Wofür Caritaschefs mehr verdienen können
Leistungszulagen werden in vielen Bereichen ausgelobt - zum Beispiel im Sport für die Verbesserung eines bestehenden Rekordes oder in profitorientierten Unternehmen für das Erreichen eines vorgegebenen Gewinn- beziehungsweise Umsatzziels. Die Zusatzprämien sollen neben anderen Motivationselementen zu hohen Leistungen anregen.
Auch Stadt- und Kreis-Caritasverbände kennen solche Leistungszulagen. So lassen beispielsweise die Anstellungsverträge für Vorstandsmitglieder der Caritasverbände im Erzbistum Köln Leistungszulagen zu. In diesen Dienstverträgen, die der Zustimmung des Vorstandes des Diözesan-Caritasverbandes im Einvernehmen mit dem Erzbischof bedürfen, heißt es unter anderem: "Die Höhe dieser Leistungszulage richtet sich nach dem Grad der prozentualen Zielerreichung auf der Grundlage eines Zielvereinbarungssystems. Über die Höhe des Zielerreichungsgrades entscheidet der Caritasrat nach erfolgtem Zielerreichungsgespräch mit dem Vorstandsmitglied."
Wirtschaftlicher Erfolg allein macht die Prämie nicht aus
Aus motivationstheoretischer Sicht ist hinreichend bekannt, dass - so auch der Volksmund - Geld nicht alles ist. Das trifft erst recht auf die caritative Arbeit zu. Zweifellos müssen sich aber auch die Caritasverbände auf eine hinreichend gute finanzielle Ausstattung stützen können, also sind sie auch als Wirtschaftsbetriebe zu sehen. Im Fokus ihrer Arbeit stehen andererseits aber sozial-caritative Hilfen. Damit wird deutlich, dass der wirtschaftliche Erfolg - wie in profitorientierten Unternehmen - keinesfalls die alleinige Messlatte für die Gewährung einer Leistungsprämie sein kann.
Wie aber könnte eine faire, möglichst objektive Bemessung aussehen? Nach welchen Kriterien ließe sich der Erfolg oder Misserfolg solcher Leitungsaufgaben bewerten, deren Ergebnisse letztlich nicht einfach in Euro messbar sind?
Ziele müssen erreichbar sein
Gemäß Satzungsauftrag obliegt es dem Caritasrat, strategische Ziele des Verbandes festzulegen, ökonomische Rahmendaten zu verabschieden, geschäftspolitische Grundsatzentscheidungen des Vorstandes zu initiieren beziehungsweise über solche zu entscheiden. Es ist auch seine Aufgabe, die Einhaltung der wesentlichen Vorgaben zu überwachen.
Zielvorgaben können nicht einseitig festgelegt werden. In der praktischen Zusammenarbeit werden die Beschlüsse im Schulterschluss mit dem Vorstand getroffen. Die Ziele müssen erreichbar sein und keinesfalls ein abstraktes Konstrukt im Verband. Beide Seiten, etwa Vorstand und Caritasrat, müssen sich in den Vorgaben wiederfinden. Zudem dürfen sie bestehende Personalführungs- und -beurteilungsverfahren nicht unterlaufen.
Wichtige Voraussetzung ist, dass der Stadt- oder Kreis-Caritasverband Leitbilder beschlossen hat, diese fortschreibt und kommuniziert, so dass sie auf allen Ebenen (Vorstand, Belegschaft, Caritasrat) gelebt werden.
Leitbilder als Grundlagen für Zielvereinbarungen
Aus Leitbildern übernommene Eckwerte können die Basis für Zielvorgaben sein. In Anlehnung an die Motivationstheorie des amerikanischen Psychologen Abraham Maslow und an die Bedeutung extrinsischer sowie intrinsischer Motivationen können sie zum Beispiel in eine Art Bedeutungshierarchie zerlegt und für das Führungsverhalten leitender Mitarbeiter(innen) maßgeblich werden (s. Abbildung unten).
Aufbauend auf dieser dargestellten Pyramide können die Inhalte beschrieben und die Ziele näher definiert werden. Die nachstehenden Ausführungen sind beispielhaft orientiert an den Inhalten der Leitbilder und den Vorgaben der Satzung des Caritasverbandes für den Rhein-Erft-Kreis.
