehrberatungssystem, aber es gibt nichts, was nicht noch verbessert werden
könnte“, sagte Gitta
Schmid-Göller
, beim
Regierungsbezirk Schwaben zuständig für die Asylbewerber. Derzeit leben 1580
Asylbewerbern aus 27 Nationalitäten in den Asylbewerberunterkünften. Die
meisten haben keine Aussicht auf eine dauerhafte Bleibe. Von 2007 bis 2010
nutzten 1.340 Asylbewerber das Angebot der Rückkehrberatung und kehrten in ihre
Heimat, zum Beispiel nach Serbien, Mazedonien, China oder dem Irak.
Erfolg
können die Rückkehrberater nicht immer melden. Manchmal fehlt die Möglichkeit,
den Rückkehrer dauerhaft in dem Heimatland zu begleiten. Das Projekt European
Reintegration Support
Organisations
(ESRO) in den
Niederlanden hat deshalb mit lokalen Partnern in einzelnen afrikanischen
Staaten ein enges Austausch- und Informationsnetz gespannt, „denn es
Rückkehrberatung ist mehr als nur die Menschen bei der Rückkehr zu beraten, sie
zielt auf eine nachhaltige Reintegration im Heimatland“, so
Lenie
van
Goor
aus den Niederland. Auch Ewa
Jonsson
vom Roten Kreuz in Schweden berichtete von dem
Vorteil, dass das Rote Kreuz in nahezu allen Ländern vertreten sei und somit
vor Ort Partner sich dann um die Rückkehrer weiter kümmern können.
Rückkehrberatungsstellen in anderen Ländern nutzen auch Partner vor Ort, haben
aber dennoch kaum eine Möglichkeit, den weiteren Werdegang eines Rückkehrers
weiter zu verfolgen.
Letztlich
verfolgen alle Rückkehrberatungsstellen das gleiche Prinzip. Nach Beratung und
Qualifizierungen erhalten die Rückkehrwilligen für die Rückreise ein
Taschengeld ausgezahlt. Die bis zu 2000 Euro, die für Rückkehrer im
Durchschnitt bereit gestellt werden, um in der Heimat ein neues Leben mit einem
eigenen
Micro-Unternehmen
aufzubauen, werden von dem
Beratungspartner vor Ort als Treuhänder verwaltet. Eine Direktauszahlung gibt
es nicht. „Das schreckt Asylbewerber auch ab. Sie wollen am liebsten das ganze
Geld sofort in den Händen halten“, so Silvia
Lobontiu
von der Rumänischen Nationalen Beratung für Flüchtlinge.
Sie verwies auf die Sonderrolle Rumäniens,
das Flüchtlinge für sich höchstens als Transitland betrachten. Sie berichtete
von zehn Iranern, die an der Grenze festgenommen wurden. Sie hätten sehr
deutlich gemacht: „Wenn wir nicht nach Deutschland können, dann gehen wir
lieber wieder nach Hause.“
Wenn
auch die Arbeitsgrundsätze im Wesentlichen die gleichen in ganz Europa sind,
besteht offensichtlich ein sehr großer Bedarf an einer Vernetzung der
Informationswege, der Informationsbeschaffung bis hin zu einem schnellen
Informationsaustausch in Einzelfällen. Das machten die vielen spontanen
Reaktionen auf das Referat Kristina Kühl von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in
Nürnberg über eine ihre netzwerkbasierte Plattform
für Rückkehrberatung (
www.netzwerk-rueckkehrhilfen.de
)
deutlich: „Ja, wir brauchen das. Am besten in mehreren Sprachen“, hieß es aus
dem Mund der schwedischen, englischen, polnischen und niederländischen
Rückkehrberatern. „Es wäre sehr hilfreich, wenn wir Erfahrungen austauschen
könnten, um die Situation in den Herkunftsländern bestmöglich einschätzen zu
können, damit wir auch gut und zielgerichtet beraten können“, so Ewa
Jonsson
aus Schweden.
Wolfgang
Friedel, Leiter des Referates Migration und Auslandshilfe des Augsburger
Diözesan-Caritasverbandes, zieht für sich einen weiteren Nutzen aus der
Konferenz: „Wir können durch die nun neuen persönlichen Kontakte mit den
Kolleginnen und Kollegen in Europa eine andere, bessere Beratungsqualität
anbieten.