"Bethlehem - Haus des Brotes
Brotgeschichten koennte ich Ihnen viele erzaehlen. Was soll es, wir sind eingeschlossen und viele Menschen kaempfen um taegliches Brot. Wir koennen keines kaufen, weil der Baecker nicht backen darf. Tut er es doch, ist es illegal und man wirft ihm Traenengas in die Backstube. Meine Kollegin meldet, dass in Bethanien die Soldaten den Kunden das Brot aus dem Auto gerissen und auf die Strasse geschuettet haben. Ein trauriges Spiel.
Seit Freitag Morgen, 22. November ist in Bethlehem wieder strikte Ausgangssperre und die Stadt ist mit Panzern und Militaer belagert. Fuenf ganze Tage ohne das Haus zu verlassen. Kann man sich das vorstellen? Die Schulen sind geschlossen, Bethlehem ist wiederum eine tote Stadt. Es bleiben nicht nur Tueren verschlossen auch die Fenster sind verriegelt. Schulen sind geschlossen, die Menschen auf engen Raeumen eingepfercht.
Vielleicht funktioniert noch das Fernsehgeraet, dass mindestens durch den Flimmerkasten das Leben draussen in die Stube kommt. Aber was sieht man hier: Wiederholungen von Verdemueti-gungen der letzten Tage. Maenner, die mit verbundenen Augen abtransportiert werden.
Bulldozer die schaenden, Panzer die einfahren, Wachtposten, Soldaten, Verwundete, usw.
Keine aufbauende Bilder. Und die Angst nistet in jeder Ecke der Wohnung.
Im Aida Camp hat man am Samstag morgen alle Maenner herausgeholt und mit erhobenen Haenden an die Mauern gestellt. 4 Stunden standen sie da in heftigem Regen und kaltem Wind. Unterdessen wurden die Haeuser durchsucht.
Sonntag Abend haben die Soldaten das Haus eines Mitarbeiters von mir besetzt. Der Mitarbeiter war im Dienst. Die Mutter mit sechs Kindern wurde aus dem Haus gejagt in die Nacht. Das juengste Kind 2 Jahre alt. Die Soldaten haben sich haeuslich eingerichtet, den Kuehlschrank geleert, die Milch getrunken, und sich in den fremden Betten schlafen gelegt.
Morgens um 3.00 haben sie die Wohnung wieder zurueckgegeben, doch die Kinder wollten nicht mehr in die Betten. Verstaendlich. In Bethlehem sind 8 Haeuser bombardiert worden und dabei viele Nachbarhaeuser beschaedigt.
Den Sonntagsgottesdienst in der Geburtskirche durften nur Nonnen und Moenche mitfeiern, alle andern Christen waren ausgeschlossen. Das grosse Katharinenfest fiel auch ins Wasser.
Die Ambulanze duerfen fahren, aber natuerlich auf eigenes Risiko. So kommen doch immer wieder kranke Kinder im Caritas Baby Hospital an. Im Moment sind cirka 40 kranke Kinder da. Wir konnten einige Mitarbeiter auswechseln per Spitalauto. Doch zu oft wurde der Fahrer aufgehalten und zurueckgewiesen.
Und die Weltoeffentlichkeit schweigt. Wir hoeren nichts von den Kirchen, keinen Aufschrei. Und bald singt die ganze Welt: Stille Nacht, heilige Nacht, alles schlaeft, einsam wacht.
Alles schlaeft, das stimmt wohl, einsam wacht, das stimmt auch. Denn wach sind wir geworden hier in Bethlehem auf alle Geraeusche, die Militaermacht ankuenden. Doch es ist ein einsames Wachen. Der "stumme Schrei" wird von der Welt nicht mehr wahrgenommen.
Aus Bethlehem gruesst mit einem geschwaechten Hoffnungslicht nach fuenf Tagen Ausgehverbot
Martha Troxler"
Spenden nimmt die Kinderhilfe Bethlehem entgegen unter der
Konto-Nummer 7926-755 (Kennwort Bethlehem) bei der Postbank Karlsruhe (BLZ 660 100 75)
Kontakt:
Kinderhilfe Bethlehem im Deutschen Caritasverband
Sekretariat für Deutschland, Tel. 07 61 / 2 00-3 14
E-Mail: KHB@caritas.de