Stolz hält der achtjährige Raffael ein Stück des blau-roten Bandes in der Hand, das er und der zehnjährige Florian gerade durchschnitten haben: Mit diesem symbolischen Akt eröffnet die Landtagsabgeordnete Christine Schneider am Sonntag gemeinsam mit den beiden Jungs den Barfußpfad im Schulhof des Caritas-Förderzentrum St. Laurentius und Paulus. Der Pfad, der eine Weile brach gelegen hatte, war neu hergerichtet und so angelegt worden, dass er jetzt auch mit dem Rollstuhl befahren werden kann.
Die Rollstuhltanzgruppe unter der Leitung von Ute Golbeck liebt fetzige Musik.
Hinter Florian lässt auch Christine Schneider die Wirkung der unterschiedlichen
Beläge des Pfades auf ihre bloßen Füße wirken: „Das tut gut“, meint sie und
lobt das ehrenamtliche Engagement der Eltern, die an der Wiederherstellung
maßgeblich beteiligt waren. Die Wiedereröffnung nach dem Gottesdienst in der
Kirche ist der erste Programmpunkt des Tages der offenen Tür, zu dem das
Zentrum an diesem Tag eingeladen hat.
Einrichtungsleiter Thomas Moser hat
die Gäste zu dem Fest begrüßt, für das die Mitarbeiter ein halbes Jahr zur
Planung benötigten.
„Schön, dass Sie da sind und sich bei uns verwöhnen lassen“ – mit diesen Worten begrüßt dessen Leiter Thomas Moser die Besucher – darunter auch Kreisbeigeordneter Bernd E. Lauerbach und Queichheims Ortsvorsteher Jürgen Doll – und lädt dazu ein, hinter die geöffneten Türen zu schauen und sowohl die vielfältigen kulinarischen Angebote als auch die Darbietungen des umfangreiches Programms zu genießen.
Der neue Barfußpfad konnte bei dem guten Wetter gleich ausprobiert werden, von Raffael, der Landtagsabgeordneten Christine Schneider und allen, die Lust hatten.
Und zu genießen und vor allem zum Mitmachen gibt es auf dem riesigen Gelände in Queichheim jede Menge, vor allem auch für Kinder: Rund um das Frühförderzentrum und den Kindergarten toben sie auf der Hüpfburg, sausen die Röllchenbahn hinunter, sitzen am Schminktisch, schicken Luftballons in den Himmel, fiebern mit beim Kaspertheater oder reiten auf Ponys. Andere drehen gleich am Eingang eine Runde im Elektroauto, lassen sich mit Papa oder Mama auf der Lkw-Arbeitsbühne aus einem benachbarten Betrieb in den Himmel heben oder neben dem schwarzen Formel-3-Rennwagen vom Team Rossberg fotografieren. Im Garten der Sinne, wo sich viele rosa Schweinchen nach dem Vorbild von „Piggeldy und Frederick“ zwischen Wurzelwerk und Gras verstecken, können sie Kunstwerke von Gleichaltrigen bewundern, und auch die Bastelangebote finden großen Zuspruch: Blumentöpfe bepflanzen, Kuchenlollies verzieren, Stofftaschen bemalen...
Auf dem Festplatz, wo die Musiker der Band „The Synergy“ mit flotten Rhythmen unterhalten, reiht sich eine Vorführung an die nächste. Viel Applaus bekommt die Rollstuhltanzgruppe der Förderschule, die einmal in der Woche trainiert, wie Moderator Alexander Hahn informiert. Flott schwenken die Rollstuhltänzerinnen bunte Tücher zu Nenas Hit „Leuchtturm“. „Mit großer Freude sind die mehrfach schwerstbehinderten Menschen beim Tanz dabei“, sagt Ute Golbeck, die die Gruppe seit vier Jahren leitet und mit ihr auch schulinterne Feiern gestaltet. „Sie lieben fetzige Musik, aber auch ruhige Klänge“. Später begeistern hier noch eine Einrad-Gruppe mit Jonglage und der Auftritt der Billigheimer Trachtengruppe die Besucher, bevor die Gruppe „Frau Walter“ die musikalische Unterhaltung übernimmt.
Reger Betrieb herrscht auch ums und im Kirchengebäude, wo ein Flohmarkt auf Abnehmer und im Café „Caritass“ eine von Sponsoren gut bestückte Tombola auf glückliche Gewinner wartet: Als Hauptpreis winkt eine Reise nach Paris. Ein origineller Anziehungspunkt ist hier der Retro-Schuhmarkt: Auf Vermittlung einer Mitarbeiterin hat ein aufgelöstes Schuhgeschäft dem Förderzentrum seine Altbestände zur Verfügung gestellt, die hier wie in einem echten Schuhladen präsentiert und für einen Euro verkauft werden, wie Andrea Schäfer verrät. Sie betreut diesen „Shop“ zusammen mit einer Kollegin und freut sich über „einen guten Umsatz“ zugunsten des Förderzentrums.
Mit einer Lkw-Arbeitsbühne bis in den Himmel: Raffael hat sich getraut.
Als „rundum gelungen“ wertet die Förderschulkonrektorin Monika Hirschfeld den Tag der offenen Tür bei „schönem Wetter, guter Musik und schöner Stimmung“. Wie sie auf Nachfrage erklärt, ist für dessen Organisation rund ein halbes Jahr Vorbereitungszeit erforderlich. Teams aus allen Einrichtungen des Zentrums haben sich dazu seit Januar mehrmals getroffen, ihre Ideen vorgetragen und bei der Umsetzung mitgewirkt, unterstützt von zahlreichen freiwilligen Helferinnen und Helfern. Einrichtungsleiter Thomas Moser erinnert sich daran, dass zwischen seinem Dienstantritt im Jahr 1995 und 2005, dem Jubiläumsjahr des 100-jährigen Bestehens von St. Laurentius und Paulus, alle zwei Jahre ein solcher Tag der offenen Tür organisiert wurde. Danach habe man auf den Drei-Jahres-Rhythmus umgestellt. Auch er ist sehr zufrieden mit Organisation und Ablauf der Veranstaltung am Sonntag. „Alles war sehr entspannt, es gab keinen Stress und keine langen Schlangen“, sagt er. Für die Familien der Bewohner und der Tagesgäste, für Mitarbeitende, deren Familien und für Freunde der Einrichtung sei dies eine schöne Gelegenheit zu Austausch und Begegnung. Vor allem aber für die Bewohner sei dieser Tag sehr wichtig, „sie freuen sich jedes Mal sehr darauf“. Deshalb gibt es Überlegungen, bereits in zwei Jahren erneut einen Tag der offenen Tür zu veranstalten. Vielleicht kann dann auch der Weißstorch wieder zum Mitmachen bewogen werden, der am Sonntagnachmittag zur Freude der Besuch mehrmals das Förderzentrum im Tiefflug umrundet hat.
Text und Fotos: Waltraud Itschner/Henning Wiechers