Zu 1): Unsere Leistungen für die Klient(inn)en müssen wirtschaftlich erbracht werden. Dabei gilt es, unternehmerisches Denken und Handeln insbesondere in neue Bereiche einzubringen. Professionelle Hilfe kann nur geleistet werden, wenn sie auf Dauer finanzierbar ist. Ein ausreichender wirtschaftlicher Erfolg ist dafür ein wesentlicher Garant für die Wahrnehmung unserer Aufgaben.
Ziele zum Beispiel
a) Erreichen eines ausgeglichenen wirtschaftlichen Jahresergebnisses;
b) Weiterentwicklung eines aussagefähigen und schlüssigen Risikomanagements.
Zu 2): Die Personalpflege und -entwicklung ist eine der vordringlichen Aufgaben unseres Verbandes. Nur auf dieser Grundlage können zukünftige Aufgaben mit kompetenten und mit unseren Zielen vertrauten beziehungsweise an deren Zielen orientierten Mitarbeiter(inne)n erreicht werden. Krankenstand, Fluktuationsgrad und die Häufigkeit arbeitsrechtlicher Verfahren bieten zum Beispiel eine Orientierung für eher positive oder negative Entwicklungen. Die rege Teilnahme am Vorschlagswesen wäre ein weiteres Beispiel.
Ziele zum Beispiel
a) Fortführung der Personalentwicklungssysteme;
b) Aufbau und Weiterentwicklung von Fort- und Weiterbildungsangeboten für Mitarbeiter(innen).
zu 3): Menschen, die unsere Hilfe suchen, sollen spüren können, dass wir ihnen mit Annahme und Wertschätzung begegnen. Unsere Mitarbeiter(innen) bezeugen in ihrem Tun, dass es durch den christlichen Glauben geprägt und durch ihn getragen ist. Somit ist die verbandliche Caritas Teil der Kirche. Eine spirituelle (christliche) Orientierung muss der gesamten Belegschaft nicht nur durch die Arbeit, sondern auch in anderer Art und Weise geboten werden.
Ziele zum Beispiel
a) Einführung "Grundkurs des Glaubens";
b) Bildung eines Arbeitskreises "Wie kommt das Evangelium in die Einrichtungen"? Aufgabe: Erarbeitung eines Angebotes für die Mitarbeiter(innen).
Zu 4): In der Zusammenarbeit mit Partnern im politischen und verbandlichen Bereich sowie mit Kostenträgern erwarten wir Zuverlässigkeit. Im Interesse der uns anvertrauten Menschen ist es nötig, stabile Zusagen über Finanzierungen einzelner Dienste zu erlangen, um unsererseits eigene Leistungen in angemessenem Umfang zu erbringen. In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, dass das in unseren Einrichtungen Geleistete transparent nach innen und außen dokumentiert wird. Geeignete Medien müssen dafür konsequent genutzt werden (=>Öffentlichkeitsarbeit).
Ziele zum Beispiel
a) Durchführung von Caritas-Foren;
b) regelmäßige Unterrichtung der Presse über die Verbandstätigkeiten;
c) Mitarbeit des Vorstandes in der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände des Kreises sowie in diözesanen Gremien;
d) regelmäßige Kontakte zu politischen Gremien und Sozialverwaltungen.
Zu 5): Durch politische und gesellschaftliche Entwicklungen müssen in zunehmendem Maße auch die Rahmenbedingungen der verbandlichen Arbeit angeglichen werden. Viele der neuen Herausforderungen lassen sich mit tradierten Strukturen, Organisationsschemata und -methoden nicht mehr bewältigen. Es ergibt sich in immer kürzeren Intervallen die Notwendigkeit, althergebrachte Arbeitsfelder auf den Prüfstand zu stellen, sie gegebenenfalls zu modifizieren und neue zu entwickeln. In diesem Zusammenhang sind die Fragen nach der Notwendigkeit eines quantitativen Wachstums, nach der optimalen Betriebsgröße und dem inneren (qualitativen) Wachstum im Jahresrhythmus neu zu bedenken.
Ziele zum Beispiel
a) Errichtung eines Demenzcafés;
b) Errichtung eines Familienzentrums in …
c) Ausbau der mobilen Jugendarbeit.
