Berlin, 14.11.2025. Der Deutsche Caritasverband fordert angesichts der zunehmenden Überschuldung in der Bevölkerung mehr Unterstützung für die soziale Schuldnerberatung. Laut dem heute vorgestellten SchuldnerAtlas sind 5,67 Mio. Menschen in Deutschland überschuldet, 111.000 Menschen mehr als noch im Vorjahr. Die aktuellen Zahlen zeigen einen Anstieg, nachdem in den beiden vergangenen Jahren Verschuldung und Überschuldung noch leicht zurückgegangen waren.
Eva Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes warnt: "Wir dürfen diese Menschen nicht im Regen stehen lassen. Bei Verschuldung geht es nicht nur um finanzielle Probleme. Es geht schnell um massive psychosoziale Schwierigkeiten, die die ganze Familie betreffen", so die Caritas-Präsidentin. "Umso wichtiger ist es, dass soziale Schuldnerberatungsangebote vorhanden sind, die frühzeitig helfen. Dazu braucht es eine gesicherte Finanzierung qualifizierter Beratungsstellen in der Fläche."
In zwei Drittel der Beratungsstellen ist die Nachfrage nach sozialer Schuldnerberatung um zehn bis 30 Prozent gestiegen, wie auch der SchuldnerAtlas bestätigt.
Vor allem jüngere Menschen betroffen
Die Überschuldungsquote junger Menschen steigt besonders deutlich an. Insbesondere Buy-Now-Pay-Later-Angebote machen es vielen jungen Menschen schwer, mit ihrem finanziellen Budget zurechtzukommen. Grund dafür ist vielfach auch mangelnde Kenntnis in Geld- und Finanzangelegenheiten.
Deshalb engagiert sich die Caritas nicht nur in der Schuldnerberatung, sondern auch in der Schuldenprävention und Vermittlung finanzieller Kompetenzen. Denn wer lernt, sich im Finanzdschungel zurechtzufinden, hat ein wesentlich geringeres Risiko, in die Verschuldungsfalle zu geraten. Gemeinsam mit finanzieller Unterstützung der Direktbank ING Deutschland bietet die Caritas seit drei Jahren das Präventions- und Finanzbildungsangebot "Young Finance" für Jugendliche und junge Erwachsene. Bisher konnten 25.000 junge Menschen an 60 Standorten bundesweit von dem Angebot profitieren.
Aber auch bei älteren Menschen ist die Verschuldung gestiegen. Zahlungsverzug und Mahnschreiben nehmen zu. Roman Schlag, Referent der Caritas-Schuldnerberatung und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungen der Verbände (AG SBV) warnt: "Das lässt Rückschlüsse darauf zu, dass sich die Situation der Überschuldung in Zukunft verschärfen wird. Wer heute im Zahlungsverzug ist, kann morgen von Pfändung bedroht sein."
Schulden auch für Lebensmittel
Sorge bereitet auch, dass der Ersatz für defekte Gegenstände wie eine Waschmaschine immer mehr über Angebote von Bezahldienstleistern finanziert wird. Zunehmend werden solche Käufe auf Raten getätigt, die Menschen in existenzielle Schwierigkeiten bringen.
"Erschreckend ist, dass Schulden bei Bezahldienstleistern nicht nur für die typischen Elektroartikel aufgenommen werden", sagt Welskop-Deffaa. Energie- und Lebensmittelkosten bringen Familien, die bisher nicht überschuldungsgefährdet waren, in Schwierigkeiten. Ratenzahlungsangebote oder andere kritische Bezahlmodelle werden auch für diese Lebenshaltungskosten in Anspruch genommen. "Die Zahlen des SchuldnerAtlas bestätigen eindrücklich die Zahlen des 7. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung. Dort war bei der Frage an Haushalte im untersten Einkommensquintil, welche Einschränkungen aktuell besonders belasten, der Verzicht auf frisches Obst und Gemüse klar auf Platz 1 gelandet."
"Der präventive Sozialstaat für alle kann und muss mit der Schuldnerberatung Teufelskreise der Belastung stoppen, bevor Schulden zum Sorgenberg für die Familien werden", so die Caritas-Präsidentin.