Fritzi unterstützt die soziale Arbeit der Einrichtung. Er und "Frauchen" Jale Claus machen eine Ausbildung für tiergestützte Pädagogik/Therapie.
Das Übergangswohnheim Walle ist eine Flüchtlingseinrichtung. Die dort lebenden Frauen waren auf oder nach der Flucht nach Bremen Opfer von Gewalt. "Sie haben Schlimmes erlebt und oft fällt es ihnen schwer, Vertrauen zu fassen", sagt Sozialpädagogin Jale Claus. "Ganz zu Beginn waren viele auch Fritzi gegenüber verhalten. Das ist wenig verwunderlich: In einigen Herkunftsländern sind Tiere Nutztiere - mit ihnen spielt man nicht im Haus oder geht mit ihnen Gassi." Behutsam hat Jale Claus Frauen und Kinder mit Fritzi in Kontakt gebracht - mit nennenswertem Erfolg.
Aktuell übt Jale Claus mit Fritzi einen konkreten Einsatz: "Manchen Frauen fällt es schwer, über ihre Gefühle zu sprechen. Dafür haben wir Bilder, auf denen Menschen mit Emotionen abgebildet sind, z. B. fröhlich, traurig oder nervös. Bisher haben die Frauen dann ein Bild ausgewählt, das Gespräch über das Gefühl kam aber schwer in Gang. Jetzt trainieren wir, dass Fritzi das Bild auf Wunsch der Frauen bringt. Die Stimmung ist gleich lockerer und wir kommen leichter in einen Austausch über das Motiv und die Emotion."
Auch in herausfordernden Situationen ist Fritzi eine Hilfe. "Während eines Gesprächs mit einer traumatisierten Frau hat diese dissoziiert", erinnert sich Jale Claus. "Das heißt, sie saß zwar auf dem Sofa, hat mich und den Raum aber nicht mehr bewusst wahrnehmen können. Fritzis Fell hat sie aber gestreichelt. Dass Fritzi für sie der Anker zum "hier und jetzt" war, hat auch mich in der Situation beruhigt."
"Fritzis Einsätze sind unterschiedlich", so die Sozialpädagogin. "Hier leben einige Frauen mit einer Depression. Sie sind mitunter schwer zu motivieren, etwas zu unternehmen. Ein Spaziergang mit Fritzi an der Leine ist offenbar ein Lockmittel. Und wir merken, dass den Frauen die Aktivität guttut. Und auch die Kinder freuen sich natürlich. Ein Junge studiert mit Fritzi Tricks ein. Für ihn ist es aufgrund seiner Biografie sehr wichtig, ein positives Beziehungserlebnis zu haben."
Jale Claus hatte immer schon einen guten Draht zu Hunden. Im Studium "Soziale Arbeit" an der katholischen Hochschule Münster belegte sie Kurse zum Thema Tiertherapie. Ihr damaliger Hund wäre allerdings für die Ausbildung zu alt gewesen. Nach seinem Tod hat sie über eine Tierschutzorganisation Fritzi kennengelernt, sich sofort verliebt und ihn adoptiert. "Da er so zugewandt und freundlich ist, dachte ich: Die Therapieausbildung passt zu uns." Mensch-Tier-Kommunikation, Verständnis über helfende und heilende Wirkung, über physische, soziale und psychische Effekte von Tieren auf Menschen und Methoden zur Umsetzung. All das lernen die beiden in einer sehr praxisnahen Ausbildung an der Steinfurter Akademie für Tiergestützte Therapie.
Fritzi ist Teilzeitkraft: Zweimal wöchentlich ist er im Übergangswohnheim Walle im Einsatz - an den anderen Tagen darf er bei Herrchen im Büro faulenzen. "Wenn wir hier einen Krisenfall haben, kann Fritzi nicht bleiben. Dann ist es für uns und auch für ihn besser, wenn mein Freund ihn abholt."
Die Sozialbehörde hat ihr Einverständnis für Fritzis Einsatz im Übergangswohnheim Walle gegeben. Voraussetzung für die insgesamt anderthalbjährige Ausbildung "Tiergestützte Therapie" war ein Wesenstest für den Hund. "In der Ausbildung sind wir übrigens das einzige Therapiehund-Team in der sozialen Arbeit", sagt Jale Claus. "Die anderen sind im Bereich Ergotherapie oder Logopädie tätig. Ich fände gut, wenn mehr Menschen erfahren, wie sinnvoll der Einsatz von Tieren in unserem Arbeitsbereich ist."