Menschenwürdige Migration ohne Verlierer
Liebe Leserin, lieber Leser,
20 Jahre nach dem Fall der Mauer zwischen Ost und West sind neue Mauern errichtet und verstärkt worden, vor allem zwischen Nord und Süd. Die dramatischen Ereignisse, die an diesen Mauern stattfinden, gelangen nur gelegentlich in Form von Schlagzeilen an die breite Öffentlichkeit, beispielsweise wenn über afrikanische Bootsflüchtlinge im Mittelmeer berichtet wird. Bei den Versuchen, ihr Ziel zu erreichen, riskieren diese Menschen ihr Leben. Die reichen Industrieländer und auch die Schwellenländer ziehen Menschen aus ärmeren Ländern an, die ihrer Armut entfliehen wollen.
In den letzten Jahren ist einerseits die Angst vor Integrationsproblemen durch Zuwanderung gewachsen. Auch der schwer kontrollierbare Terrorismus erhöht in vielen Ländern die Zurückhaltung gegenüber der Zulassung weiterer Migration, obwohl es keinen direkten Zusammenhang zwischen Migration und terroristischer Gefahr gibt. Andererseits werden sich die verantwortlichen Politiker zunehmend der Chancen von Migration bewusst.
Zu diesen Ländern gehört auch Deutschland. Zwar sind nach wie vor die Probleme der Integration der Kinder und Enkel der "Gastarbeiter", die in den 50-er und 60-er Jahren des letzten Jahrhunderts nach Deutschland geholt wurden und die Integration der Spätaussiedler vielfach noch nicht gelöst.
Aber darüber hinaus stellt sich heute angesichts des demographischen Wandels die Frage, ob und wie Deutschland den bevorstehenden Mangel an qualifizierten Arbeitskräften durch gesteuerte Zuwanderung zumindest abmildern kann. Bei der Besetzung von offenen Arbeitplätzen in der Pflege haben heute bereits alle Pflegedienste Schwierigkeiten.
Die christlichen Kirchen sind auf Grund ihres Menschenbildes und ihrer Botschaft geeignet und verpflichtet, sich für eine Welt einzusetzen, in der eine menschenwürdige Migration möglichst ohne Verlierer möglich wird.
Die "Menschenrechtscharta der Katholischen Kirche", die Sozialenzyklika "Pacem in terris" (1963) spricht deutlich von einem "Recht auf Auswanderung und Einwanderung". Es ist die traditionelle Lehre der Kirche von der "universalen Bestimmung der Güter der Erde", die letztlich für alle Menschen da ist.
IHR MICHAEL STANDERA