Jeder hat seine Geschichte
Knapp zwei Drittel der Wohnungslosen in Deutschland sind Männer.KNA /DCV
Wohnungslose leben mitten in der Gesellschaft, nicht selten in den belebten Straßen der Fußgängerzone. Gerade in großen Städten gehören sie quasi zum Stadtbild, gehören dazu - und stehen doch außen vor. Wie viele es tatsächlich sind, weiß niemand ganz genau – denn sehr viele Betroffene leben „verdeckt wohnungslos”, sprich: sie wohnen provisorisch bei Freunden oder Bekannten, sind irgendwo untergekommen. Nach Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe leben in Deutschland etwa 860.000 Wohnungslose (Stand: 2016). Rund die Hälfte davon sind Geflüchtete, die meist in Gemeinschaftsunterkünften geduldet werden. 52.000 Menschen leben ohne jede Unterkunft auf der Straße.
Darüber hinaus gibt es immer mehr Menschen, die akut von Wohnungslosigkeit bedroht sind, weil sie zum Beispiel die steigenden Mieten nicht mehr bezahlen können.
Arbeitsplatzverlust, Scheidung, Krankheit – es sind Schicksalsschläge, die die Menschen oft unerwartet treffen. Und dann verlieren sie plötzlich auch noch ihre Wohnung, wenn Rechnungen unbezahlt bleiben oder Schulden nicht mehr beglichen werden können. Wohnungslosigkeit hat oft eine traurige Vorgeschichte. Dazu kommt noch die Scham. Wer mag schon gern vor anderen zugeben, keine Wohnung, kein Geld und womöglich keine Arbeit mehr zu haben. Abgerutscht zu sein. Manch einem fehlt dann sogar der Mut, nach Hilfe zu fragen. Lieber improvisieren. Und beispielsweise bei Freunden oder Bekannten übernachten. So entsteht verdeckte oder versteckte Wohnungslosigkeit.
Schlechtere Gesundheit – früherer Tod
Offiziell gilt als wohnungslos, wer keine eigene Wohnung hat, wer eine Unterkunft zugewiesen bekommt, in Heimen oder Asylen übernachtet, bei Verwandten oder Freunden unterkommt, in einer Billigpension wohnt oder „Platte macht”. Solch ein Leben ist hart. Geschätzte 60 bis 80 Prozent der Betroffenen sind süchtig und/oder psychisch krank. Menschen, die keine eigene Wohnung mehr haben und nur noch in Notunterkünften oder auf der Straße leben sterben bis zu bis zu 30 Jahre früher als der Rest der Bevölkerung. Zudem haben sie häufig große Probleme, ihre Rechte auf Sozialleistungen, Bildung und medizinische Versorgung einzufordern.
32.000 Kinder und Jugendliche sind wohnungslos
Drei Viertel der Wohnungslosen sind männlich, etwa ein Viertel der Betroffenen weiblich. Darunter sind ungefähr 32.000 wohnungslose Kinder und Jugendliche. Etwa 70 Prozent der Wohnungslosen sind alleinstehend.
Insgesamt ist die Zahl der Wohnungslosen in den letzten Jahren stark gestiegen. Zum einen, weil die Preise für Wohnungen in Deutschland deutlich gestiegen sind, zum anderen, weil der soziale – und damit bezahlbare – Wohnungsbau vernachlässigt wurde. Die BAG Wohnungslosenhilfe fordert deshalb nachhaltige Maßnahmen zur Verbesserung der wohnungs- und sozialpolitischen Rahmenbedingungen und zur Wohnungsversorgung aller Wohnungslosen, inklusive der Flüchtlinge ohne Wohnungen. Die Vorsorgebemühungen der Kommunen und die Integrationsleistungen der Wohnungslosenhilfe sowie die Hilfsangebote der Wohlfahrtsverbände wie Caritas und Diakonie reichen dafür nicht aus.