Zu 6): Losgelöst von den in den Ziffern 1) bis 5) beschriebenen Aufgabenfeldern ist es notwendig, einen Zielkorridor aufzuzeigen, der die gesamte innere und äußere Verbandsarbeit umfasst. Gemeint ist also die Antwort auf die Frage, wo wir kurz-, mehr aber noch mittel- und langfristig stehen wollen. Dieser Zielkorridor ist - auch wesentlich orientiert am Leitbild - als eine Art Richtschnur zu verstehen, an der sich die Mitarbeiter(innen) sowie die Organe immer wieder orientieren können (=>Sinngehalt der Aufgaben).
Ziele zum Beispiel
a) Weiterentwicklung des Verbandes als lernende Organisation;
b) Fortführung des Leitbildprozesses.
Wie die Leistungsprämie sich zusammensetzt
Rechtzeitig zu Beginn eines jeden Kalenderjahres sind die erreichten Ergebnisse zu bewerten und die Vorgaben für das soeben begonnene neue Jahr festzulegen. Dabei bietet es sich an, dass der/die Begünstigte(n) und der Caritasrat getrennt voneinander die Bewertung mittels der Ziffern 1) bis 10) in einer Skala (je höher umso besser) vornehmen. Dabei kann es durchaus zu unterschiedlichen Auffassungen kommen (Selbstreflektion versus Fremdbeurteilung). Diese Differenzen bieten aber die große Chance, unterschiedliche Auffassungen offen und fair ergebnisorientiert zu diskutieren. Die quantitative Gewichtung der Eckwerte (Was ist das Erreichen eines Zieles in den einzelnen Segmenten von 1) bis 6) wert?) sollte in Absprache von Caritasrat und Vorstand festgelegt werden.
Angenommen, es wird eine Leistungsprämie von insgesamt 10.000 Euro ausgelobt und auf die Zielvorgaben von 1) bis 6) aufgeteilt. Davon entfielen auf 1) "Wirtschaftlicher Erfolg (Bilanzgewinn/-verlust)" 3000 Euro. Die wirtschaftliche Entwicklung war gut und kommt in einer Bewertung von acht Punkten zum Ausdruck.
Die gewährte Zulage ergibt sich aus:
maximale Zuteilung x erreichte Punktzahl / maximal erreichbare Punktzahl
Die Leistungszulage würde nach dieser Formel dann wie folgt errechnet:
Euro 3.000 x 8 / 10 = Euro 2.400
Diese Berechnung wäre so bei allen Zielvorgaben nach 1) bis 6) vorzunehmen. Das endgültige Ergebnis könnte beispielhaft wie in der Tabelle links unten aussehen.
Natürlich könnte die ausgelobte Prämie auch anders aufgeteilt werden. Letztlich ist entscheidend, welche Prioritäten der Caritasrat hier setzen will.
Nicht immer werden betraglich fixierte Leistungsprämien (wie im Beispiel bis zu 10.000 Euro) ausgelobt. Vielmehr kennen manche Vorstandsverträge einen globalen prozentualen Zuschlag zum Gehalt von beispielsweise bis zu zehn Prozent. Die endgültige Höhe richtet sich dann etwa nach dem Grad der prozentualen Zielerreichung auf der Grundlage eines Zielerreichungssystems. Auch dann ließe sich das vorgestellte Verfahren anwenden. Es könnte zum Beispiel bei den Vorgaben nach 1) bis 6) bleiben. Die ausgelobten betraglich fixierten Einzelprämien entfielen, die Punktewertung bliebe. Der endgültige Jahreszuschlag wäre dann wie folgt zu errechnen:
10 % x erreichte Punktzahl / Gesamtpunktzahl
somit
10 % x 49 / 60 = 8,2 % Zuschlag (gerundet)
Leistungsprämien nicht nach Gutsherrenart verteilen
Gelegentlich werden ausgelobte Leistungsprämien en bloc entschieden und (meistens) in voller Höhe ausgezahlt. Oft stellen sich dabei weder die Begünstigten noch das Aufsichtsorgan einer notwendigen kritisch-konstruktiven Bewertung. Nicht selten wird solches Vorgehen, aus Sicht der Autoren zu Recht, vor allem auch in der Belegschaft als "Gutsherrenart" kritisiert. Die Mühe lohnt sich, näher hinzuschauen und sich mit den Ergebnissen auseinanderzusetzen. Denn dann bietet sich die große Chance, die Zielvereinbarungen und ihre Ergebnisse unter allen Beteiligten mit gegenseitigem Respekt zu erörtern. Die aufgezeigten Beispiele sind ein denkbarer Weg, wie eine Leistungsbewertung angegangen werden kann.