Fragen an Michael Stiefel
Welche Herausforderungen müssen sich Menschen ohne festen Wohnsitz stellen, wenn sie digital teilhaben wollen?
Da gibt es mehrere Hürden. Das kann schon beim Lesen und Schreiben beginnen. Viele Wohnungslose haben damit Schwierigkeiten, weil sie es entweder nie konnten oder ihnen das Wissen verlorengegangen ist. Besonders betroffen sind hier Menschen mit Migrationshintergrund. Wenn Literarität in der analogen Welt fehlt, dann ist das natürlich auch für die digitale Welt relevant.
Außerdem fehlt es oft an ganz grundlegender Infrastruktur. Wenn technische Geräte besessen werden - was nicht immer der Fall ist, weil diese teuer sind - dann stellt sich schnell die Frage, wo diese geladen werden können. Hier gibt es für Wohnungslose nicht genügend Anlaufstellen. Das führt dazu, dass zum Beispiel Verteilerkästen angezapft werden, was wegen des Starkstroms sehr gefährlich ist.
Wie erhält man als Wohnungslose(r) Zugang zu WLAN oder mobilen Daten?
Das ist ebenfalls ein Problem. Denn Handyverträge kann man nur abschließen, wenn man einen festen Wohnsitz hat und Prepaid-Karten sind teuer. Die Versorgung von öffentlichen und sicheren WLAN-Hotspots ist in Deutschland sehr schlecht. Zwar findet man ab und zu ein Restaurant, wo man sich - auch ohne zu konsumieren - ins WLAN einloggen kann, aber es ist fraglich, wie sicher dieses Netz ist. Es gibt systematisch zu wenig Hotspots.
Wie könnte die Situation für Menschen ohne festen Wohnsitz verbessert werden?
Es fehlen Einrichtungen, bei denen man sich in ein sicheres WLAN einloggen und zusätzlich den Umgang mit digitalen Angeboten lernen kann. Es fehlen niedrigschwellige Weiterbildungsangebote, wo man ohne Scham lernen kann.