Augsburg, 03.04.2008 ( pca ) . Einer Bildungspolitik, die einseitig darauf abzielt, „Kinder in einen für die Wirtschaft gebrauchsfähigen und nutzbaren Zustand zu versetzen“, hat Augsburgs Diözesan-Caritasdirektor Prälat Peter C. Manz eine klare Absage erteilt. „Das Quantum einer Bildung sagt noch lange nichts über deren Qualität.“ Bei der Diözesan-Fachtagung für Tageseinrichtungen für Kinder, deren Veranstalter die Caritas war, warb er deshalb bei den über 500 teilnehmenden Erzieherinnen dafür, ihre Augen wach zu halten für alle Kinder, ob arm oder reich, behindert oder mit sozialen Handicaps. „Zur Gesellschaft gehören auch jene, die keine Spitzenpositionen in der Gesellschaft einnehmen werden. Es müssen alle Kinder mitgenommen werden.“
Manz stimmte Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein zu, der in einer Regierungserklärung gesagt habe, ‚Bildungspolitik ist Sozialpolitik des 21. Jahrhunderts’. „Aber dann muss man auch mehr Finanzmittel dafür bereitstellen.“ Die Bildungsarbeit in den Kindertageseinrichtungen habe wegen ihrer grundlegenden Bedeutung Auswirkungen auf die kommenden Generationen. Zu der Fachtagung waren Wissenschaftler als Fachreferenten geladen, um der Frage nachzugehen, ob und wie in Kindertagesstätten alle Kinder, unabhängig von ihren Fähigkeiten, Stärken, Neigungen und sozialen Prägungen, auf dem vom Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan von 2005 vorgegebenen Bildungsweg mitgenommen werden können.
Gerda Holz vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Frankfurt warnte vor zu großer Euphorie angesichts der jüngsten positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Die Zahl der von Armut betroffenen Kinder und Familien sei nicht zurückgegangen. „Das ist nicht die Schuld der Eltern, sondern ein strukturelles Problem.“ In Bayern sei die Zahl der von Armut betroffenen Kinder bis zum Alter von 15 Jahren von 6,6% in 2005 auf 8,5 % in 2007 gestiegen, in Deutschland von 13,4% auf 16,9%. Allein in Augsburg sind es aktuell 5.611 Kinder, die von Hartz-IV betroffen sind. Untersuchungen hätten eindeutig gezeigt, dass der Lebensfahrstuhl bei von Armut betroffenen Kindern immer weiter nach unten gehe. Erzieher sollten deshalb, so die Wissenschaftlerin, die Armut offensiv ansprechen und einen „wertschätzenden Umgang und eine konstruktive Zusammenarbeit mit armen Eltern“ suchen. „Hier zeigt sich eine besondere Herausforderung im Hinblick auf den Auftrag zur Integration in Kindertagesstätten.“ „Armut ist nichts, was peinlich wäre“, unterstrich Caritasdirektor Manz.
Dr. Rainer Strätz vom Sozialpädagogischen Institut Nordrhein-Westfalen an der Fachhochschule Köln hatte zuvor in einem eindrucksvollen Vortrag anschaulich aufgezeigt, wie unterschiedlich sich Kinder aufgrund von ihren unterschiedlichsten Voraussetzungen in Kindertageseinrichtungen entwickeln und wie Erzieherinnen auf jedes einzelne Kind eingehen können, damit es den vom Gesetzgeber geforderten Bildungsweg mitgehen kann.