Gemeinsam mit der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Diakonie und dem Deutschen Roten Kreuz hat der Deutsche Caritasverband ein wissenschaftliches Forschungsprojekt in Auftrag gegeben, welches dieses Kapitel deutscher Geschichte unabhängig und systematisch aufgearbeitet hat.
Zwischen 1951 und 1990 wurden rund 11 Millionen Kinder zur Erholung in Kureinrichtungen geschickt - häufig an die See, ins Mittelgebirge oder in die Alpen. Diese mehrwöchigen Kinderkuren waren ein Massenphänomen der deutschen Nachkriegszeit. Jahrzehnte später berichten viele Menschen, die als Kind auf solche Kuren geschickt wurden von Demütigung, psychischer und physischer Gewalt.
Die Geschichte der Kinderkuren wurde in Deutschland bislang nur punktuell erforscht. Die wissenschaftliche Arbeit hat ein Forschungsteam der Humboldt Universität Berlin unter der Leitung von Prof. Dr. Alexander Nützenadel verantwortet. Grundlegende Strukturen der Kindererholungskuren werden in der Forschungsarbeit empirisch, sozialrechtlich, historisch und konzeptionell eingeordnet. Wichtige Aspekte der Untersuchung waren Bedingungen des Kinderkurwesens, Verhalten von medizinischem Personal, Behörden, Eltern, Schulen und Trägern der Einrichtungen. Aussagen zahlreicher Zeitzeugen, insbesondere Betroffener, wurden zusammengetragen.
Copyright: Archiv des Deutschen Caritasverbandes
» Statt Fürsorge und Geborgenheit haben viele der verschickten Kinder Demütigung und Schmerz erfahren. Die Erkenntnisse des Forschungsberichts erschüttern uns. Wir können das erlittene Leid nicht ungeschehen machen, aber wir stehen zu unserer Verantwortung und sprechen den Betroffenen unser tief empfundenes Bedauern aus. Die Durchführung von Kindererholungsmaßnahmen ist Teil der Geschichte verschiedener Einrichtungen und Träger in der verbandlichen Caritas. Wir haben diese Geschichte sichtbar gemacht und dürfen sie nicht vergessen – dafür müssen wir Orte oder Momente der Erinnerung schaffen. «
Eva Welskop-Deffaa, Präsidentin Deutscher Caritasverband