Einen Blick hinter die Kulissen mit einer Reihe von O-Tönen boten Prof. Dr. Annette Plankensteiner von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Professorin für Theorien und Methoden Sozialer Arbeit, und Kristina Greissl von der Universität Augsburg. Über drei Jahre hinweg wird das Modellprojekt wissenschaftlich begleitet. Dabei entstanden bereits zahlreiche Interviews, die die beiden Wissenschaftlerinnen in ihrem Workshop beim Fachtag unter dem Titel „Dahoam is dahoam – Gemeindeleben unter der Lupe“, vorstellten.
Deutlich wurde dabei, wie aus zunächst ganz persönlichen Motiven, sich für andere einzusetzen, das Bewusstsein für eine Dorfgemeinschaft erwachsen kann, in der sich junge und ältere Menschen, Alteingesessene und Neuburger gleichermaßen zuhause fühlen. Ein Grabener hat es so ausgedrückt: „Dorfgemeinschaft und das, ich glaube, das kommt jetzt besser zur Geltung als es früher war. Weil die Neubürger, die gehen jetzt auch schon langsam, wenn im Dorf auf dem Rathausplatz etwas ist, dann kommen die auch hervor.“
Warum engagieren sich Menschen für andere? Warum bieten sie sich, wie es in Graben der Fall ist, als Fahrer für einen Fahrdienst an, der jede Woche zu einer festen Zeit zur nächsten Stadt zum Supermarkt fährt? Warum stellen sich Leihomas zur Kinderbetreuung zur Verfügung? Annette Plankensteiner erkennt dahinter zunächst „hoch individuelle Motive“. Diese Menschen werden wieder gebraucht, können ihre Freizeit sinnvoll auf einem gesellschaftlich anerkannten Betätigungsfeld verbringen und sich dabei selbst entfalten.
Allein schon, dass die Bürger positiv wahrnehmen, „dass hier, im Dorf, niemand vereinsamen muss“, sei ein toller Schritt, so Kristina Greissl. Ein Schritt dorthin, was das Projekt unter dem Begriff „Inklusion“ benennt. Bei einigen Interviewstimmen klingt das dann so: „Eine junge Mutter, die vielleicht einen Vogel kriegt, hier auf dem Land, freut sich darüber, dass jemand da ist, der vielleicht auf ihr Kind aufpasst.“ Oder eine Stimme zum Fahrdienst: „Und da haben wir schon unsere Gaudi immer während des Fahrens. Und wenn die ein bisschen Ansprache haben da drinnen, das gefällt diesen Leuten und dann fahren sie auch wieder mit.“
Festgestellt wurde bei dieser wissenschaftlichen Begleitung des Projekts aber auch, dass die Bereitschaft, selbst zu helfen, größer ist, als sich helfen zu lassen. „Bei uns in der Gesellschaft ist es nicht üblich, dass Hilfe angenommen wird“, so Kristina Greissl. „Wir sehen jedoch, dass sich durch das Projekt eventuell eine Kultur entwickelt, dass es selbstverständlicher wird, zu helfen und sich helfen zu lassen“. Klar gemacht wurde bei diesem Workshop ebenso, dass es sich bei diesen Hilfen immer nur um punktuelle Dienste im Sinne der Nachbarschaftshilfe handeln kann. „Als Modell einer Gesellschaft finde ich dies charmant“, meinte ein Workshop-Teilnehmer resümierend über das Projekt, „ich glaube, dass die Menschen von heute verstehen, was damit gemeint ist“.
WEITERE INFOS UNTER:
www.caritas-augsburg.de/wir-daheim-in-graben