Freiburg.
15. Januar 2004. Das Thema Sozialmissbrauch ist in aller Munde und wird auch
von manchen Politikern gerne bemüht, ‚Miami Rolf’ wurde durch die
Boulevardpresse im vergangenen Herbst zu einem der bekanntesten im Ausland
lebenden Deutschen. Dagegen spricht so gut wie niemand darüber, dass Armen,
chronisch kranken, behinderten oder pflegebedürftigen Menschen von Sozialämtern
und anderen so genannten Sozialleistungsträgern in vielen Fällen ihre Rechte
vorenthalten werden. 39 Justitiarinnen und Justitiare bei Caritas und Diakonie
wollen dazu nicht länger schweigen. In einer Erklärung, die am Donnerstag in
der in Freiburg erscheinenden Zeitschrift ‚neue
caritas
’
veröffentlicht wird, schlagen die Sozialrechtsexperten Alarm. ‚Schwersten
Schaden’, so lautet ihr Fazit, nehme auf Dauer der soziale Rechtsstaat
Deutschland, wenn Sozialbehörden ‚den Bruch von Gesetzen betreiben
dürfen", ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden.
An einer Reihe von Beispielen
zeigen die Verfasser der Erklärung, dass bei Kranken- und Pflegekassen, bei
Jugend- und Sozialämtern gesetzlich zustehende Leistungen oftmals in rechtswidriger
Weise verweigert werden. Die Betroffenen würden dadurch in akute Notlagen
gebracht, außerdem seien die Begründungen manchmal geradezu menschenverachtend
und diffamierend. Das Argument, es handle sich dabei um bedauernswerte
Einzelfälle, wollen die Juristen nicht gelten lassen. Vielmehr lege die
Vielzahl dieser Einzelfälle den Schluss nahe, dass es sich dabei um eine ‚systematische
Defizitpolitik’ handle. Eine ‚konzertierte Aktion gegen hilfebedürftige und
anspruchsberechtigte Menschen in Deutschland’ unterstellen die Juristen
nicht. Doch seien bei den knappen Kassen der
Kommunen ‚
Sozialhilfeempfänger-innen
bevorzugte Opfer
für dezidierte oder auch nur indirekt formulierte Sparabsichten’. Die Autoren
zitieren sogar einzelne Verwaltungsanweisungen, bei denen es sich um ‚eine
Aufforderung zur Missachtung des Gesetzes handle’. Häufig fehle den Betroffenen
der Mut und die Ausdauer, sich gegen ‚rechtswidriges Verwaltungshandeln’ zu
wehren. Aber auch ihr Vertrauen auf die Gerichte werde oft enttäuscht. Allein
auf Grund der manchmal jahrelangen Verfahrensdauer seien selbst Existenzrechte’
nicht mehr durch einen effektiven Rechtsschutz gesichert’.
‚Jeder Fall verweigerten Rechts
ist ein Fall zu viel’, merkt Georg Cremer, der Generalsekretär des Deutschen
Caritasverbandes, in einem in
dem selben
Heft
erscheinenden Kommentar an. Dass es nicht überall bei den Sozialämtern ‚im
Argen liege’ und manche Kommunalbehörden für ihre Arbeit ausgezeichnet werden,
mindere nicht die Dringlichkeit dieser Erklärung. Es gehöre ‚zur
Anwaltschaftlichkeit
der Caritas, für die Rechte derer
einzutreten, die auf einen korrekten Vollzug der Sozialgesetzgebung angewiesen
sind’.
Rückfragen:
Dr.
Frank
Brünner
,
Tel.: 0761 / 200 – 576, E-Mail:
frank.bruenner@caritas.de
Malte
Crome
,
E-Mail:
malte.crome@caritas-fulda.de
Peter Frings
, E-Mail:
frings@caritas-muenster.de
Dr.
Heribert Renn,
E-Mail
:
heribert.renn@dwhn.de
Die Ausgabe 1/2004 der Zeitschrift "neue
caritas
"
kann bezogen werden über: Deutscher Caritasverband, Referat Zeitschriften –
Vertrieb, Tel. 0761 / 2 00 – 420, Fax: 0761 / 200 – 509, E-Mail:
Rupert.Weber@caritas.de