Initiatorin Elke ScheermesserCaritas Essen | Achim Pohl
12:15 Uhr. "Pünktlich wie die Maurer", sagt Elke Scheermesser. Es rappelt an der Tür des Hauptportals der Kirche St. Barbara in Essen-Kray. Andreas, ein Freiwilliger, bringt zwei große Thermobehälter mit Essen in die Kirche. Hier warten bereits drei Ehrenamtliche - Sigrid, Brigitta und Lisa -, die gerade die Tische für das "Gastmahl" vorbereiten.
"Jeden Dienstag kommen zwischen 30 und 50 Gäste, meistens Menschen aus dem Stadtteil, um hier zu Mittag zu essen und ein Pläuschchen zu halten. Es sind zum Teil Menschen, die wirklich arm sind, ohne dass man es ihnen ansieht. Andere kommen zu uns, weil sie einsam sind, weil zum Beispiel der Partner oder die Partnerin gestorben ist, oder Menschen, die wegen psychischer Belastungen im Alltag überfordert sind. Wir bieten ihnen hier eine Möglichkeit zur ganz normalen Begegnung", erklärt Elke Scheermesser. Sie ist die Koordinatorin des Projektes und in der Gemeinde St. Barbara in vielen Projekten aktiv.
Die beiden Ehrenamtlichen Lisa (links) und Brigitta, in der Mitte der Cowboy-EintopfCaritas Essen | Achim Pohl
Heute gibt es Eintopf, den Sigrid gekocht hat. Lisa hat das Gericht "Cowboy-Eintopf" getauft, weil es mit Bohnen, Hackfleisch und einer leichten Schärfe ein bisschen nach "Wilder Westen" schmeckt. Und offenbar kommt es bei den Gästen richtig gut an. Ungefähr 30 Menschen sitzen an den großen Tafeln, die im vorderen Bereich der Kirche aufgestellt sind, essen gemeinsam und unterhalten sich angeregt.
St. Barbaras Weg zur Sozialkirche
"Wir haben festgestellt, dass die Armut hier bei uns in Essen-Kray zugenommen hat. Auch Drogen spielen dabei eine Rolle. In unserem Stadtteil leben viele Menschen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Vor etwa sieben Jahren haben wir mit ein paar Engagierten angefangen, unsere Sozialkirche zu planen. Am 1. Advent 2019 haben wir damit begonnen, St. Barbara systematisch für den Ortsteil zu öffnen. Dazu mussten wir erst einmal unsere eigenen Leute ‚mitnehmen‘", berichtet Scheermesser. "Wir haben sonntags unsere Kirchenbesucherinnen und -besucher nach der Messe zu einem kleinen Imbiss eingeladen und sie bei der Gelegenheit über unsere Pläne informiert." Was damals mit zehn Ehrenamtlichen begann, wird heute von 25 Engagierten weitergeführt.
Corona und die Folgen
"Nach Corona haben wir zuerst ein Flüchtlingscafé, unser Ukraine-Café, errichtet, und über diese Aktivität kamen auch die ersten Ehrenamtlichen zu uns, die sonst mit der Kirche nichts zu tun hatten. Viele von ihnen sind auch heute noch in meinem Team, und wir haben sogar ein paar neue Gemeindemitglieder gewonnen", freut sich Elke Scheermesser, so wie Lisa Wiegand. Die 64-jährige Hauswirtschafterin hat drei erwachsene Kinder und ist stolze Oma von sieben Enkelkindern. Sie ist 2023 nach 13 Jahren wieder in die katholische Kirche eingetreten, nicht zuletzt wegen ihres ehrenamtlichen Engagements. "Ich habe durch diese Arbeit einfach eine Veränderung bei mir bemerkt und wieder ein warmes Herz bekommen." Nach einer Krisenerfahrung hatte sie sich einem der drei Oblaten-Patres anvertraut, die seit 2021 einen kleinen Konvent in St. Barbara errichtet haben. Lisa sagt: "Hier kann ich wie zu Hause sein."
Begegnung beim Gastmahl mitten in der KircheCaritas Essen | Achim Pohl
Eine lebendige Gemeinde
Heute finden in der Gastkirche die verschiedensten Aktivitäten statt - vom gemütlichen Kaffeetrinken freitags über Kleiderkammer, Lebensmittelausgaben, Nachhilfe bis hin zum Gastmahl am Dienstag. Aber wer bezahlt die Aktivitäten in St. Barbara? Elke Scheermesser: "Wir finanzieren unsere Arbeit unter anderem aus dem Erlös der Kleiderkammer im Gemeindeheim, durch Spenden der Gemeindemitglieder und anderer sowie durch die Einnahmen der Spendenaktion ‚Füreinander für hier‘. Unser Essen bekommen wir einmal im Monat von der Pizzeria ‚Don Camillo‘. Den Kuchen für unsere Aktivitäten backen unsere Ehrenamtlichen."
Warum ein Ehrenamt?
Was treibt eine Frau wie Elke Scheermesser (60) an, diese Arbeit zu tun? "Was mich überzeugt, ist, dass hier auch das weitergegeben wird, was gepredigt wird: Nächstenliebe. Denn eines ist klar, wer hier der Gastgeber ist: Jesus Christus!" Berührungsängste kennt Elke Scheermesser nicht: "Wir haben auch Gäste, die überwiegend auf der Straße leben. Hier bekommen Geschichten, die wir sonst wohl eher aus Radio und Fernsehen kennen, ein Gesicht, Betroffene einen Namen und bei der nächsten Begegnung in Kray wohl auch ein freundliches Wort." (Text: Christoph Grätz)
Infos:
Projekte, wie die Gastkirche St. Barbara, werden zu einem Teil aus den Einnahmen der Spendenaktion "Füreinander. Für hier" finanziert, die jedes Jahr im Advent und im Frühsommer in allen evangelischen und katholischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen stattfindet.
In der "caritalks" Podcast-Episode "Gastmahl" in St. Barbara: Ehrenamt, das verbindet und Hoffnung schenkt" erzählt Lisa Wiegand, warum sie sich in der Gastkirche ehrenamtlich engagiert. https://caritalks.podigee.io/105-lust-auf-ehrenamt-1
Wer ein passendes Ehrenamt sucht, kann beim Caritas-Ehrenamtsportal https://caritas-ehrenamtsportal.de/ über die Postleitzahlensuche fündig werden.