Was tun gegen Energiekrise und Armut?
Hat die Energiekrise zu einem Zulauf in Ihrer Allgemeinen Sozialberatung geführt?
Ja, es kommen jetzt mehr hilfesuchende Menschen, vor allem Beschäftigte im Niedriglohnbereich. Und bei vielen sind die Nebenkosten so stark gestiegen, dass sie das Gefühl haben, jetzt zwei Mieten zahlen zu müssen. Probleme mit der Stromrechnung haben vor allem Menschen, die Bürgergeld bekommen. Die erhöhten Gaspreise sind insbesondere eine Herausforderung für Leute, die keine Sozialleistungen beziehen, aber nur gerade so über die Runden kommen.
Warum ist das so?
Die Heizkosten werden bei Bürgergeld-Empfängern von den Sozialbehörden übernommen, nicht aber die Stromkosten. Diese müssen die Betroffenen aus ihrem Regelsatz bezahlen. Sie haben nun eine doppelte Belastung: einerseits durch gestiegene Strompreise, andererseits durch die allgemeine Inflation. Viele können das nicht stemmen und müssen so ihre Schulden bei den Stromanbietern in Raten abzahlen. Oft wird dies allerdings innerhalb von sechs Monaten verlangt, wovon die meisten überfordert sind. Realistischer wären 18 Monate. Alternativ kann jemand ein Darlehen beim Jobcenter zur Abzahlung beantragen, bekommt für die Rückzahlung aber zehn Prozent vom Regelsatz in Höhe von 502 Euro für Alleinstehende abgezogen. Manchmal helfen zuallerletzt auch Stiftungen. Doch solche Situationen sollten natürlich erst gar nicht entstehen. Daher fordern wir schon seit langem, dass angemessene Stromkosten so wie die Heizkosten auch von den Sozialbehörden übernommen werden. Wichtig erscheint uns zudem, dass Energieversorger, die Stromsperren androhen, im selben Brief auf die Möglichkeit einer Sozialberatung hinweisen. Dadurch kann dann die Stromsperre vielleicht doch noch verhindert werden.
"Daher fordern wir schon seit langem, dass angemessene Stromkosten so wie die Heizkosten auch von den Sozialbehörden übernommen werden."
Und was können Menschen tun, die keine Sozialleistungen empfangen und von einem zu hohen Gaspreis betroffen sind?
Diesen empfehlen wir, Bürgergeld oder Grundsicherung zu beantragen, damit deren Heizkosten übernommen werden können. Das kann entweder eine Einmalzahlung für eine hohe Nachzahlung sein oder eine monatliche Leistung, wenn sich der Abschlag stark erhöht hat. Für viele ist es allerdings ein Problem, zum ersten Mal hilfebedürftig zu werden und sich in die "Tortur der bürokratischen Mühlen" begeben zu müssen. Wir fordern deshalb von den Behörden für diese Fälle einen vereinfachten Antrag auf Bedürftigkeitsprüfung.
Welche anderen Möglichkeiten gibt es?
Eine große Hilfe ist, dass ab diesem Jahr wesentlich mehr Menschen Wohngeld beziehen können. Sie können, wenn sie Kinder haben, auch Bildungs- und Teilhabeleistungen bekommen: zum Beispiel für Mittagessen in der Schule, Lernförderung, Ausflüge und Schulmaterial. Dasselbe gilt für jene Familien, die Kinderzuschlag beziehen - eine Sozialleistung, von der viele gar nichts wissen.
Wie können Sie den Betroffenen helfen?
Wir helfen durch Information, Beratung und Unterstützung bei der Durchsetzung der Leistungen. Vielen ist zum Beispiel gar nicht bekannt, dass sie für eine hohe Nachzahlung aus der Heizkostenabrechnung eine einmalige Leistung beim Jobcenter oder beim Sozialamt beantragen können. Dies kann man auch für die einmalige Beschaffung von Heizmitteln, zum Beispiel die Heizöllieferung. Wir rechnen damit, dass hier mehr Beratungsbedarf besteht. Da Antragstellungen sehr kompliziert sind, benötigen viele Menschen unsere Mithilfe. Wir könnten deshalb noch Formularausfüllhilfen mit einem höheren Stundenkontingent gebrauchen, damit die Fachkräfte mehr Zeit für ihre eigentliche Beratungsarbeit haben.
"Wir helfen durch Information, Beratung und Unterstützung bei der Durchsetzung der Leistungen."
Das Gespräch wurde Ende November 2022 geführt.
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