Damit eine Geldstrafe nicht ins Gefängnis führt
Bedrohlich ragen Gitterstäbe ins Bild. Darunter steht in großen Buchstaben: "Geldstrafe? Ladung zum Haftantritt? Wir helfen Ihnen eine Haftstrafe zu verhindern." Dieser Handzettel liegt in Niedersachsen jeder Ladung zum Haftantritt bei - als Hinweis auf eine letzte Chance.
Urteil, Mahnung, Gefängnis
Vor allem Menschen mit geringem Einkommen sind mit der Bezahlung einer Geldstrafe überfordert. Sie sind sowieso knapp bei Kasse und warten oft erst mal ab. Bald landen die ersten Mahnungen im Briefkasten. Wer auch diese ignoriert, muss ersatzweise ins Gefängnis - auch wenn das Gericht diese Form der Strafe gar nicht vorgesehen hatte. Doch die negativen Folgen des Freiheitsentzugs für die Familie, das soziale Umfeld und den Beruf müssen nicht sein. Neben der Möglichkeit der gemeinnützigen Arbeit, kann die Strafe auch auf Raten bezahlt werden. Ansprechpartner für diese Umwandlungen sind die Rechtspflegerinnen oder -pfleger beim Gericht. Mehr zum Thema Ersatzfreiheitsstrafe erfahren Sie im folgenden Video-Interview mit Nicole Bögelein, Soziologin an der Universität Köln.
Strafe in Raten
Manche Menschen tun sich schwer, direkt mit der Justiz zu verhandeln. Sie können sich Unterstützung bei der Straffälligenhilfe der Caritas holen. Wohnen sie in Niedersachsen, gibt es ein weiteres Angebot: Auf Wunsch wird die Bezahlung der Strafe für den Betroffenen verwaltet. "Wir prüfen mit dem Verurteilten dessen Einnahmen und Ausgaben und sprechen darüber, welche Raten vertretbar sind", sagt Burkhard Teschner, Leiter der Anlaufstelle der Straffälligenhilfe Osnabrück. Für die Länge der Ratenzahlung gibt es keine einheitliche Regelung. "Wir planen die Höhe der Raten so, dass der Betrag möglichst in zwei Jahren bezahlt ist", erläutert Teschner das Vorgehen in Osnabrück. Bei der Straffälligenhilfe richtet der Verurteilte ein Treuhandkonto ein, über das verlässlich die monatliche Ratenzahlung an das Gericht gehen. In der Regel tritt er dafür einen Teil seiner Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld ab. In Einzelfällen betreuen die Experten den Verurteilten auch bei der Haushaltsführung, damit er mit Miete, Gas- und Stromkosten nicht in Verzug gerät.
Erfolgsquote über 90 Prozent
Das System der Geldverwaltung ist in Niedersachsen bisher ein Erfolg: Von rund 900 Betroffenen, die sich im Jahr 2010 an eine Anlaufstelle der Straffälligenhilfe wandten, konnten 850 durch die Zahlung ihrer Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe abwenden. Die Gesamthöhe der Geldstrafen belief sich auf 200.000 Euro. Damit verhinderte das Projekt nicht nur die negativen Folgen für die Verurteilten, sondern entlastete auch die Gefängnisse. Insgesamt wurden über 14.000 Hafttage eingespart, was einem Betrag von 1,6 Millionen Euro entspricht.