Statement des Caritasverbandes für die Diözese Limburg e.V.,
Referat Sozial- und Arbeitsmarktpolitik/Referat Soziale Sicherung
Das Interview macht deutlich, wie wichtig eine niedrigschwellige Sozialberatung für Menschen ist, die mit vielschichtigen Problemlagen zu kämpfen haben. Meist geht es nicht nur um Existenzsicherung, sondern ebenfalls um psychosoziale Problemlagen, Beziehungsprobleme, Schulden und Sucht. Für viele Menschen mit multiplen Problemlagen ist ein unbürokratischer, schneller und niedrigschwelliger Zugang zu Beratungsangeboten mitunter überlebenswichtig. Dies bestärkt unsere zentrale Forderung, die wir als Caritas im Rahmen der Armutswochen deutlich machen: „Wir brauchen dringend eine verlässliche Finanzierung der allgemeinen Sozialberatungen und der Schuldnerberatungen um die entsprechenden Beratungskapazitäten auszuweiten. Außerdem bedarf es einer guten Vernetzungsstruktur, um eine unbürokratische Weitervermittlung an spezialisierte Beratungsangebote zu gewährleisten. Dazu gehören in besonderem Maßen auch die der Schuldnerberatungen“, erklärt Diözesancaritasdirektor Jörg Klärner. Dabei sei es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und gemeinsame Kraftanstrengung vieler beteiligter Akteure, Armut zu mindern und eine soziale Spaltung zu vermeiden. Die politisch Verantwortlichen seien hier mit in der Pflicht, flächendeckend gute Sozialberatung zu ermöglichen und ausreichend Finanzmittel bereitzustellen, so Klärner.
Vor Beginn der Corona-Pandemie waren etwa 6,92 Millionen Erwachsene überschuldet. Die Situation hat sich seither deutlich verschärft. Zahlreiche Erwerbstätige sind von Kurzarbeit betroffen, bei vielen Selbständigen brachen Einnahmen weg. Vor allem Kurzarbeitende, Solo-Selbständige und Kleinunternehmer*innen, aber auch eine Reihe von Geringverdiener*innen und Rentner*innen sind in diesem Jahr in eine schwierige finanzielle Lage geraten. Die Arbeitslosigkeit hat pandemiebedingt zugenommen; sie ist schon immer der Hauptauslöser für Überschuldung. In Hessen betrug die Arbeitslosenquote im August 2020 6,0 Prozent. Nach Angaben von Frank Martin, dem Leiter der Regionaldirektion Hessen, ist das die höchste Arbeitslosenquote in einem August in Hessen seit zehn Jahren. Martin schätzte, dass etwa 50.000 Menschen aufgrund der Corona-Pandemie ohne Job sind, also etwa jeder vierte Arbeitslose. In Rheinland-Pfalz lag die Zahl der Arbeitslosen um 28.200 Personen oder 28 Prozent höher im Vergleich zum Vorjahr. Die Arbeitslosenquote lag in Rheinland-Pfalz bei 5,7 Prozent. „Ein möglicher Jobverlust und Kurzarbeit sind für immer mehr Menschen zu einer realen Bedrohung geworden. Um soziale Notlagen im Kontext von Verschuldung rechtzeitig abzuwenden, muss zielgerichtet und wirksam gegengesteuert werden“, sagt Klärner.
Beratungskapazitäten für Ver- und Überschuldete ausweiten
Für die Schuldnerberatungen gilt: Die meisten dieser Einrichtungen arbeiten seit Jahren an der Kapazitätsgrenze. Bereits heute können lediglich 20% der überschuldeten Haushalte beraten werden. Der durch die Corona-Pandemie ausgelöste zusätzliche Bedarf kann mit den bestehenden Ressourcen nicht aufgefangen werden. Der Deutsche Caritasverband hält daher den Ausbau der Schuldnerberatungsangebote zu einem - den Bedarf verlässlich deckenden - Netz für dringend geboten. Grundlage sollte ein allgemein anerkannter Bedarfsschlüssel sein. Nach Einschätzung des Deutschen Caritasverbandes sind mindestens zwei vollzeitbeschäftigte Schuldnerberatungsfachkräfte pro 50.000 Einwohner nötig, damit alle überschuldeten Bürger*innen zeitnah beraten werden können.
Das Interview von Jessica Magnus mit dem Betroffenen finden Sie unter den Pressemitteilungen..