Es sind Eltern, die einen Verdacht äußern. Lehrer:innen, die in der Schule etwas gehört haben. Oder Jugendamtsmitarbeitende, die einen Fall abgeklärt haben wollen. "2023 haben wir allein beim Caritasverband Kleve 70 Fälle in der Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen im Kreis Kleve registriert. Damit hat sich die Anzahl innerhalb eines Jahres nahezu verdoppelt", sagt Katja Kleinebenne. Nicht, weil es mehr Fälle geworden seien, sondern weil es jetzt feste Ansprechpartner:innen im Kreis gibt. "Man nimmt uns wahr - und das ist gut so. Wir können das Geschehene zwar nicht ungeschehen machen, aber wir können ins Handeln, ins Tun kommen. Das ist ein gutes Gefühl", sagt Katja Kleinebenne
Die Diplom-Psychologin, Familientherapeutin und Traumaberaterin ist das Gesicht der Fachberatungsstelle in Kleve. Seit vielen Jahren deckt sie schon den Bereich der sexualisierten Gewalt in der Caritas-Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien ab, sie weiß mit der sensiblen Thematik umzugehen. Daher lag es für die Verantwortlichen auch nahe, dass Katja Kleinebenne zum 1. Januar 2022 die Fachberatung mit einer halben Stelle beim Caritasverband Kleve übernimmt. Ihr Pendant beim Caritasverband Geldern-Kevelaer heißt Alexandra Ludzinski. Sie hat im Laufe des Jahres 2022 die Arbeit in der Fachberatungsstelle aufgenommen. Die Kosten dafür übernehmen zu 80 Prozent das Land Nordrhein-Westfalen. Die restlichen 20 Prozent tragen die Kommunen im Kreis Kleve.
"Gut angelegtes Geld", wie Elke Kotthoff, Fachbereichsleiterin Kinder, Jugend und Familie beim Caritasverband Kleve, meint. Sie sagt: "Sexualisierte Gewalt ist mit das Schlimmste, was ein Mensch einem anderen antun kann. Ein Großteil der betroffenen Kinder ist unter 14 Jahre alt. Jedes vierte bis fünfte Mädchen und jeder neunte bis zwölfte Junge ist als Opfer betroffen." Umso mehr freut sie sich auch, dass die Fachberatung zum Anfang des Jahres personell aufgestockt werden konnte. In Kleve teilen sich seitdem Alina Hünnekes und Peter Franke eine zusätzliche volle Stelle, in Geldern hat Sylvia Flegel eine weitere halbe Stelle übernommen. "Damit haben wir nun nahezu drei Vollzeitstellen für die Fachberatung im Kreis. Mehr Fachkräfte zum Schutz von Kindern und Jugendlichen", sagt Elke Kotthoff.
Mit der personellen Ausweitung kann die Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen im Kreis Kleve nun auch ihren zweiten, wichtigen Baustein umsetzen. "Am Anfang ging es vor allem um den Aufbau und um das Bekanntmachen der Fachberatung. In Zukunft wollen wir uns neben der Beratung verstärkt auch um das Thema Prävention kümmern", sagt Katja Kleinebenne.
Das Klever Team: Alina Hünnekes (l.), Peter Franke und Katja Kleinebenne. Julia Lörcks
Und hier kommen Alina Hünnekes (24) und Peter Franke (43) ins Spiel. Die Kindheitspädagogin, die seit zweieinhalb Jahren für den Verband, unter anderem in den Bereichen Alltagsbegleitung für Kinder und Jugendliche mit einem Handicap und in den "Ambulant Erzieherischen Hilfen" (AEH), und der Diplom-Sozialpädagoge, der mehr als zehn Jahre lang im Gocher Jugendamt gearbeitet hat und seit 2021 für den Caritasverband Kleve tätig ist, werden in naher Zukunft Angebote, Programme und Projekte für Schulen, Vereine und andere Institutionen ausarbeiten. "Im Moment stellen wir uns noch auf, nehmen an der Weiterbildung für die Fachberatung teil und laufen bei den Beratungen mit. In Zukunft wollen wir vor allem Präventionsarbeit leisten und aufklären", sagt Alina Hünnekes. Ihr Kollege Peter Franke ergänzt: "Vor allem für Kinder zwischen zehn und 15 Jahren wollen wir altersgerechte und ansprechende Angebote schaffen. Auch das Thema Vernetzung und Netzwerkarbeit wird eine große Rolle spielen."
Info - Land fördert den Ausbau
Das Land Nordrhein-Westfalen fördert mit insgesamt 8,7 Millionen Euro den Ausbau der spezialisierten Beratung bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Mit den Geldern soll die Beratungsstruktur in Nordrhein-Westfalen mit etwa 150 neuen Fachkraftstellen für die spezialisierte Beratung gestärkt werden. Die Mittel stehen ausschließlich für Fachkräfte in der spezialisierten Beratung zur Verfügung, die neu eingestellt oder deren Stelle mit dieser Landesförderung aufgestockt wurden. Die Landesförderung beträgt 80 Prozent und ist dauerhaft angelegt.